Darf eine Berliner Senatorin in Brandenburg gebaute Teslas als „Nazi-Autos“ bezeichnen? Darüber gibt es nun Streit. Die Berliner Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe hatte auf der Plattform X einen Beitrag des RBB mit dem Titel „Hersteller von E-Autos erleben Absatzhoch – abgesehen von Tesla“ verlinkt und dazu kommentiert: „Wer will auch ein Nazi-Auto fahren?“. Der Post ist mittlerweile gelöscht.
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Brandenburgs CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann forderte daraufhin die Entlassung der Berliner Senatorin. „Anstatt sich zu entschuldigen, legt die SPD-Senatorin Kiziltepe nach ihrem Nazi-Ausfall sogar noch nach“, sagte Redmann unserer Redaktion. „Damit macht sie sich endgültig untragbar für die Hauptstadtregion.“ Wer als Arbeitssenatorin persönlich über 10.000 Arbeitsplätze in Gefahr bringe, habe den Job verfehlt. „Wer Tesla als Nazi-Konzern bezeichnet, verharmlost das Menschheitsverbrechen der Nazi-Diktatur“, sagte Redmann. „Und wer als Regierungsmitglied auf diese Art und Weise die Beziehungen zwischen Berlin und Brandenburg belastet, gehört gefeuert.“
Kritisch äußerte sich auch der Antisemitismusbeauftragte des Landes Brandenburg, Andreas Büttner. Er erinnerte gegenüber unserer Redaktion daran, dass sich Kiziltepe ausgerechnet am israelischen Holocaust-Gedenktag Yom HaShoah geäußert habe. „Ich glaube: Es steht uns allen gut zu Gesicht, in schwierigen Zeiten die Sprache mit Bedacht zu wählen“, sagte Büttner. „Die Verwendung des Begriffs „Nazi“ im Zusammenhang mit einem Industrieunternehmen wie Tesla, das in Brandenburg tausende Menschen beschäftigt – viele davon mit Migrationsgeschichte – ist nicht nur geschichtlich unangebracht, sondern auch verletzend für die Erinnerungskultur, die unser demokratisches Gemeinwesen trägt.“
Er sei sich sicher, dass Kiziltepe die Bedeutung des Gedenktags kenne. „Ich wünsche mir daher von ihr keine Verteidigung, sondern ein Zeichen der Einsicht – für die Opfer der NS-Zeit, für das Miteinander unserer Gesellschaft und für die Verantwortung, die mit einem öffentlichen Amt einhergeht.“
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Peter Langer, Generalsekretär der FDP Berlin, ging Kiziltepe scharf an: „Die Äußerungen der Arbeitssenatorin Kiziltepe werfen die Frage auf, wie verblendet man sein kann.“ Man müsse Elon Musk nicht mögen, um anzuerkennen, dass er für zehntausende Arbeitsplätze in der Metropolregion Berlin-Brandenburg verantwortlich sei. „Politische Differenzen dürfen nicht dazu führen, tausende Jobs zu gefährden.“
Empörung von Daniel Keller
Brandenburgs Wirtschafts- und Arbeitsminister Keller erklärte gegenüber unserer Redaktion, bereits mit Frau Kiziltepe telefoniert zu haben. „Jeder kann über Elon Musk seine persönliche Meinung haben“, sagte Keller. „Mir ist aber wichtig, dass wir die Menschen hinter der Tesla-Fabrik in Grünheide nicht vergessen“.
Die Arbeitssenatorin verteidigte auf X ihre Aussage. „Ich halte an meinen Einschätzungen zu Elon Musk ausdrücklich fest. Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass ich die Mitarbeitenden oder die Kunden Musks für dessen politische Positionen verantwortlich mache.“
Außerdem machte Kiziltepe Musk für den schwächelnden Absatz des Autoherstellers verantwortlich. „Tesla erlebt gerade eine Absatzflaute, weil dem Unternehmen von den Kunden die rechtsextremen Positionen seines Anteilseigners Elon Musk zugeschrieben werden, der rund 13 Prozent am Unternehmen hält.“
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Auch die Gewerkschaft IG Metall kritisierte Kiziltepe für ihre Aussage. „Kritik an Elon Musk und seinen rechtsextremen Einstellungen und Aktivitäten ist nicht nur legitim, sondern notwendig“, heißt es in einer Mitteilung. Den Begriff des „Nazi-Autos“ lehne man aber als verletzend gegenüber der Belegschaft ab. Diese sei sehr international, viele Beschäftigte hätten Migrationshintergrund. „Solche Ausdrücke helfen nicht weiter und lenken davon ab, worum es wirklich geht.“
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) äußerte sich der „B.Z.“ gegenüber ähnlich: „Vor dem Hintergrund, dass im Tesla-Werk in Grünheide neben vielen Berlinern auch Menschen aus rund 150 verschiedenen Nationen arbeiten, ist diese Aussage einer Arbeitssenatorin völlig fehl am Platz.“
Ich erwarte, dass die Arbeitssenatorin ihren historisch untragbaren Vergleich zurücknimmt und sich wieder sachlich den großen wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen zuwendet, die Berlin und Brandenburg gemeinsam angehen sollten.
Daniel Keller (SPD), Wirtschaftsminister Brandenburgs
Wirtschaftsminister Keller hatte den Tesla-Standort in Grünheide nach Kiziltepes Äußerungen als Erfolgsgeschichte bezeichnet. Dort arbeiteten 11.000 Menschen aus 150 Nationen, über die Hälfte davon lebe in Berlin. „Dabei sprechen wir von gut bezahlten, unbefristeten Arbeitsplätzen.“ Zudem kämen etwa 1400 Arbeitnehmer bei Tesla aus der Arbeitslosigkeit. In Rekordzeit sei Tesla in Grünheide zum größten Arbeitgeber und größten Ausbildungsbetrieb in Brandenburg geworden.
„Wir in Brandenburg kennen die Tesla-Fabrik in Grünheide zudem als einen Ort, der für Weltoffenheit und Modernität steht“, sagte Keller. Kiziltepes Nazi-Vergleich verletze die Menschen, die dort arbeiten und sei für eine Arbeitssenatorin „völlig unangebracht“: „Ich erwarte, dass die Arbeitssenatorin ihren historisch untragbaren Vergleich zurücknimmt und sich wieder sachlich den großen wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen zuwendet, die Berlin und Brandenburg gemeinsam angehen sollten.“
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Kritik an Kiziltepe äußerte auch der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), Alexander Schirp: „Eine solche Verunglimpfung ist eines Mitglieds des Berliner Senats unwürdig.“ Auch für die mehr als 11.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Tesla, von denen viele aus Berlin stammen, sei dies ein Affront. Die Chancen auf Investitionen des Herstellers in der Hauptstadt würden dadurch nicht größer. „Für den Wahlkampf lassen Äußerungen auf diesem Niveau nichts Gutes erahnen“, erklärte Schirp. (mit mat, dpa)