Der russische Botschafter Sergej Netschajew hat am Freitag im sächsischen Torgau an den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Aufeinandertreffens US-amerikanischer und sowjetischer Soldaten am 25. April 1945 teilgenommen. Dabei musste er sich von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) Kritik wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gefallen lassen.

Netschajew meldete sich dabei auf Deutsch zu Wort: „Heute müssen wir erinnern an die gefallenen Soldaten“, sagte der russische Diplomat umringt von Journalisten und Bürgern. „Der Tag ist deswegen sehr wichtig für uns.“

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Vorab hatte es Streit über seine Teilnahme an der Gedenkveranstaltung gegeben. Hintergrund ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hatte noch kurz vorher gefordert, die angekündigte Teilnahme des Russen zu unterbinden.

Es wäre schöner, angemessener, wenn auch Vertreter der Ukraine, Georgiens oder Belarus bei uns wären.

Michael Kretschmer, Sachsens Ministerpräsident (CDU)

Netschajew sagte auf die Frage, was er dazu sage, dass er nicht willkommen sei: „Ich spüre das nicht. Ich fühle mich wohl.“ Dazu, dass er kein Rederecht bekommen hat, sagte er: „Wir haben die Möglichkeit, unsere Position zur Kenntnis zu bringen.“ Der Botschafter sprach am Ort auch mit Bürgern.

Am Revers trug er das sogenannte Sankt-Georgs-Band, das traditionell als Zeichen der Erinnerung an den deutsch-sowjetischen Krieg gilt, seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aber als Symbol russischer Propaganda in der Kritik steht.

Kretschmer wandte sich in Torgau mit deutlichen Worten zum Krieg in der Ukraine an Netschajew. „Es war Russland, das einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat. Nicht 2021, sondern schon 2014. Und es liegt an Russland, nur an Russland, diesen Krieg zu beenden“, sagte der CDU-Politiker in Richtung des russischen Botschafters. Dafür erhielt Kretschmer einige Buhrufe aus dem Publikum.

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„Es ist auch eine geschichtliche Realität, dass es viele Menschen der Roten Armee waren, zwölf Millionen Soldatinnen und Soldaten der Roten Armee, die in diesem Zweiten Weltkrieg ihr Leben gelassen haben“, sagte Kretschmer. Darunter seien sehr viele Russen gewesen, aber auch Ukrainer, Belarussen oder Georgier.

„Es wäre schöner, angemessener, wenn auch Vertreter der Ukraine, Georgiens oder Belarus bei uns wären“, sagte Kretschmer. „Dass sie nicht kommen, hat vermutlich mit der Anwesenheit des russischen Kollegen zu tun.“