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Ex-Tatort-Kommissar Stefan Jürgens hat auf die Theaterbühne zurückgefunden. In München liest er nun aus dem legendären Roman „Dracula“ vor. Ein Interview.
München – Erfahrung mit dem Tod hat er genug – auch wenn es nicht echte Leichen waren, mit denen Stefan Jürgens (62) jahrelang zu tun hatte. Als Tatort-Kommissar und Soko-Kriminaler überführte er Mörder und andere Verbrecher. Doch dem Krimi-Genre hat er abgeschworen, viel lieber steht er auf der Bühne mit seinen eigenen Programmen, die von Liebe, Helden und – seit Neuestem – von Blutsaugern handelt. Dem Mythos Dracula widmet er sich in seinem neuesten Programm (Auftritte unter www.stefanjuergens.com). Dienstagabend (25. November) tritt er in der Pasinger Fabrik auf.
Stefan Jürgens beim Fotoshooting auf dem Nordfriedhof. © Astrid Schmidhuber
Grusle ich mich bei Ihrer Dracula-Performance?
Bestimmt! Die Geschichte an sich ist ja schon spannend. Ich habe eine dramaturgische Fassung geschrieben, die in hundert Minuten zu lesen ist. Bram Stoker hatte ja die Angewohnheit, viel auszumalen. Die Fassung ist in Tagebuchform geschrieben – und damit sind praktisch alle Ich-Erzähler. Das macht die Sache temporeich. Ich glaube, es wird ein richtig schönes Unterhaltungsprogramm, wo die Leute abends reingehen und danach Pizza mit Knoblauch essen.
Warum dieser Mythos?
Es passt zur dunklen Jahreszeit. Und ich habe bei einer frühen Lesung gemerkt, wie gut der Stoff beim Publikum ankommt. Ich dachte mir, okay, dann machen wir etwas richtig Schönes daraus und habe, zusammen mit einem Hörspielproduzenten, einen Soundtrack für den Abend kreiert: Atmosphären, knarrende Türen, Kutschgeräusche, Stürme. Dazu kommt klassische Musik unter anderem von Rachmaninow, Debussy, Chopin.
Wann war Ihr erster Vampir-Kontakt?
Ich habe als Fünf- oder Sechsjähriger heimlich bei meinen Eltern hinterm Sofa gesessen, als die sich den Dracula-Film mit Christopher Lee angeschaut haben. In der Nacht habe ich nicht lange geschlafen. Aber das Thema war gesetzt.
Das Thema Draculaaaa…
Es ist das alte Thema der Untoten und des Reichs dazwischen. Keiner von uns ist den Weg jemals zurückgegangen. Die Wand des Todes steht vor jedem Leben. Ich glaube, die Auseinandersetzung damit fasziniert jeden von uns in irgendeiner Art und Weise. Diese Vampirgeschichten haben nicht umsonst auch heute noch viel Resonanz. Außerdem: Wir sind in der Realität von lauer Schurken umgeben; da dachte ich, ich stelle mal eine literarische Größe dagegen, durch die wir uns an unsere Qualitäten erinnern: an Zusammengehörigkeit, Mut und Liebe.
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Haben Sie eine dunkle Seite?
Oh, da muss ich erst meine Frau anrufen (lacht). Aber im Ernst – wer nicht?
Wie sehr beschäftigt Sie selbst das Thema Tod?
Ich bin ja durchaus in einem Alter, wo das näher kommt. Also mit 20 oder 30 erlebt man Beerdigungen entschieden seltener. Die Zeiten ändern sich und damit auch die Notwendigkeit, sich diesem Thema mehr zu öffnen. Allein die Tatsache, dass man die Hälfte des Lebens nicht mehr vor sich hat. Das macht jeden Tag wertvoller. Ich versuche meine Zeit sinnvoll auszufüllen.
Zum Beispiel mit Sport?
Ich glaube, ich habe es mein ganzes Leben lang erfolgreich geschafft, mich vor dem Sport zu drücken. Ich tue eigentlich nur das Nötigste. Fünf Tibeter, also Yoga für Feiglinge, wie ich es nenne.
Werden wir Sie auch wieder mehr im Fernsehen sehen?
Davon gehe ich aus. Aber im Augenblick entsprechen die Angebote nicht dem, was ich mir vorstelle, ehrlich gesagt. Dazu kommt, dass ich in den letzten Jahren den Weg zur Theaterbühne zurückgefunden habe. Neben meinen Soloprojekten schlägt da gerade mein Herz.