Düsseldorfer Urteil
Vulgäre Kritik an der Chefin ist kein Kündigungsgrund
23.11.2025 – 18:12 UhrLesedauer: 2 Min.
Mitarbeiter in einem Büro (Symbolfoto): Am Arbeitsplatz kommt es auch mal zu Streits. (Quelle: IMAGO/Josep Suria/imago)
Nach einem Eklat mit seiner Vorgesetzten wird ein Mann gefeuert. Doch das Gericht sieht in seiner Äußerung etwas anderes.
Auch eine in derber Sprache geäußerte Kritik an den Arbeitsbedingungen kann im Berufsleben zulässig sein und muss nicht zwingend zur Kündigung führen. Das hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in dieser Woche entschieden (Urteil vom 18.11.2025, Az. 3 SLa 699/24).
Der Fall: Ein seit 2020 in Dauernachtschicht im Verteilzentrum einer Handelsgruppe beschäftigter Arbeitnehmer war im August 2024 mit seiner Vorgesetzten in Konflikt geraten. Nach Darstellung des Arbeitgebers hatte der Mann eine Anweisung ignoriert, andere Kollegen zu unterstützen. Stattdessen habe er der Vorgesetzten mitgeteilt, sie habe ihm nichts zu sagen und sei außerdem noch ein Kind.
Als die Vorgesetzte ihn daraufhin anwies, die Werkshalle zu verlassen, eskalierte die Situation. Der Mann soll auf Türkisch gesagt haben: „Du hast die Mutter der Schicht gefickt.“ Der Arbeitgeber kündigte daraufhin ordentlich.
Der Gekündigte bestritt diese Formulierung und behauptete, er habe auf Türkisch gesagt „Du hast die Schichtmutter weinen lassen“ – ein Ausdruck, der bedeute, in der Schicht werde viel Druck ausgeübt. Dieser türkische Ausdruck könne leicht missverstanden werden. Aufgrund der Lautstärke in der Halle sei er falsch verstanden worden.
Das Arbeitsgericht hatte die Kündigungsschutzklage zunächst abgewiesen. In der Berufung vernahm das LAG die Vorgesetzte sowie zwei Mitarbeiter, die bei dem Vorfall anwesend waren. Die Beweisaufnahme ergab, dass der Kläger durchaus die vulgäre Variante gesagt und gemeint hatte.
Entscheidend war jedoch: Aus den Zeugenaussagen ließ sich nach Auffassung des LAG entnehmen, dass die Äußerung nicht als schwerwiegende, persönlich herabwürdigende Beleidigung gegenüber der Vorgesetzten gemeint war und auch nicht so zu verstehen gewesen sei. Vielmehr handele es sich um „eine in vulgärer Sprache geäußerte Kritik, die sich auf die Art und Weise der Schichtführung als solche“ bezogen habe.
Angesichts des Streits und unter Abwägung der wechselseitigen Interessen hielt das LAG die ordentliche Kündigung für unverhältnismäßig. Die Revision wurde nicht zugelassen.
