Die Geschichte klang im Prinzip schon zu schön, um tatsächlich wahr zu sein. Und weil sie so unwirklich schien, wurde sie auch dementsprechend präsentiert. 13 Jahre nach dem Abschied waren der VfL Bochum und Kevin Vogt wieder vereint und überboten sich in gegenseitigen Schwärmereien füreinander. Während Geschäftsführer Dirk Dufner den Verteidiger als „einen enormen Qualitätsgewinn“, einen „Toptransfer“ und „Führungsspieler, der vorangeht“ bezeichnete, war natürlich auch der damals 33-Jährige wenig zurückhaltend in seinen Liebesbekundungen an den Jugendklub und seine Heimat.
Beim VfL Bochum kennt Kevin Vogt Verein und Mitarbeiter
In der Nachbarstadt Witten ist Vogt zwar geboren, auf dem Weg zum Medizincheck in Bochum sei er diesen Sommer aber „durch mein altes Viertel gefahren, kenne dort jede Straße“, erzählte Vogt im Juli. „Hier beim VfL habe ich einige langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wiedergesehen, zudem meinen ehemaligen Mitspieler Andreas Luthe auf der Geschäftsstelle getroffen, es fühlt sich richtig gut an. Wir wollen alle den Erfolg – dazu will ich mit meinen Qualitäten und meiner Erfahrung meinen Teil beitragen.“
Im November dieses Jahres ist Kevin Vogt mittlerweile 34 Jahre alt. Nicht nur der Himmel über dem Ruhrgebiet hat in den zurückliegenden Wochen an Helligkeit verloren, sondern auch die Zuneigung Vogts zu seinem Ausbildungsverein. Die Wärme der Anfangsphase beim VfL, als der Innenverteidiger froh war, den 1. FC Union Berlin verlassen und in Bochum die Rückkehr zur alten Liebe erlebt zu haben, ist der vorwinterlichen Kälte, insbesondere aber der sportlichen Ernüchterung gewichen.
Den ersten Liebesentzug gab es von den Bochumer Fans schon nach den ersten Partien: Der verschossene Elfmeter am dritten Spieltag beim FC Schalke 04 (1:2) wurde ihm damals, aber auch zuletzt noch vorgehalten. Erst vor zwei Wochen schrieb ein VfL-Fan auf X: „Mit verschossenen Elfmetern kennt sich Kevin Vogt ja bestens aus.“ Kurios daran: Obwohl er momentan gar nicht spielt, ist er immer noch Zielscheibe einiger gefrusteter Bochumer.
Eigentlich unverständlich, weil Vogt am 27. September, also vor knapp zwei Monaten, zuletzt das Trikot der Bochumer getragen hat. Viel hat sich seitdem verändert. Sportdirektor Dufner und Trainer Dieter Hecking, die Kevin Vogt aus Köpenick zurück ins Ruhrgebiet geholt und sportlich auf ihn gesetzt hatten, wurden am 15. September nach anhaltender Erfolglosigkeit entlassen. Hecking hatte auf Vogt als Abwehrchef gesetzt, aber nach dem Abstieg nur eins von fünf Spielen in der Zweiten Bundesliga gewonnen.
Auch bei Interimstrainer David Siebers gehörte Vogt danach zweimal zur Startelf und konnte in seiner Rolle als Abwehrchef die zwei weiteren Niederlagen nicht verhindern. Erst mit der Verpflichtung von Uwe Rösler konnten die Bochumer ihren Abwärtstrend stoppen. Direkt das erste Spiel gegen Hertha BSC wurde gewonnen, im DFB-Pokal sogar Bundesligist FC Augsburg aus dem Wettbewerb geworfen. Die 1:2-Niederlage am zurückliegenden Wochenende gegen Dynamo Dresden war das erste verlorene Spiel unter Rösler, zuvor holte die Mannschaft zehn von zwölf möglichen Punkten.
Mit Kevin Vogt ist diese Trendwende nicht in Verbindung zu bringen. Der Verteidiger hat unter dem neuen Trainer noch keine Partie absolviert. „Kevin Vogt musste sich aufgrund anhaltender Knieprobleme in der letzten Woche einem kleinen chirurgischen Eingriff unterziehen. Die Operation verlief ohne Komplikationen, sodass der Heilungsverlauf des Verteidigers planmäßig voranschreitet“, hatte der VfL Bochum via Social Media am 13. Oktober mitgeteilt. Wie lange er ausfallen würde, ließ der Zweitligist damals offen. Rösler sprach am selben Tag zwar davon, dass es keine langfristige Angelegenheit sein sollte, doch ist diese Aussage mittlerweile auch schon sechs Wochen alt. Eine Rückkehr hat es für Kevin Vogt seitdem nicht gegeben, in der Abwehr haben sich seine Konkurrenten festgespielt und sportlich überzeugt.
Unweigerlich erinnert derzeit viel an seine letzten Monate beim 1. FC Union Berlin. Als Vogt in der Winterpause der Saison 2023/24 von der TSG 1899 Hoffenheim nach Köpenick geholt wurde, brauchte er keine Anlaufzeit, sondern wurde direkt zum Abwehrchef und Leistungsträger in einer anfälligen Hintermannschaft. Als Bo Svensson das Traineramt im Sommer 2024 übernahm, hatte Vogt seinen Stammplatz ebenso sicher, verpasste nur eins von 16 Pflichtspielen unter der sportlichen Leitung des Dänen.
Erinnerung an Zeiten unter Steffen Baumgart
Zweimal durfte er nach dem Trainerwechsel zu Steffen Baumgart zu Beginn dieses Kalenderjahres noch spielen, dann waren es Knieprobleme, die Vogt seinen Stammplatz an Leopold Querfeld verlieren ließen. So zumindest lautete die offizielle Variante. In zahlreichen Wochen sah man den Innenverteidiger die Trainingseinheiten scheinbar problemlos absolvieren, doch regelmäßig zum Spieltag verkündete Baumgart oftmals den verletzungsbedingten Ausfall des Routiniers, sprach dabei immer wieder von Rückschlägen.
Und gegenwärtig weist wenig darauf hin, dass das Kalenderjahr 2025 für Kevin Vogt in Bochum besser enden wird, als es in Berlin-Köpenick begonnen hat. Den Fans des VfL Bochum scheint das ganz recht zu sein. Vogt fällt aus. „Das ist unsere Chance, mal zu gewinnen“, schrieb ein User Anfang Oktober auf X. Manch einer wünscht sich dort einen Tausch mit einem anderen Ex-Bochumer: „Auch crazy, sechs Wechsel bei Augsburg und ein Schlotti (Keven Schlotterbeck, Anm. d. Red.) sitzt da trotzdem auf der Bank! Könnten wir den nicht gegen Kevin Vogt tauschen?“