Berlin – Ein Drogendealer macht öffentlich Werbung. Auf einem Sticker, der mitten in Berlin an einer Laterne klebt, stehen seine Kontaktdaten. Dazu sein Angebot (u.a. Kokain) und ein QR-Code zum Scannen. Und die Polizei? Kann fast nichts dagegen tun.
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Der Aufkleber, mit dem für Kokain, aber auch für Ketamin und Marihuana geworben wird, pappt an einer Laterne der Kastanienallee im angesagten Bezirk Prenzlauer Berg. Hier sind täglich Tausende Berliner und Touristen unterwegs.
Wer die QR-Codes des Stickers scannt, landet auf einem WhatsApp-, Instagram- oder Telegram-Kanal, der zum Angebot des Dealers führen soll. Ab dort ist die Weiterverfolgung schwer. „Die Zeiten, in denen sich die Konsumenten in dunklen Ecken herumtreiben mussten, um an ihren Stoff zu kommen, sind vorbei“, so ein Ermittler zu BILD. „Die elektronischen Wege machen es Kriminellen immer leichter, an uns vorbeizuoperieren.“
Enge Grenzen für die Polizei
Eine Polizeisprecherin bestätigte auf BILD-Anfrage, dass das öffentliche Werben über Sticker inzwischen ein stadtweites Phänomen ist. Jedoch sei es schwer, dagegen vorzugehen. Denn für Scheinkäufe durch verdeckte Ermittler gibt es enge rechtliche Grenzen. Grundsätzlich soll die Polizei Verdächtige nicht zu kriminellen Taten anstacheln. Gerichte entschieden: Polizisten dürfen keinen Druck aufbauen und den Dealer zur Tat drängen.
Trotzdem konnte die Berliner Polizei im Dezember 2024 einen Drogen-Lieferanten (39) festnehmen und zehn Kilogramm Kokain und 50.000 Euro Bargeld beschlagnahmen. In einer „Telegram“-Gruppe war Koks in großen Mengen angeboten worden, die Ermittler gingen zum Schein auf das Angebot ein – Zugriff!
Dealer legen Visitenkarten in Restaurants aus
Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP): „Drogenhandel passiert heute in All-inclusive-Mentalität, bei der Dealer den Kunden alle gewünschten Substanzen frei Haus liefern und man nicht mehr an bekannte Drogenumschlagsplätze gehen muss, um sich Stoff zu besorgen.“
Und weiter: „Wir sehen seit Langem, dass hier Visitenkarten mit kompletter ‚Speisekarte‘ in Bars und Restaurants ausgelegt werden und man via Messenger bestellen kann.“
Die Beamten würden Tätigkeitsberichte und Strafanzeigen schreiben, könnten aber sonst kaum etwas unternehmen, um die Dealer zu überführen. „Die Täter ziehen sich zunehmend in den virtuellen Raum zurück, minimieren ihr Entdeckungsrisiko, und die rechtlichen Möglichkeiten der Polizei, reagieren zu können, orientieren sich an der Steinzeit.“