Berlin – Am Donnerstag stellten Justizministerin Stefanie Hubig (56, SPD) und Bauministerin Verena Hubertz (37, SPD) ihr Konzept vor, das Deutschlands Baukrise lösen soll. Ihr Plan: Weniger Vorschriften, weniger „Goldstandard“ – und damit endlich wieder bezahlbares Bauen. Das Zauberwort heißt: „Gebäudetyp E“.

Das „E“ steht für einfach. Künftig sollen Bauherren einfacher und günstiger bauen können – indem bewusst auf Standards verzichtet wird, die teuer, aber nicht länger vorgeschrieben sind.

Weniger ist mehr

Heute gilt: Wer ein Haus baut, muss sich an die „anerkannten Regeln der Technik“ halten – dazu zählen auch viele DIN-Normen. Von diesen Regeln abzuweichen ist zwar möglich, beinhaltet aber das Risiko, verklagt zu werden – deshalb bauen die meisten lieber nach allen Normen, auch wenn sie gar nicht nötig wären.

Ein neuer „Gebäudetyp-E-Vertrag“ soll im Gesetz verankert werden. Damit kann rechtssicher einfacher gebaut werden – ohne dass Abweichungen von DIN-Normen gleich als Mangel gelten.

Justizministerin Hubig dazu: „Nicht jeder braucht die fünfte Steckdose im Wohnzimmer. Auch auf den Handtuchheizkörper im Bad legt nicht jeder Wert, wenn es ohnehin eine Fußbodenheizung gibt“, erklärte Justizministerin Hubig.

Bauministerin Hubertz ergänzte: „Fensterlüftung statt komplizierter Anlagen, weniger massive Wände, serielle Bauweise mit schlanken Konstruktionen. Auf Standards, die nicht unbedingt notwendig sind, kann verzichtet werden, um allen Beteiligten das Planen und Bauen zu erleichtern. Das gibt mehr Freiheit und sinkende Kosten für alle.“

Mehr zum Thema

Im Papier, das Hubig und Hubertz vorgestellt haben, stehen weitere Beispiele aus den Ländern, die heute schon einfacher bauen: In Bayern dürfen Wände dünner sein, der Schallschutz zum Dachboden schwächer, es wird einfach durchs Fenster gelüftet statt mit Lüftungsanlage. In Hamburg braucht es keine Dämmung der Kellerräume. In Schleswig-Holstein darf der Balkon als Stahlrahmen vorm Haus hängen.

Die Ministerinnen betonten: In den nächsten Monaten soll mit Baupraxis, Wirtschaft und Ländern weiter beraten werden. Bis Ende 2026 soll der Gesetzentwurf stehen.

Bauindustrie: „Die Weichen sind richtiggestellt“

Aus der Bauwirtschaft kommt Lob. Mit den Eckpunkten hätten Hubertz und Hubig „den Grundstein dafür gelegt“, dass Bauen wieder bezahlbar und einfacher wird, sagt Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie. Gut sei, dass die Ministerinnen „den Kern des Problems erfassen“ und ein System schaffen wollen, bei dem das gesetzlich geforderte Schutzniveau reicht.

Einen Wermutstropfen sieht Müller darin, „dass diese wichtige Änderung nur im Rahmen eines bestimmten Vertragsmodells möglich sein soll“. Trotzdem: „Die Weichen sind richtiggestellt. Das Fine-Tuning wird folgen.“