Straße und Schiene – viele Jahre waren diese beiden Vorhaben eng miteinander verknüpft. Weil sich die finanzielle Situation der Stadt nun aber rasant verschlechtert hat, würde die Stadtverwaltung gerne zunächst die U5-Verlängerung bis nach Echterdingen angehen und den Bau einer durchgängigen neuen Straße in nord-südlichem Verlauf zwischen Leinfelden und Echterdingen erst mal zurückstellen. Dieses Projekt sollte weitgehend „ruhend gestellt“ werden, hieß es in einem Papier der Stadt. Eine Mehrheit des Technischen Ausschusses wollte das so dem Gemeinderat kommende Woche nicht empfehlen. Diese Formulierung stieß den Stadträten teils bitter auf.

Die CDU ärgert sich darüber, dass der Straßenbau auf die lange Bank geschoben werden soll. „Der Verkehr ist eine Oberkatastrophe. Irgendwann kollabiert die Stadt“, warnte der Stadtrat Hartmut Raff. Die neue Straße soll insbesondere die Ortskerne von Leinfelden und Echterdingen vom Autoverkehr entlasten. Außerdem böte sie aus Sicht der CDU einen wichtigen Ansatz für ein Lastwagen-Durchfahrtsverbot in den Ortskernen. Dass die U-Bahnverlängerung den Autoverkehr spürbar reduziert, glauben die Christdemokraten nicht. Die U5-Verlängerung wird zwar auch von der CDU unterstützt. Wenn man sich jedoch zwischen der Straße und der Bahn entscheiden müsse, entscheide sich die CDU für die Straße, so Raff.

Einige Vertreter örtlicher Unternehmen verfolgten die Debatte um ein weiteres Verschieben der Nord-Süd-Straße zähneknirschend von den Zuschauerrängen aus. Auf Antrag der CDU sollen auch sie sich bei der kommenden Gemeinderatssitzung zu den Plänen äußern. Viele Unternehmen im Osten von Leinfelden hadern mit der Verkehrssituation. Sowohl Mitarbeiter als auch Lastwagen müssen sich seit vielen Jahren über die Max-Lang- und die Maybachstraße Richtung Autobahn quälen.

Die Gegenüberstellung der beiden wichtigen Vorhaben in der Sitzungsvorlage fand der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler/FDP, Eberhard Wächter, unglücklich. „Uns liegen beide Projekte am Herzen“, betonte er. Die Formulierung „ruhend gestellt“ im Zusammenhang mit der Nord-Süd-Straße stieß den Freien Wählern/FDP bitter auf. „Wir schieben die Nord-Süd-Straße seit 40 Jahren vor uns her“, verdeutlichte Wächter. Erfolgreich beantragte er den Beschlussvorschlag zu ändern, dass die Nord-Süd-Straße nicht „ruhend gestellt“ wird, sondern verbindlich und ohne erneute Beantragung in drei Jahren auf die Tagesordnung kommt.

Anstatt der U-Bahn-Weiterbau: Ein Pendelbus in Leinfelden-Echterdingen

Die Idee eines Pendelbusses statt einer U-Bahn brachte der Fraktionsvorsitzende Jürgen Kemmner (LE Bürger/DiB ) erneut ins Spiel. Für die meisten war diese Variante wohl schon abgehakt. Doch die LE Bürger/DiB fürchten, dass die nun angestoßene U-Bahnverlängerung auf wackeligen Beinen steht. Denn auch bei der SSB ist das Geld knapp. Was, wenn die SSB das Projekt in ein bis zwei Jahren stoppe, fragte Kemmner. Mit dem Pendelbus behielte die Stadt das Heft des Handelns in der Hand. „Da sind wir Herr des Verfahrens“, meinte er. Und das eingesparte Geld könne in die Nord-Süd-Straße fließen. Darüber hinaus müssten die 98 Bäume entlang der Bahnstrecke nicht gefällt werden. Allerdings fand Kemmners Vorschlag keinen Widerhall im Gremium.

Der Bürgermeister Benjamin Dihm verteidigte den Verwaltungsvorschlag. „Was können wir uns leisten und was nicht:“ Diese Frage gelte es zu beantworten. Die Nord-Süd-Straße sei mit dem Beschlussvorschlag nicht vom Tisch. Es solle in den kommenden Jahren immer wieder nachgesehen werden, was finanziell machbar sei.

Unterstützung erhielt die Verwaltung von der SPD. Die durchgehende Nord-Süd-Straße sei in den kommenden Jahren nicht zu finanzieren, ist sich der Stadtrat Joël Jetter sicher. Hinzu komme der ökologische Eingriff, den der Straßenbau bedeuten würde. Ferner zögen mehr Straßen nur noch weiteren Verkehr an, befürchtet er. „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“, sagte Jetter. Die Grünen stimmten der Verwaltungsvorlage zu. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende David Armbruster äußerte seine Hoffnung, dass in der Zukunft wieder finanziell bessere Zeiten kommen würden.

Die Kosten im Detail

Die U5
Eine Verlängerung der U5 um 1,6 Kilometern bis in die Mitte von Echterdingen würde laut SSB rund 3000 Fahrgäste täglich befördern. Die Kosten der Verlängerung werden derzeit auf rund 57 Millionen Euro geschätzt. Die Stadt erwartet hohe Förderzuschüsse. In Betrieb könnte die Bahn in den 2030er-Jahren gehen.

Nord-Süd-Straße
Jener Teil der Straße nördlich der Leinfelder Straße ist auch als „Osttangente“ bekannt. Mit der U5-Verlängerung muss die Max-Lang-Straße verlegt werden. Die ursprüngliche Planung hätte rund 22 Millionen Euro gekostet. Vor allem eine neue S-Bahnunterführung wäre teuer. Die aktuellen Pläne sehen vor, dass sich U-Bahn und Autos die bestehende Unterführung teilen und die Autos mit einem neuen Kreisverkehr an die Leinfelder Straße angebunden werden. Diese Lösung wird „Ostanbindung“ genannt und soll vier Millionen Euro kosten.

Nordspange
Während über die Zukunft der Nord-Süd-Straße hitzig debattiert wurde, wurde über die sogenannte Nordspange in Unteraichen kaum gesprochen. Auch sie soll nun in drei Jahren wieder auf die Tagesordnung kommen, sofern der Gemeinderat der Beschlussempfehlung des Technischen Ausschusses folgt.