Anka Ebel ist Tourmanagerin von Cro und hat am Schickhardt-Gymnasium einen Einblick in die Musikbranche gegeben. Dahinter steckt das Startup „Life Teach Us“ mit einer besonderen Idee.

Anka Ebel fällt sofort auf: Gut gelaunt und gekleidet in schrillem Orange bringt sie an diesem Morgen frischen Wind in eine siebte Klasse des Schickhardt-Gymnasiums. Denn diese hat eine besondere Unterrichtsstunde vor sich. Statt Mathe oder Deutsch lernen sie den Alltag einer Tourmanagerin kennen.

Anka Ebel ist Life Teacher. Sie besucht ehrenamtlich Schulen, um jungen Menschen „echtes Wissen über das echte Leben“ zu vermitteln. So steht es auf der Homepage des Startups, das vor einigen Jahren die Idee dazu hatte. Anka Ebel ist nicht nur mit dem Gründer von „Life Teach us“ bekannt, sondern vor allem von dessen Ansatz überzeugt. „Als Jugendliche hätte ich mir ein bisschen mehr Lebenswissen in der Schule gewünscht“, sagt die 30-Jährige.

Gleichzeitig geht es darum, potenzielle Ausfallstunden sinnvoll zu füllen. An Schulen in Deutschland würden jede Woche eine Million Unterrichtsstunden entfallen, schreibt das Startup auf seiner Homepage. In Baden-Württemberg sind zuletzt an öffentlichen Schulen 4,3 Prozent der Unterrichtsstunden ausgefallen. Dies hatte im November 2024 eine Vollerhebung des Instituts für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) im Auftrag des Kultusministeriums ergeben.

Das Ziel von „Life Teach us“ ist es, einen Pool an Life Teachern zu generieren, auf den Partnerschulen zurückgreifen können. Das Unternehmen finanziert sich nach eigenen Angaben bisher allein über Spenden und Förderungen.

Das Schickhardt-Gymnasium ist Partnerschule

Anna Lena Reck, Lehrerin am Schickhardt, ist bei Instagram auf „Life Teach us“ aufmerksam geworden und hat zusammen mit dem Rektor Ralph Nigl das Gymnasium im Stuttgarter Süden zur Partnerschule gemacht. „Ich finde das super bereichernd. Wir haben bisher nur positive Erfahrungen gemacht“, sagt Anna Lena Reck. Vier dieser besonderen Unterrichtsstunden habe es am Schickhardt bereits gegeben, zu den Themen Marketing, Toleranz, ADHS bis hin zu dem Einblick in die Life-Musikbranche an diesem Tag.

Ihr Beruf bringt Anka Ebel ganz nah ran an große Stars. Zum Beispiel an den Musiker Cro. Als seine Tourmanagerin kümmert sie sich darum, dass bei Konzerten alles rund läuft. Während einer Tournee tingelt sie zusammen mit der Crew von Ort zu Ort – von Berlin, über Wien nach Köln. Geschlafen wird in dieser Zeit in kleinen Kojen in den großen Tourbussen, Nightliner genannt.

„Der Job ist herausfordernd. Wenn man nicht stressresistent ist, sollte man es lassen“, sagt die 30-Jährige. Teamfähigkeit, Organisationstalent, Zeitgefühl, Kommunikationsfähigkeit und Durchsetzungsfähigkeit sind weitere Charaktereigenschaften, die sie als Voraussetzung für diesen Beruf nennt. „Kennen Sie das Gesicht von Cro?“, will einer der Schüler wissen. „Ja, der läuft ja nicht immer mit Maske rum“, antwortet Anka Ebel. Während der Touren erfahre sie viel über die Künstler. „Aber Diskretion gehört ebenso zu meinem Beruf“, fügt sie hinzu.

Wie Anka Ebel zu so einem coolen Job kam

Wie sie zu so einem coolen Job kam? „Ich war Schulsprecherin am Stuttgarter Heidehof-Gymnasium und organisierte dort meine ersten Veranstaltungen“, erzählt Anka Ebel. Nach dem Abitur habe sie es einfach ausprobiert. Die Schülerinnen und Schüler des Schickhardt-Gymnasiums ermutigt sie dazu, ganz viele Praktika und auch mal Aushilfsjobs zu machen, um ihren Weg zu finden.

Das allein reicht aber nicht. Auf Anka Ebels Homepage ist nachzulesen, dass sie eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement gemacht, später an der Hochschule der Medien in Stuttgart studiert und einen Master in Medienmanagement hat.

Das sagen Kinder zu der „Life Lesson“

Die Mädchen und Jungen am Schickhardt sind beeindruckt von der besonderen Unterrichtsstunde. „Mir hat es sehr gut gefallen. Der Job würde mir Spaß machen“, sagt Jakob. „Aber ich bin noch so jung, mal schauen, was es für Möglichkeiten für mich gibt“, ergänzt der Zwölfjährige.

Auch Emma hat viel gelernt, zum Beispiel darüber, wie die Musikbranche funktioniert und wie man eine Tour plant. „Das hat schon stressig geklungen. Ich weiß nicht, ob ich nachts in so einem Nightliner schlafen könnte“, sagt die Zwölfjährige.

Als Rektor ist es Ralph Nigl wichtig, über Externe Expertise an seine Schule zu holen. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Ralph Nigl ist von dem „Life Teach Us“-Konzept überzeugt. „Wir wollen über Externe Expertise in die Schule holen, die unseren Schülerinnen und Schülern in ganz verschiedenen Situationen helfen kann“, sagt der Rektor. Für die Jugendlichen sei das eine Bereicherung, ein Erfahrungsschatz, der weit über das hinausgehe, was sie im Unterricht lernen. Das Schickhardt sei die erste Partnerschule in Stuttgart. Mittlerweile würden sich aber auch andere für die Idee interessieren und sich bei ihm bezüglich der Umsetzung erkundigen.

Eine Entlastung für die Lehrkräfte an dem Gymnasium im Stuttgarter Süden ist „Life Teach us“ aber noch nicht. Denn die Life Teacher füllen keine Stunden, die sonst nicht stattgefunden hätten. Am Schickhardt geht es aktuell viel mehr um Begegnungen, die den Blick der Schülerinnen und Schüler zu weiten sollen. Aber perspektivisch ist es für Ralph Nigl denkbar, dass die Life Teacher auch dabei helfen, die Zahl der Ausfallstunden zu reduzieren.

Weitere Infos und Kritik

Kontakt
Weitere Informationen rund um das Startup stehen im Internet unter www.lifeteachus.org.

Kritik
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zweifelt am Konzept des gemeinnützigen Unternehmens „Life Teach Us“. In einem Beitrag auf ihrer Homepage kritisiert sie unter anderem, dass die Life Teacher lediglich in einem Schnellkurs und mit Hilfe eines Handbuch auf ihr Ehrenamt vorbereitet werden. Zudem seien sie keine wirklich Entlastung für ein Kollegium. Denn Ehrenamtlich dürften eine Klasse nicht allein beaufsichtigen. Eine Lehrkraft müsse entweder im Raum oder in direkter Nähe sein. Allerdings räumt auch die Gewerkschaft ein, dass Life Teacher das Unterrichtsangebot ergänzen können.