
Finnland drohen aufgrund seiner Haushaltsführung Konsequenzen: Die Höhe der Neuschulden fällt der EU-Kommission deutlich zu hoch aus – sie droht deshalb ein Defizitverfahren an. Deutschland bleibt trotz neuer Milliardenkredite davon verschont.
Die Europäische Kommission will gegen Finnland ein Strafverfahren einleiten. Anlass ist die zu hohe Neuverschuldung. Das Land weise ein übermäßiges Defizit auf, teilte die Behörde in Brüssel mit, die darüber wacht, dass die Mitgliedsstaaten die EU-Schuldenregeln einhalten.
EU: Neuverschuldung steigt auf 4,5 Prozent
Ziel sogenannter Defizitverfahren ist es, Staaten zu solider Haushaltsführung zu bringen. Voriges Jahr habe das staatliche Defizit des nordeuropäischen Landes bei mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistung und damit über der EU-Obergrenze gelegen, teilte die Kommission mit. Die Behörde erwartet, dass das Defizit Finnlands voraussichtlich bis 2025 auf 4,5 Prozent steigt, bevor es 2026 leicht auf 4,0 Prozent und 2027 auf 3,9 Prozent zurückgeht.
Die Neuverschuldung lasse sich nur teilweise durch den Anstieg der Verteidigungsausgaben erklären, so die Brüsseler Behörde. Wenn Schulden durch höhere Verteidigungsausgaben verursacht werden, gibt es eine Ausnahmeregel.
Regierung reagiert gelassen
Für große Überraschung sorgte die Bekanntgabe der EU-Kommission in Helsinki nicht. Die rechtspopulistische Finanzministerin Riikka Purra hatte bereits vergangene Woche gewarnt, dass es dazu kommen könnte. Der Schritt sei zu erwarten gewesen, erklärte der konservative Ministerpräsident Petteri Orpo nun auf der Plattform X.
Selbst eine Anpassung des Defizits um zehn Milliarden Euro würde den hauptsächlich durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine verursachten Schaden für die finnische Wirtschaft nicht beheben, schrieb er. Die Maßnahmen seiner Regierung seien richtig gewesen und müssten fortgesetzt werden. Eine dauerhafte wirtschaftliche Erholung werde mindestens zwei Jahre dauern.
Grünes Licht für Deutschlands Etat
Die EU-Schuldenregeln, die sogenannten Maastricht-Kriterien, erlauben eigentlich nur eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent und eine Gesamtverschuldung von maximal 60 Prozent. Die EU hatte ihre Schuldenregeln jedoch erst kürzlich überarbeitet. Die Ausnahmeklausel im erneuerten Stabilitäts- und Wachstumspakt ist Teil des Wiederaufrüstungsplans für die EU. Sie ist auf vier Jahre befristet und ermöglicht Flexibilität für Verteidigungsausgaben in Höhe von 1,5 Prozent des BIP.
Diese Ausnahme bewahrt Deutschland davor, dass die Brüsseler Behörde ein Verfahren gegen die Bundesrepublik auf den Weg bringt. Denn obwohl die Bundesregierung neue Milliardenschulden plant, lässt sich die Überschreitung der Drei-Prozent-Grenze laut Kommission „vollständig“ durch den Anstieg der Verteidigungsausgaben erklären. Die EU-Kommission sagt in ihrer jährlichen Bewertung der nationalen Haushaltspläne für Deutschland eine Neuverschuldung von 3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) voraus.
Strafen in Milliardenhöhe möglich
Gegen viele andere EU-Länder laufen derzeit Defizitverfahren. Das Verfahren gegen Finnland muss noch von den EU-Finanzministern gebilligt werden. Theoretisch sind bei anhaltenden Verstößen auch Strafen in Milliardenhöhe möglich. In der Praxis wurden diese aber noch nie verhängt.