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Standdatum: 25. November 2025.


Wie viele Frauen im Land Bremen Gewalt erfahren

Am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen gehen weltweit Menschen auf die Straße – auch in Bremen. Sie protestieren gegen die Gewalt.

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Wie viele Frauen im Land Bremen Gewalt erfahren

Am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen gehen weltweit Menschen auf die Straße – auch in Bremen. Sie protestieren gegen die Gewalt.

Quelle: dpa | Westend61/Arman Zhenikeyev

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In der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2024 wurden 943 Fälle im Land Bremen verzeichnet. 818 Opfer waren demnach weiblich, 125 männlich.

Bild: dpa | Westend61/Arman Zhenikeyev

Bei Partnerschaftsgewalt und sexualisierter Gewalt ist die Dunkelziffer besonders hoch. Wie die Lage in Bremen ist und was sich für Betroffene ändern muss.

Zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen haben wir Bremer Behörden und Beratungsstellen gefragt, wo sie Handlungsbedarf sehen.

Wie viele Gewalttaten gegen Frauen gibt es in Bremen und was sagen die Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik aus?

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2024 wurden 943 Fälle im Land Bremen verzeichnet. 818 Opfer waren demnach weiblich, 125 männlich. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung umfassen neben Straftatbeständen wie Vergewaltigung und sexuelle Nötigung auch sexuellen Missbrauch von Minderjährigen und weitere Taten.

Partnerschaftsgewalt
2.465 Fälle gab es laut PKS 2024 im Bundesland, die Polizei registrierte 1.967 weibliche Opfer und 499 männliche.

Häusliche Gewalt
2024 wurden 3.522 Fälle von häuslicher Gewalt im Land Bremen erfasst. In 2.465 Fällen handelte es sich um Partnerschaftsgewalt, in 1.057 Fällen um sogenannte innerfamiliäre Gewalt. 1.017 männliche und 2.624 weibliche Opfer wurden verzeichnet.

Femizide
In den Jahren 2019 bis 2023 wurden im Land Bremen neun Frauen von ihren männlichen Partnern oder Ex-Partnern getötet. Acht Frauen wurden Opfer von Tötungsversuchen. Das geht aus einer Senatsantwort vom Mai 2024 hervor. Weibliche Opfer von Körperverletzung mit Todesfolge in (Ex-)Partnerschaften wurden im Berichtszeitraum von 2019 bis 2023 im Land Bremen polizeilich nicht registriert, heißt es dort.

Gerade bei Partnerschaftsgewalt und sexualisierter Gewalt ist davon auszugehen, dass es eine große Dunkelziffer gibt. So wird bei Sexualdelikten nur in 2,5 Prozent der Fälle Anzeige erstattet, wie der erste periodische Sicherheitsbericht des Landes Bremen vom Februar 2024 zeigt.

Information zum Thema
Was ist ein Femizid?

Ein Femizid ist ein Mord an Mädchen oder Frauen wegen ihres Geschlechts – also weil sie weiblich sind – oder damit einhergehenden Rollenvorstellungen, nach denen Frauen Männern untergeordnet sind. Der Begriff ist im deutschen Recht kein eigener Straftatbestand, sondern soll die Hintergründe der Taten erklären. Die Soziologin Diana Russell prägte den Begriff 1976, um zu unterstreichen, dass viele Tötungen auf sexistische und frauenverachtende Einstellungen der Täter zurückgehen.

Ende der Information zum Thema

Wie wichtig ist Geld bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen?

Beim Bremer Frauenressort und der Zentralstelle für die Gleichberechtigung der Frau (ZGF) heißt es, Hilfs- und Präventionsangebote müssten sicher finanziert werden. „Es braucht eine nachhaltige Finanzierung von Schutz- und Hilfestrukturen vor allem für Frauen, die von geschlechterspezifischer Gewalt betroffen sind – sei es online oder offline, psychisch oder physisch“, teilt Frauensenatorin Claudia Bernhard (Linke) mit.

„Klar ist, Schutz vor Gewalt gibt es nicht zum Nulltarif. Kosten dürfen dabei kein Bremsklotz sein, nicht bei Frauenhausplätzen, nicht bei der Fußfessel und nicht bei Beratungs- und Hilfsangeboten“, schreibt Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm. Eines der wichtigsten Anliegen sei die Weiterführung des Landesaktionsplans zur Istanbul-Konvention. Dabei arbeiten verschiedene Arbeitsgruppen daran, die Situation für gewaltbetroffene Frauen im Land Bremen zu verbessern. In der sogenannten Istanbul-Konvention haben sich verschiedene Staaten, unter anderem Deutschland, dazu verpflichtet, gegen jede Form von Gewalt, insbesondere aber geschlechtsspezifische Gewalt vorzugehen.

Die Finanzierung der Fortschreibung muss verlässlich gesichert werden.

Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm

Was muss sich für Betroffene von Gewalt am dringendsten ändern?

Die Polizei Bremen spricht sich gegen eine Bagatellisierung von Gewalt gegen Frauen aus. „Der Ausbau der Infrastruktur ist entscheidend: Frauenhäuser und Beratungsstellen sollten erweitert und der Zugang zu kostenloser rechtlicher Unterstützung erleichtert werden“, schreibt Nastasja-Klara Nadolska, Pressesprecherin der Polizei Bremen, auf Anfrage.

Darüber hinaus muss auch die psychologische Betreuung niedrigschwellig zugänglich sein, um den betroffenen Frauen eine langfristige Unterstützung zu bieten.

Nastasja-Klara Nadolska, Pressesprecherin der Polizei Bremen

Im April 2024 hat die Gewaltschutzambulanz in Bremen ihre Arbeit aufgenommen. Laut Bremer Frauenressort „erleichtert sie die Arbeit der Strafverfolgung massiv und weist gleichzeitig Betroffenen Wege und Möglichkeiten ins Schutz- und Hilfesystem“. In den ersten anderthalb Jahren haben 401 Menschen dort Hilfe gesucht. Davon waren 89 Prozent Erwachsene und 11 Prozent Kinder und Jugendliche. Von den Erwachsenen waren 17 Prozent männlich und 83 Prozent weiblich, wie die Gesundheit Nord auf Anfrage mitteilt. Für Leiterin Saskia Etzold ist es besonders wichtig, dass Betroffene nach der Dokumentation in der Gewaltschutzambulanz, die bei einem strafrechtlichen Verfahren helfen kann, schnell psychosoziale Unterstützung bekommen.

Dafür müssten Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen noch mehr Kapazitäten haben, um Wartezeiten abzubauen

Saskia Etzold, Leiterin der Gewaltschutzambulanz

Auch in Bremerhaven gibt es seit September 2025 eine Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide.

Auch bei Notruf Bremen sieht man einen großen Bedarf an Beratungen. Die Beratungsstelle bietet psychologische Hilfe bei sexualisierter Gewalt für alle Geschlechter an. Es brauche auch ein flächendeckendes Angebot für Bremerhaven und Bremen-Nord, außerdem eine Stärkung der Arbeit mit Täterinnen und Tätern, heißt es.

Um Betroffenen in Bremen schneller und unbürokratisch Hilfe zu ermöglichen, ist es entscheidend, die Stigmatisierung zu reduzieren – insbesondere indem wir mit verbreiteten Vergewaltigungsmythen aufräumen und die Gesellschaft dahingehend sensibilisieren.

Notruf Bremen

Im Jahr 2024 hat das Team nach eigener Angabe 116 Hilfesuchende in insgesamt 913 Sitzungen beraten. Von den Beratenen waren 87 Prozent Frauen, 7 Prozent Männer, 4 Prozent divers und 2 Prozent ohne Angabe. 

Eine Übersicht über die Bremer Hilfsangebote bei verschiedenen Formen von Gewalt finden betroffene Frauen hier gebündelt.

Quelle:
buten un binnen.

Dieses Thema im Programm:
Bremen Vier, 25. November 2025, 14:15 Uhr