
In Angola treffen sich Vertreter von Europäischer und Afrikanischer Union. Ihr Ziel: die Zusammenarbeit beider Kontinente zu stärken – auch wirtschaftlich. Ein Projekt steht dabei im Fokus.
Von Christian Feld und Olga Chladkova, ARD Brüssel, zzt. Luanda
Direkt an der Küstenpromenade bietet Luanda, die Hauptstadt von Angola, eine schöne Gelegenheit für Erinnerungsfotos. Die Buchstaben überragen die Menschen, die sich davor aufstellen: EU und LUANDA – verbunden mit einem Herz. Hat die Europäische Union dem Gastgeber des EU-Afrika-Gipfels ein Geschenk aufgestellt? Nein, in der Landessprache Portugiesisch steht dort: „Ich liebe Luanda.“
Doch dass die Europäer – nicht nur bei diesem Treffen – in Afrika Partnerschaften suchen, ist nicht zu übersehen. Dabei geht es häufig um Rohstoffe, die die EU als strategisch wichtig einstuft: Metalle und Seltene Erden, die dringend für die Produktion von Mikrochips, E-Autos und andere Zukunftstechnologie gebraucht werden.
„Afrika zählt zu den rohstoffreichsten Regionen der Welt: Rund ein Drittel der bekannten globalen Reserven vieler kritischer Rohstoffe liegt auf dem afrikanischen Kontinent,“ sagt der Geo-Ökonom Arthur Leichthammer vom Forschungsinstitut Jacques Delors Center. Die EU will sich unabhängiger machen von China, das auch in Angola schon lange aktiv ist.
Rohstoffe sollen schneller transportiert werden
„Global Gateway“ heißt das Investitionsprogramm der EU, das weltweit den Aufbau moderner Infrastruktur unterstützen soll. Das Ziel: Projekte zu Erneuerbarer Energie, digitalen Netze oder Transportwege fördern. Als Beispiel, wie das in der Praxis funktioniere, nannte Kommissionspräsidentin von der Leyen erst neulich wieder das Eisenbahn-Projekt Lobito-Korridor.
Dieser verbindet bereits jetzt per Schiene die Hafenstadt Lobito in Angola mit Gebieten in der Demokratischen Republik Kongo, wo vor allem Kupfer und Kobalt abgebaut wird. Ein weiterer Ausbau nach Sambia ist geplant.
Die Vorteile aus Sicht der EU-Kommission: Der Transport der Rohstoffe per Schiene würde von 45 Tagen auf eine Woche verkürzt. Außerdem würde der CO2-Ausstoß signifikant reduziert, wenn 5.000 schwere Lkw von verstopften Straßen verschwinden würden. Es sind große Ambitionen, die das Projekt noch einlösen muss.
Wie wirtschaftlich ist das Vorhaben?
In der Praxis ist die Strahlkraft womöglich geringer. Zumindest aktuell. Eine Analyse des Thinktanks ECDPM (European Centre for Policy Development Management) berichtet von bisher noch wenig Zugverkehr zum Kupfertransport auf der Strecke.
Zum Zustand heißt es: „Da die Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen entlang der einzelnen Korridorabschnitte unterschiedlich ausfallen, bleiben einige Teile weiterhin in einem prekären Zustand.“ Nur wenige Schiffe würden den Hafen Lobito anlaufen, oft sei auch ein Umladen in einem größeren Hafen auf größere Schiffe nötig. Das alles wirft die Frage auf, wie wirtschaftlich das Vorhaben ist.
Und die EU hat noch weitere Ansprüche bei ihren Projekten. Sie möchte nachhaltige, transparente und faire Partnerschaften fördern. Auch das betonte Ursula von der Leyen im Oktober beim Global Gateway Forum in Brüssel. Der Lobito-Korridor befriedige nicht nur Europas Bedarf, es gehe auch um lokale Verarbeitung und Wertschöpfung: „Der Lobito-Korridor ist eine strategische Investition sowohl für Europa als auch für unsere afrikanischen Partner.“
Korruption ist nur ein Problem
Ist das Projekt von beidseitigem Nutzen? Profitieren nur Unternehmen oder auch die Menschen, die entlang des Lobito-Korridors leben? Der Journalist und Menschenrechtsaktivist Rafael Marques de Morais vertritt im Gespräch mit dem ARD-Studio Brüssel sehr deutliche Positionen.
Sein Vorwurf: Die Regierung von Angola sei sehr korrupt, das sei das Hauptproblem. Und sie habe das Ziel, das Land zu plündern – nicht zum ersten Mal in der Geschichte: „Welche Vorteile hatten wir bisher von all diesen Jahren mit westlicher Präsenz im Öl- und im Diamantensektor? Sehr wenig für die Mehrheit der Menschen in Angola.“ Marques de Morais fordert, Angola solle sich nicht in Machtkämpfe zwischen EU, Russland und China hineinziehen lassen.
Doch selbst wenn man das Beispiel-Projekt Lobito-Korridor optimistischer bewertet: Europas Abhängigkeiten verschwinden damit nicht. China habe sich über zwei Jahrzehnte als globales Zentrum der Weiterverarbeitung der Rohstoffe etabliert, sagt Arthur Leichthammer vom Delors Centre: „Solange diese Schritte fast ausschließlich in China stattfinden, bleibt Europa verwundbar.“