85 Prozent der Leipziger leben in einer gemieteten Wohnung. An der Zahl hat sich in den letzten Jahren nicht wirklich viel geändert. Denn für Wohneigentum braucht man Geld, das die meisten Leipziger gar nicht zur Verfügung haben. Also sind sie gezwungen, sich eine Wohnung zu mieten. Und sie begegnen immer öfter sehr undurchsichtigen Praktiken, die auch das Wohnen zur Miete immer teurer machen.
Gerade in den letzten fünf Jahren sind etliche Vermieter auf allerlei Ideen verfallen, wie sie die gesetzlich begrenzten Möglichkeiten zur Mieterhöhung umgehen können. Auch davon erzählt die Bürgerumfrage 2024.
Mit der Befristung geht es los. Denn normalerweise weiß man ja beim Einzug in die Wohnung nicht, wie lange man darin wohnen wird. Ein unbefristeter Mietvertrag ist also eigentlich das Normale. Aber das hat sich in den vergangenen fünf Jahren deutlich geändert. Einige Vermieter nutzen die Knappheit am Wohnungsmarkt aus und konfrontieren die Mietanwärter zunehmend mit Mietverträgen, die die Unsicherheit für die Mieter massiv erhöhen.
„In der überwiegenden Mehrheit der Fälle (93 Prozent) handelt es sich um unbefristete Mietverträge“, beschreibt nun der Bericht zur Bürgerumfrage die zunehmende Unsicherheit am Leipziger Mietwohnungsmarkt gerade für Mieter mit kleinem Einkommen, die kaum Möglichkeite haben, einfach auszuweichen.
„Befristete Mietverträge gehen in der Regel mit unsicherem Einkommen, befristeten Aufenthaltsverhältnissen oder einer Ausbildungssituation einher. So haben mit 17 Prozent vor allem Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft einen befristeten Mietvertrag.
Bei Haushalten mit unter 1.100 Euro Haushaltseinkommen ist der Anteil der befristeten Mietverhältnisse (8 Prozent) doppelt so hoch wie in den anderen Gehaltskategorien der Kommunalen Bürgerumfrage. In der Gruppe der Personen zwischen 18 und 34 Jahren ist der Anteil befristeter Mietverhältnisse ebenfalls mit 8 Prozent relativ hoch, was auf ausbildungsgebundene Unterbringungen zurückzuführen sein könnte.“
Die Mietvertragsart nach Wohndauer in Leipzig. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2024
Womit dann schon recht klar umrissen ist, wer im Leipziger Wohnungsmarkt die schlechtesten Karten hat und auch Mietverträge akzeptieren muss, die wenig Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der Mieter nehmen. Was auch erklärt, warum viele Leipziger lieber mit ihren alten Mietverträgen in der alten Wohnung bleiben, selbst dann, wenn sie eigentlich aufgrund veränderter Lebensumstände umziehen würden.
Index- und Staffelmietverträge
„Die überwiegende Mehrheit der Mieterinnen und Mieter in Leipzig hat einen normalen Mietvertrag ohne vertraglich festgeschriebene Preisentwicklung (78 Prozent). Beim Wohnen mit einem solchen Mietvertrag bleibt die Miete über die Zeit grundsätzlich stabil. Erhöhungen sind nur nach gesetzlichen Vorgaben möglich, wie etwa im Fall einer Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete in einem dynamischen Markt (§ 558 BGB) oder nach einer Modernisierung (§ 559 BGB).
Erhöhungen unterliegen dabei in Leipzig der abgesenkten Kappungsgrenze, das heißt eine maximale Steigerung um 15 Prozent innerhalb von drei Jahren ist zulässig“, beschreibt der Bericht zur Bürgerumfrage diesen klassischen Mietwohnungsmarkt.
Aber einige Vermieter nutzen die Not eben auch dazu, um mit anderen Arten von Mietverträgen den Druck auf die Mieter weiter zu erhöhen.
„Es gibt jedoch weitere Mietvertragsarten mit anderen Modalitäten. Weitere 6 Prozent der zur Miete wohnenden Haushalte haben einen Indexmietvertrag unterschrieben“, kann man im Bericht zur Bürgerumfrage 2024 lesen. „Bei Indexmietverträgen nach § 557b BGB ist die Miete an den Verbraucherpreisindex beziehungsweise an die Dynamik der Inflation gekoppelt.
Hier erfolgen Anpassungen nur bei Veränderungen des Index, nicht aber durch Vergleichsmieten. Erhöhungen nach Modernisierung sind dann nur eingeschränkt möglich. Mit ähnlicher Häufigkeit gibt es in Leipzig auch Mietverhältnisse aus Staffelmietverträgen (4 Prozent). Bei Staffelmietverträgen nach § 557a BGB steigt die Miete automatisch nach einem vertraglich festgeschriebenen Turnus um festgelegte Beträge, ohne dass eine weitere Begründung notwendig wäre.“
So weit, so sachlich. Aber die eigentliche Brisanz liegt in der Zeit, in der diese Mietverträge abgeschlossen wurden: „Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die jeweilige Verteilung verschiedener Vertragsmodi nach der Dauer der Mietverhältnisse. Während bei Mietverträgen mit einem Alter von elf oder mehr Jahren reguläre Mietverträge mit einem Anteil von 88 Prozent dominieren, stellen sie bei den jüngeren Mietverträgen mit einem Alter von unter fünf Jahren nur 69 Prozent.
Index- (9 Prozent) und Staffelmietverträge (4 Prozent) nehmen hier in der Gruppe der jüngeren Verträge einen größeren Teil ein, was ein Indiz für eine wachsende Bedeutung dieser dynamischen Vertragsarten sein kann. Bemerkenswert ist jedoch auch, dass vor allem Haushalte mit Mietverhältnissen mit einer Dauer von aktuell unter fünf Jahren keine Auskunft zur Art des Vertrages geben konnten (weiß nicht: 13 Prozent).“
Als wenn es nicht schon genügen würde, dass die Arbeitswelt immer unsicherer wird und Zukunftsplanungen gerade für junge Leute immer schwieriger, sorgen Vermieter mit ausgefeilten Mietverträgen dafür, dass auch der Druck beim Wohnen wächst. Keine guten Voraussetzungen: weder für eine sichere Familienplanung noch für eine Konzentration auf die berufliche Karriere.