Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen hält trotz ihrer Verurteilung zu vier Jahren Haft und einem Kandidaturverbot an ihrer geplanten Präsidentschaftskandidatur fest. „Um es klar zu sagen: Ich bin ausgeschlossen, aber in Wirklichkeit sind es Millionen von Franzosen, deren Stimmen ausgeschlossen wurden“, sagte Le Pen am Montagabend dem Sender TF 1. 

Sollte es ihr gelingen, das Urteil noch rechtzeitig zu kippen, werde sie für das Präsidentenamt kandidieren. Sie habe aber kein Vertrauen darin, dass sie noch vor der Wahl dazu angehört werde. „Ich werde kämpfen, ich lasse ich mich nicht einfach so ausschalten“, sagte Le Pen. Sie kündigte an, für einen schnellen Berufungsprozess zu kämpfen und alles dafür zu tun, „eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl ins Auge zu fassen“.

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Le Pen darf wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder in ihrer Zeit als EU-Abgeordnete ab sofort für fünf Jahre nicht bei Wahlen antreten. Damit kann sie bei der nächsten Präsidentschaftswahl nicht kandidieren. Diese Strafe trete umgehend in Kraft, urteilte die Richterin am Montag in Paris.

Ich werde kämpfen, ich lasse mich nicht einfach so ausschalten.

Marine Le Pen

Le Pen wurde auch zu zwei Jahren Haft mit Fußfessel verurteilt. Zwei weitere Jahre Haft setzte das Strafgericht in Paris zur Bewährung aus. Außerdem wurde eine Geldstrafe von 100.000 Euro verhängt.

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„Es ist mein politischer Tod, der gefordert wird mit vorläufiger Vollstreckung, und das ist, glaube ich, von Anfang an das Ziel dieser Operation“, hatte Le Pen auf die Forderung der Anklage reagiert, sie sofort von der Wahl für politische Ämter auszuschließen. Die französische Rechtspopulistin wird nach Angaben ihres Anwalts Berufung gegen ihre Verurteilung einlegen.

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Der Vorsitzende des rechtsnationalen Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, bezeichnete den Schuldspruch seiner Parteikollegin als Todesstoß für Frankreichs Demokratie. „Es ist nicht nur Marine Le Pen, die heute ungerechterweise verurteilt wurde: Das ist die Hinrichtung der französischen Demokratie“, schrieb er auf der Plattform X. 

Bis zum Ende der Wahlperiode kann Le Pen in jedem Fall weiter als Abgeordnete im Parlament sitzen, wo sie Fraktionsvorsitzende ist.

Zentraler Vorwurf in dem Prozess war, dass Le Pens Partei Rassemblement National mehr als drei Millionen Euro für parlamentarische Assistenten vom Europäischen Parlament bekommen hat, die aber teilweise oder ganz für die Partei gearbeitet hätten. Die Affäre hatte Le Pen und ihre Partei seit Jahren belastet.

Rassemblement National so stark wie nie

Das Debakel vor Gericht trifft die rechtsnationale Partei in Frankreich in einem für sie ungünstigen Moment. Seit einer Weile ist sie beständig auf dem Vormarsch und im Parlament inzwischen so stark vertreten wie noch nie.

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Die von ihrem kürzlich verstorbenen Vater Jean-Marie gegründete rechtsextremistische Front National benannte Marine Le Pen 2018 in Rassemblement National um und verzichtete auf allzu radikale Positionen, um die Partei auch für breitere Schichten der Bevölkerung wählbar zu machen.

Le Pen hat die Vorwürfe gegen sie stets zurückgewiesen. „Ich habe nicht das Gefühl, die geringste Regelwidrigkeit, die geringste Rechtswidrigkeit begangen zu haben“, sagte sie im Prozess.

Mit ihr wurden acht weitere Abgeordnete ihrer Partei im Europaparlament schuldig gesprochen, sowie 12 parlamentarische Assistenten. Im Raum stand die mögliche Scheinbeschäftigung von Assistenten durch mehrere französische Europaabgeordnete.

Das Gericht verurteilte auch alle übrigen Angeklagten zum Entzug des passiven Wahlrechts. Vize-Parteichef Louis Aliot muss demnach sein Amt als Bürgermeister von Perpignan aufgeben. Le Pen verließ den Gerichtssaal noch vor der Verkündung des vollständigen Urteils.

Nach Überzeugung der Richter machte sich die heutige RN-Fraktionschefin schuldig, indem sie in ihrer Zeit als EU-Abgeordnete vier EU-Parlamentsassistenten widerrechtlich für Aufgaben einsetzte, die nicht ihrer Funktion entsprachen, unter anderem als Personenschützer und persönliche Assistenten.

Orban sagt Le Pen Unterstützung zu – Kritik kommt auch aus Frankreichs Opposition

Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán hat der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen nach ihrer Verurteilung seine Unterstützung ausgesprochen. „Je suis Marine!“ (auf Deutsch: „Ich bin Marine!“), erklärte Orban kurz nach der Urteilsverkündung am Montag auf Französisch im Onlinedienst X. Der Rechtsnationalist gilt als enger Verbündeter Le Pens und hatte sie in der Vergangenheit aufgerufen weiterzukämpfen, wie andere verurteilte „Patrioten“.

Auch Italiens Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini stellte sich an Le Pens Seite. Der Vorsitzende der Rechtspartei Lega sprach von einer „Kriegserklärung“, mit der man die frühere Präsidentschaftskandidatin aus dem politischen Leben ausschließen wolle. Solch ein Vorgehen sei auch aus anderen Ländern wie Rumänien bekannt. Salvini fügte hinzu: „Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir bleiben nicht stehen: Volle Kraft voraus, meine Freundin!“.

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Der Kreml hat das Urteil derweil als Verstoß gegen demokratische Regeln kritisiert. „Unsere Beobachtungen in den europäischen Hauptstädten zeigen, dass man keineswegs zurückhaltend ist, im politischen Prozess die Grenzen der Demokratie zu überschreiten“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Peskow nannte ihren Fall wie den des ausgeschlossenen Präsidentschaftskandidaten Calin Georgescu in Rumänien einen „Verstoß gegen demokratische Normen.“ Das meldete die Nachrichtenagentur Interfax. 

Doch auch in der französischen Opposition gibt es Kritik an dem Urteil. Der Vorsitzende der linkspopulistischen Partei La France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, fordert statt der Gerichtsentscheidung ein Absetzungsreferendum. „Die Entscheidung über die Absetzung eines gewählten Amtsträgers sollte beim Volk liegen“, so Mélenchon laut einem Bericht der Zeitung Le Monde. Er wollte Le Pen an der Wahlurne besiegen und diese nicht von der Wahl ausgeschlossen sehen. (Trf, fki, dpa, AFP)

Lesermeinungen zum Artikel

„Dass sie der Veruntreuung (und das nicht gerade in geringem Umfang) schuldig gesprochen wurde, scheint sie weder zu überraschen noch zu stören. Sehr aufschlussreich für eine Politikerin, die immer auf ,Law and order’ herumreitet.“ Diskutieren Sie mit Community-Mitglied Prenzlbaer

„Das wird die Le Pen-Wähler vermutlich nur noch überzeugter machen. Die gehen mit Sicherheit zur nächsten Wahl, um ihre Wut auszudrücken. […] Wohin driftet dieses Europa unter dem enormen Druck von Außen? Es scheint nicht widerstehen zu wollen, sondern zerlegt sich selber, in dem es die isolationistischen Nationalisten an die Macht wählt.“ Diskutieren Sie mit Community-Mitglied Chim66