Wahrscheinlich zum ersten Mal seit 180 Jahren wird am 27. April um 18 Uhr in der Mannheimer Christuskirche das Oratorium „Palestrina“ von Carl Loewe wieder aufgeführt.

Das Werk des als Komponist von über 400 Balladen bekannten Loewe schien lange verloren, erschien erst im Jahr 2024 aus alten Handschriften rekonstruiert im Noetzel-Verlag als Erstausgabe. Es ist eines von 17 Oratorien Loewes, die heute nahezu unbekannt sind. Damals freilich war die Gattung in der Folge von Händel und Haydn sehr beliebt.

Es ist ja nicht das einzige Stück, das Palestrina zum Gegenstand einer aufwendigen Komposition macht, 70 Jahre nach Loewe schrieb Hans Pfitzner eine monumentale spätromantische Oper von weit über drei Stunden und mit 38 Solorollen. So lange ist Carl Loewes Oratorium nicht, doch auch bei ihm geht es um die Vorgänge auf dem Konzil von Trient (1545–1563), bei dem Palestrina die Zukunft der Kirchenmusik entscheidend beeinflusste. Loewe webt dabei die berühmte Missa Pape Marcelli Palestrinas in ein romantisches, dreiteiliges Werk für Orchester, Chor und sechs Solisten ein. Letztere treten in verschiedenen Rollen auf, so beispielsweise Palestrina (Tenor) und Papst Pius IV. (Bass); der Chor verkörpert illustre Gruppen wie Winzer, Lutheraner und päpstliche Krieger. Durch die spannende Verbindung von Choral, polyphoner Vokalmusik und romantischer Tonsprache entsteht ein vielfältiges und einfühlsames Werk. Wahrscheinlich ist die ganze Geschichte ein Mythos und die Rolle von Palestrina als Retter der kunstvollen Kirchenmusik nicht historisch, aber stilprägend war seine Kompositionsweise dann schon – und vor allem strahlt seine ausgewogene Satzkunst noch heute eine lautere Schönheit aus.

Romantik trifft Spätrenaissance

Es wird also sehr spannend sein, beim Konzert in Mannheim zu hören, wie sich die Romantik, in der im katholischen Cäcilianismus der Palestrina-Stil zum Maß der Dinge wurde, mit der Musik der Spätrenaissance beschäftigt.

Beim zweiten Werk des Konzert von Vox Quadrata in der Mannheimer Christuskirche werden die frommen Pfade dann allerdings deutlich verlassen, denn mit Felix Mendelssohns weltlicher Kantate „Die erste Walpurgisnacht“ geht es in heidnische Zeiten. Aparterweise wird das halbstündige Stück vier Tage vor der kalendarischen Walpurgisnacht musiziert. Zum Inhalt lassen wird am besten den Schöpfer des Textes, Dichterfürst Johann Wolfgang vom Goethe sprechen: „So hat nun auch einer der deutschen Altertumsforscher die Hexen- und Teufelsfahrt des Brockengebirges, mit der man sich in Deutschland seit undenklichen Zeiten trägt, durch einen historischen Ursprung retten und begründen wollen. Dass nämlich die deutschen Heidenpriester und Altväter, nachdem man sie aus ihren heiligen Hainen vertrieben und das Christentum dem Volke aufgedrungen, sich mit ihren treuen Anhängern auf die wüsten unzugänglichen Gebirge des Harzes im Frühlingsanfang begeben, um dort, nach alter Weise, Gebet und Flamme zu dem gestaltlosen Gott des Himmels und der Erde zu richten. Um nun gegen die aufspürenden bewaffneten Bekehrer sicher zu sein, hätten sie für gut befunden, eine Anzahl der ihrigen zu vermummen, und hierdurch ihre abergläubischen Widersacher entfernt zu halten und, beschützt von Teufelsfratzen, den reinsten Gottesdienst zu vollenden.“ Die christlichen Wächter nehmen Reißaus und rufen: „Hilf, ach hilf mir, Kriegsgeselle!/Ach, es kommt die ganze Hölle!“ Nun bei dem Mannheimer Konzert werden christliche und heidnische Musik friedlich nebeneinander stehen.

Das Konzert wird vom Südwestrundfunk aufgezeichnet.

Konzerttermin

Sonntag, 27. April, 18 Uhr, Christuskirche, Mannheim, Es dirigiert Tristan Meister, Solisten sind Johanna Beier, Johanna Götz, Nicole Schumann, Lukas Siebert, Ferdinand Dehner, Johannes Hill, Florian Hartmann und Magnus Piontek. Es singt der Chor Vox Quadrata, es spielt die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Karten unter vox-quadrata.de, Telefon 0621 412276 sowie an der Abendkasse.