Kiel/Schwentinental. „Bei größeren Sachen müssen Kunden sechs Wochen Vorlauf einplanen“, sagt Roman Stache, der gemeinsam mit seinem Vater einen Kfz-Meisterbetrieb am Wilhelmplatz in Kiel führt. Bei zwei Mitarbeitern könne man in einer Werkstatt nicht mit kürzeren Zeiten rechnen. Ähnlich sehe es im Autohaus am Bungsberg in Schwentinental aus, erzählt Bianca Ulrich. „Beim 19. Januar sind wir im Terminkalender schon angekommen.“
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An längere Wartezeiten in der Reifenwechselsaison haben sich Kunden mittlerweile gewöhnt. Doch vielerorts häufen sich die Beschwerden über ganzjährig lange Vorlaufzeiten. Als Krise sieht etwa der Kfz-Branchenverband die aktuelle Situation jedoch noch nicht an.
Angespannte Terminlage: Fachkräftemangel und wachsender Fahrzeugbestand als Gründe
Die rund acht Wochen Vorlaufzeit hätten laut Ulrich mehrere Gründe. Zum einen sei der Standort in Schwentinental die einzige Filiale in der Nähe der Landeshauptstadt. Zum anderen seien vor Ort nur wenige Hebebühnen vorhanden, um enger getaktet zu arbeiten.
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Stache berichtet aus seinem Umfeld, dass immer mehr Kfz-Betriebe in Kiel und Umgebung schließen, da die Inhaber entweder keine Nachfolger oder schlicht keine Mitarbeiter fänden. Gegenläufig gebe es auf immer weniger Werkstätten im Land immer mehr Fahrzeuge. Familien hätten mittlerweile oft nicht mehr nur ein Auto, sondern zwei oder noch mehr. Dadurch kämen die Betriebe gegen die vielen Aufträge nicht mehr an.
Blick in die Region: Auftragsbücher sind unterschiedlich stark gefüllt
Anfragen bei freien Werkstätten und Vertragshändlern in der Region zeigen auch die Gegenseite: Wer in Rendsburg, Eckernförde oder Plön versucht, an einen Werkstatttermin zu kommen, könnte schon in der kommenden Woche Glück haben. So seien bei Reifen Helm in Plön schon in einer Woche wieder Termine frei, wie ein Mitarbeiter beim Blick in den Kalender verrät. Anfang des Monats seien es aber auch mal knapp zwei Wochen Vorlaufzeit gewesen.
Beim Autoservice Martens in Rendsburg schlagen momentan vor allem die Reifenwechselaufträge zu Buche. Jetzt, da der erste Schnee liege, wachten die Autofahrerinnen und Autofahrer auf. „Da kommt dann nicht nur einer, sondern es kommen alle“, sagt Inhaber Nico Martens. Mit 14 Tagen rechne er aber das ganze Jahr über, bei den relativ kurzen Reifenwechselterminen könne er auch enger takten.
Kfz-Verband: „Keine Krise erkennbar“
Laut Abfragen des Verbands des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein herrschten beispielsweise auf der Kieler „Automeile“ in der Eckernförder Straße bis zu zehn Wochen Vorlaufzeiten für Werkstatttermine. „Dahinter stecken keine bösen Absichten oder eine Krise, sondern viele Dinge, die zusammenspielen“, sagt Michael Ihle, Pressesprecher des Verbands und selbst Inhaber eines Autohauses in Nortorf.
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Immer mehr Betriebe würden schließen und dadurch die Kunden neu auf die verbleibenden Werkstätten und Händler verteilen. Auch führe die Verrentung der Boomer, also Arbeitnehmern der Geburtsjahrgänge 1946 bis 1964, immer weiter zum Verlust von Arbeitskräften. „Eine große Krise sehe ich nicht“, sagt Ihle. Man müsse sich aber der Situation anpassen.
Eine große Krise sehe ich nicht.
Michael Ihle
Pressesprecher des Verbands des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein
Diese Entwicklungen zeigten sich jedoch nicht erst seit Kurzem. Schon etwa zwei Jahre seien diese Veränderungen zu beobachten. Ein Ende sei laut Ihle nicht in Sicht: „Wir werden Termine weiter im Voraus und besser planen müssen.“ Er bestätigt auch, dass die Auftrags- und Terminlage in unterschiedlichen Regionen und auch innerhalb dieser selbst sehr verschieden ist.
Auch innerhalb einzelner Markenorganisationen wie der VW-Gruppe sei diese Lage zu beobachten. In seinem Autohaus in Nortorf rechne Ihle momentan mit sechs bis sieben Wochen Vorlauf, während es in der Zweigstelle in Hohenwestedt nur zwei Wochen seien. „Mittlerweile kommen sogar Kunden aus Neumünster nach Nortorf, da ihnen vor Ort die Vorlaufzeiten zu lang sind.“ Die „magische Grenze“ der A7 gelte nicht mehr.
KN