Zuffenhausen ist mit rund 38 000 Einwohnern nach Bad Cannstatt und Vaihingen der drittgrößte Außenbezirk der Landeshauptstadt, der sich von einem einstmals traditionellen Dorf zu einem Industriestandort entwickelt hat. Maßgeblich dazu beigetragen hat neben dem Bau der Bahnstation im Jahr 1846 vor allem die Ansiedlung von Porsche. Die Fahrzeugschmiede ist hier seit 1938 – sieben Jahre nach der Eingemeindung durch Stuttgart – ansässig und prägt seitdem den Stadtbezirk.

Porsche hat gewaltig investiert

Allein in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Firma Porsche gewaltige Investitionen am Stammsitz getätigt. Unter anderem in das Porsche-Museum und das neue Lackierwerk auf dem ehemaligen Gelände der Dürr AG sowie in ein neues Motorenwerk auf dem einstigen Alcatel-Gelände und in ein Ausbildungszentrum am Stammsitz.

Saliou Gueye ist seit fünf Jahren Bezirksvorsteher in Zuffenhausen. Foto: Uli Nagel

Dass Zuffenhausen von seinem Global Player profitiert, steht außer Frage. Allerdings liegt die Vermutung nahe, dass sich die Porsche-Investitionen in den vergangenen Jahren auch auf den Wohnungsmarkt ausgewirkt haben. Anders lässt sich die Entwicklung der Mietpreise in Zuffenhausen, die die Investmentberatung Jones Lang Lasalle neben den weiteren Stuttgarter Bezirken erhoben hat, nicht erklären. Erfasst wurde dabei die mittlere Nettokaltmiete pro Quadratmeter in Bestandswohnungen, die auf gängigen Immobilienportalen innerhalb eines Jahres angeboten wurde.

Denn in keinem der anderen Stuttgarter Stadtbezirke ist der Mietpreis in den vergangenen Jahren so extrem nach oben geschnellt, wie in Zuffenhausen. In Zahlen ausgedrückt im Zeitraum von 2012 bis Anfang 2025 um 84,93 Prozent. Nur Stammheim (75,85 Prozent), Hedelfingen (74,94) und Münster (72,46) haben eine ähnliche große Steigerung erfahren.

Bezahlbarer Wohnraum am Stadtrand

„Je zentraler eine Lage, desto höher ist auch das Mietniveau“, sagt Anjulie Timur, Professorin für Immobilienwirtschaft an der Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), als wir sie mit dieser Entwicklung konfrontierten. Haushalte mit mittleren Einkommen oder Familien mit Kindern, denn die Stuttgarter Innenstadt zu teuer sei, würden deshalb zunehmend an den Stadtrand ausweichen. „Dort finden sie einerseits bezahlbareren Wohnraum, andererseits oft auch Wohnqualitäten, die in der Innenstadt schwer zu finden sind“, so Anjulie Timur.

Als Beispiel nennt sie Grünflächen, Kitas und Schulen sowie ein attraktives Freizeitangebot. Was ebenfalls ins Gewicht fällt: „Stadtteile, die durch Stadtbahn oder S-Bahn gut ans Zentrum angebunden sind, profitieren stark.“ Und das trifft für Zuffenhausen definitiv zu. Fünf S-Bahnlinien und zwei Stadtbahnlinien (U 15/U 7), selbst das „Schusterzügle“ (RB 11) machen Halt.

Wie stark die Mieten in den einzelnen Bezirken angezogen haben, zeigt diese Karte

Zudem wurde Zuffenhausen in den vergangenen Jahren städtebaulich aufgewertet, beispielsweise mit der Verlegung der Stadtbahntrasse nach „unten“ (Unterländer Straße), es fanden Sanierungen und Wohnungsbau im größeren Stil statt. Allen voran im Stadtteil Rot, wo unter anderem allein durch die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebau GmbH (SWSG) nach 2013 mehr als 300 neue Wohnungen entstanden sind. Auch an der Straße Roter Stich in Nachbarschaft zum Burgholzhof hat die SWSG kräftig investiert und bis 2017 für 62 Millionen Euro rund 200 Wohnungen errichten lassen.

Stuttgarter Wohnungsbau im Rahmen der IBA’27

Fertig wurde im Juli 2025 die neue Keltersiedlung (SWSG-Projekt) mit 180 Wohnungen. Ein grünes Quartier mit großzügigen Außenanlagen und einer gelungenen Mischung aus unterschiedlichen Wohnformen. Nur wenige Tage zuvor hatte die städtische Tochter für ein noch größeres Projekt Grundsteinlegung gefeiert. An der Böckinger Straße entsteht bis 2027 ein neues Quartier, das neben rund 400 Wohnungen auch eine „Soziale Mitte“ umfasst.

Dieses Projekt ist sogar Teil der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27). Ein weiteres IBA-Projekt wird aktuell auch im „Quartier am Rotweg“ realisiert, ein Gemeinschaftsprojekt von Neues Heim – Die Baugenossenschaft eG und der Baugenossenschaft Zuffenhausen eG. Hier war ebenfalls im Mai die Grundsteinlegung für mehr als 220 Mietwohnungen.

Die Kombination aus Verdrängung aus dem teuren Innenstadtbereich und die städtebauliche Aufwertung durch Neubau und Sanierungen erklärt nach Ansicht von Timur, warum gerade äußere Stadtbezirke wie etwa Zuffenhausen in den vergangenen Jahren besonders stark bei den Mietpreisen aufgeholt haben.

Zu viel Verkehr in Zuffenhausen

Doch was hat sich noch in Zuffenhausen zum Positiven verändert? Ist die Aufenthalts- und Lebensqualität in den vergangenen Jahren tatsächlich gestiegen? Wo drückt immer noch der Schuh und was beklagen die Bürgerinnen und Bürger? Um das zu erfahren, dafür lohnt es sich, einmal einen Blick auf den aktuellen Bürgerhaushalt und den Wunschzettel der Zuffenhausener zu werfen.

Schnell wird klar: der Stadtbezirk leidet vor allem an den Verkehrsmassen, die täglich über seine Straßen (Schwieberdinger Straße, Ludwigsburger Straße, Kelterplatz) rollen. Neben den vielfach geforderten Geschwindigkeitsbegrenzungen – darunter auch Tempo 30 für ganz Zuffenhausen – steht auch die Umgestaltung der Friedrichswahl auf dem Wunschzettel.

Das größte Problem stellt für Zuffenhausen die Auffahrt an der Friedrichswahl dar. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

„Verkehr ist ein Problem in Zuffenhausen“, bestätigt Saliou Gueye, seit fünf Jahren Bezirksvorsteher von Zuffenhausen. Allerdings weiß er sehr wohl, das die „größte Baustelle“, der Umbau der Friedrichswahl, der Gemeinderat vorerst einmal von der Prioritätenliste genommen hat. Der Grund: Aktuell sind die Kosten, die Auffahrtsspindel zur B 10/B 27 durch zwei Tunnel zu ersetzen, mit etwa 400 Millionen Euro zu teuer.

So ganz überraschend kommt für den 57-Jährigen die starken Mietpreissteigerung in seinem Bezirk jedoch nicht. „In vielen Bereichen wird Zuffenhausen doch unterschätzt“, sagt Gueye, der in den vergangenen fünf Jahren seinen Bezirk, der in der Landeshauptstadt einen „gewissen Ruf“ hat, als urban, liebenswert, vielfältig und lebendig kennengelernt hat.

„Große Arbeitgeber wie Siemens, Mahle, Bosch und Porsche sind natürlich wichtig, aber Zuffenhausen hat sehr viel mehr zu bieten – vor allem auch für junge Familien“. Etwa das Naherholungsgebiet Stadtpark, die Sport- und Freizeitanlage Schlotwiesen mit Sportplätzen, Jugendfarm und Freibad. „Zwar spüren wir ebenfalls den Trading-Down-Effekt im Einzelhandel, aber etwa in der Unterländer Straße gibt es für den täglichen Bedarf alles und wir haben keinen Leerstand“.

Zudem hat Zuffenhausen noch ein Polizeirevier vor Ort, ein neues AOK-Kundencenter, ein Ärztehaus, ein Jugendhaus und mit der denkmalgeschützten Zehntscheuer ein wunderschönes Bürgerhaus. Alles zentral gelegen am Kelterplatz und für Gueye gute Argumente, um nach Zuffenhausen zu ziehen. Zudem soll spätestes 2026 mit dem Bau eines Stadtteilhauses, dem „ZuffenHaus“, in einem Gebäude in der Lothringer Straße begonnen werden. Ein wichtiges Projekt, das ebenfalls in den Startlöchern steht, ist die Umgestaltung des Bahnhofvorplatzes.

Großes bürgerschaftliches Engagement

Was der Bezirksvorsteher an seinem Stadtbezirk jedoch besonders schätzt, ist das seiner Meinung nach große Engagement der Menschen, darunter auch die mit Migrationshintergrund (immerhin zwei Drittel). Allein vier Bürgervereine sprechen Bände. Rege Teilnahme an Let’s-Putz-Aktionen, im Arbeitskreis Sicherheit oder an Diskussionsrunden zeigen ebenfalls, dass dem Zuffenhausener sein Bezirk nicht egal ist. „In der Summe ist das alles ein Paket, das dem Stadtbezirk ein besonderes Gesicht gibt und Flair verleiht“, so Saliou Gueye. In einem Bereich sogar etwas Einzigartiges: In wenigen Wochen werden Menschen im weltweit ersten Holz-Schwimmbad, das in Modulbauweise errichtet wurde, ihre Bahnen ziehen. Und das mitten in Zuffenhausen.

Eine Fotostrecke von Zuffenhausen einst und heute finden sich in der Bildergalerie.

Zahlen, Daten, Fakten

Geschichte
Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort in einer päpstlichen Urkunde aus dem Jahr 1204. Bis zum Beginn der Industrialisierung waren Landwirtschaft der Hauptpfeiler der Wirtschaft in Zuffenhausen. 1846 wurde die Bahnstation gebaut und damit kam der Motor der Industrie zum Laufen. Am 23. April 1907 erlangte Zuffenhausen Stadtrecht. Die Eingemeindung nach Stuttgart war am 1. April 1931.

Berühmtheiten
Weltweit bekannt ist natürlich die Firma Porsche. Zumindest deutschlandweit bekannt ist das von dem Architekten Hans Scharoun erbaute Doppelhochhaus „Romeo und Julia“ im Stadtteil Rot. Es gilt als richtungsweisend für die Nachkriegsarchitektur. Berühmte Menschen haben ebenfalls ihre Wurzeln in Zuffenhausen. Neben Schauspieler Joachim Fuchsberger und den Fußballern Horst Köppel, Robert Schlienz und Hansi Müller auch noch Jazzpianist Werner Lener und Max Horkheimer, erster Träger der Bürgermedaille der Stadt Stuttgart.

Zahlen
In Zuffenhausen und seinen elf Stadtteilen leben insgesamt fast 39 000 Menschen. Allein mehr als 10 000 in Rot. In der Siedlung Neuwirtshaus dagegen nur gut 850. Die Fläche von 1196 Hektar teilt sich wie folgt auf: 149 Hektar Wald, 298 Landwirtschaft, 99 Sport, Freizeit, 737 Siedlung und Verkehr, 131 Industrie und Gewerbe.

Sehenswürdigkeiten
Das einstige Dorf, von den Zuffenhäusern liebevoll auch „Alter Flecken“ genannte, ist heute noch sehr geschlossen erhalten. Hauptgebäude sind die alte Johanneskirche, das alte Pfarrhaus daneben und die Zehntscheuer, deren eingemauerter Stein die älteste noch sichtbare Jahreszahl 1569 trägt. Was sogar viele Stuttgarter nicht wissen: In Zuffenhausen befindet sich ein Waldhochseilgarten.

Mietpreise
Bei den Mietpreisen, auf die sich dieser Artikel bezieht, handelt es sich um Value Marktdaten, also Angebotsmieten, die Inserate auf gängigen Immobilienportalen umfassen und häufig als Grundlage für Marktanalysen und Bewertungen in der Immobilienbranche dienen. Typischerweise liegen diese Inserate über den Mieten älterer Verträge in gebrauchten Wohnungen. Die Daten wurden von der Investmentberatung Jones Lang Lasalle (JLL) zur Verfügung gestellt.