Liebe Leserin, lieber Leser,
die Tagesordnung für die heutige Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft
ist 14 (in Worten: vierzehn) Seiten lang und umfasst mehr als 60 Punkte; die Sitzung dürfte also in etwa so lange dauern wie eine langsam dirigierte
„Götterdämmerung“. In jener Oper geht es um einen alternden Gott, der,
um seine Macht zu demonstrieren, sich eine Burg bauen lässt, die er sich
aber nicht leisten kann, woraufhin er sich in den selbst verhandelten
Verträgen derart verheddert, dass er die nachfolgenden Generationen in
den Ruin treibt und ihnen keine andere Wahl lässt als alles
niederzubrennen.
Die für heute zu erwartende
Debatte um das von Klaus-Michael Kühne finanzierte neue Opernhaus dürfte
im Vergleich dazu eher zahm ausfallen. Aber warten wir’s ab.
Die
Abstimmung über das Opernhaus ist Tagesordnungspunkt Nummer 18. Vorher will ein von der Linksfraktion initiiertes
Bündnis 10.000 Unterschriften gegen das Projekt an den Senat und die
Abgeordneten von SPD und Grünen übergeben. „Ob
Hamburg eine neue Oper braucht, darf nicht völlig ohne öffentliche
Beteiligung und ohne eine echte Debatte entschieden werden“, sagte Marco Hosemann von der Linksfraktion der Nachrichtenagentur dpa. „Dieses
Hinterzimmer-Gemauschel des Senats mit Klaus-Michael Kühne schadet dem
Vertrauen in Politik und Demokratie.“
Interessanterweise
ist dieser Satz von Marco Hosemann nahezu identisch mit der These eines
Kommentars, den ich für die Hamburg-Seiten der morgen erscheinenden
Ausgabe der ZEIT geschrieben habe (Sie finden ihn weiter unten in diesem
Newsletter, und, falls Sie’s eilig haben, auch hier (Z+) – ich komme allerdings zu leicht anderen Schlüssen.
Die Sitzung der Bürgerschaft können Sie hier live verfolgen.
© ZON
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Und
apropos Vertrauen in Politik: Gestern war Bundeskanzler Friedrich Merz
in der Stadt. Frisch zurückgekehrt vom Gipfel der Europäischen und der
Afrikanischen Union in Angola, besuchte Merz in Hamburg eine
Senatssitzung, versprach allerhand (dazu unten mehr) und ging dann mit
Bürgermeister Peter Tschentscher Brot backen. „Was man am deutschen Brot
hat, merkt man immer wieder, wenn man im Ausland ist“, sagte Merz.
„Gestern Morgen in Luanda am Frühstücksbuffet hab’ ich gesucht, wo ist
ein ordentliches Stück Brot – und keins gefunden.“
Es
gibt, wie Sie natürlich wissen, eine Stelle in der Oper „Die
Meistersinger von Nürnberg“ mit sinngemäß sehr ähnlichem Text. Ein
Kulturkenner, unser Kanzler! Das neue Opernhaus mit weltweiter Strahlkraft,
man spürt schon jetzt, wie sie die Leute inspiriert.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Ihr
Florian Zinnecker
WAS HEUTE WICHTIG IST
© Christian Charisius/dpa
Bei seinem
Antrittsbesuch in Hamburg hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
der Hansestadt die Unterstützung des Bundes bei der Erneuerung der
Elbbrücken, der Realisierung der A26-Ost und der Modernisierung des
Eisenbahnknotens Hamburg zugesagt. Im Anschluss besuchte Merz mit
Bürgermeister Peter Tschentscher den Handwerkerhof „Meistermeile“ in
Lokstedt.
Nach mehreren schweren
Straftaten in Hamburger Shisha-Bars haben Ermittler bei einer
Razzia 17 Lokale kontrolliert. „Die Gewaltvorfälle der letzten
Zeit zeigen, dass einige Shisha-Bars offenbar Treffpunkt und
Rückzugsort von kriminellen Strukturen sind“, teilte
Polizeipräsident Falk Schnabel mit. Rund 145 Einsatzkräfte waren am
Montagabend bis in die späte Nacht im Einsatz. Fünf Bars wurden
vorläufig geschlossen.
Der
Senat will erreichen, dass Opfer
häuslicher Gewalt einfacher als bislang aus gemeinsamen
Mietverträgen ausscheiden können.
Laut Justizbehörde ist gesetzlich geregelt, dass ein gemeinsam
geschlossener Mietvertrag von Mietern auch gemeinsam gekündigt
werden muss – selbst wenn ein Mieter schon ausgezogen ist. In
Hamburg standen vergangenes Jahr allein in Frauenhäusern rund 20
Frauen vor dem Problem, einen Mietvertrag nicht zeitig verlassen zu
können. Die genaue Zahl der Betroffenen ist laut Behörde unklar,
dürfte aber deutlich höher liegen. Der Senat will den
entsprechenden Gesetzesentwurf im Bundesrat in Berlin einbringen.
In aller Kürze
• Der Senat hat die in der Hansestadt gültige Mietpreisbremse
bis Ende 2029 verlängert •
Zehn Aktivisten der Klimaschutzgruppe Letzte Generation müssen wegen
einer Blockade des Hamburger Flughafens im Juli 2023 mehr als
400.000 Euro an die Fluggesellschaft Eurowings zahlen •
Ein Radfahrer ist in St. Georg von einem Lastwagen erfasst und
schwer verletzt worden
AUS DER HAMBURG-AUSGABE
© Yanis Amasri Sierra/BIG
Wollen wir uns wirklich darüber aufregen?
Mit den Plänen für
die neue Oper stellt der Hamburger Senat die Öffentlichkeit vor
vollendete Tatsachen. Das ist ein Fehler. Aber das macht die Idee
nicht schlecht, kommentiert ZEIT:Hamburg-Ressortleiter Florian
Zinnecker; lesen Sie hier einen Auszug aus seinem Text.
Zu
den Einwänden kommen wir gleich. Aber selbst die härtesten Gegner
der Neubau-Pläne für die Hamburgische Staatsoper müssen einräumen,
dass das, was gerade in Hamburg geschieht, nichts anderes ist als ein
Wunder: ein unwahrscheinlicher, mit den Mitteln der Logik nicht zu
erklärender Vorgang, der in den Augen aller Beteiligten eigentlich
als unmöglich gilt.
Wobei
man das „eigentlich“ auch streichen könnte: Ein in Hamburg
engagierter Dirigent, unglücklich über den baulichen Zustand der
bestehenden Oper, wandte sich an einen als Opernfreund bekannten
Milliardär, und der beschloss, das Problem zu lösen, auf eigene
Kosten ein neues Opernhaus zu bauen und es der Stadt zu schenken.
Diese
Darstellung ist ein wenig verkürzt, denn sie unterschlägt die
jahrelangen Verhandlungen des Kultursenators mit dem Milliardär. Am
Ergebnis aber ändert das nichts, und dieses Ergebnis ist – wir
kommen gleich zu den Einwänden, wie gesagt – für Hamburg eine
Jahrhundertchance, so groß, dass sie eigentlich nicht zu fassen ist.
Kein
Wunder also, dass viele Menschen in Hamburg damit überfordert sind.
Denn
normalerweise haben Geschenke dieser Dimension mindestens einen
kleinen Haken, meist sogar einen riesengroßen. Normalerweise sind
Projekte dieser Größenordnung nie so uneingeschränkt toll, wie sie
in Senatspressekonferenzen klingen, sondern erstaunlich kompliziert.
Und, das kommt dazu, normalerweise sind Opernhäuser für kommunale
Haushalte dicke Probleme, nicht nur wenn – wie in Hamburg – eine
Sanierung ansteht, aber besonders dann.
Wenn
es wirklich stimmt, dass all das in diesem Fall anders läuft, dann
ist es nicht damit getan, dass der Kultursenator bei der Präsentation
der Architektur darauf hinweist, man dürfe sich jetzt auch mal
freuen. Mit mindestens derselben Mühe, mit der sie die Verträge zum
Bau des Opernhauses verhandelt haben, hätten der Hamburger Senat und
auch die Kühne-Stiftung als Geldgeber die Menschen in der Stadt
mitnehmen, einladen, informieren müssen.
Welche
Schnitzer auf dem Weg zum neuen Opernhaus noch passiert sind,
lesen Sie
weiter in der ungekürzten Fassung auf zeit.de, oder ab morgen in
Papierform in der neuen ZEIT:Hamburg-Ausgabe.
DER SATZ
© Marcus Brandt/AFP/Getty Images
„Es
sei Christina Block wichtig gewesen, dass die Kinder vom ersten
Moment an verstünden: Diese Entführer handeln im Auftrag der
Mutter.“
Im
Fall Block sorgt die Aussage des mutmaßlichen Chef-Entführers David
Barkay für Wirbel. Das Protokoll umfasst 327 Seiten und
enthält eine ganze Reihe von Interna zur „Rückholung“ von
Christina Blocks Kindern
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
Die
Sonderausstellung „Druckfrisch
aus den Zwanzigern. Einblicke in Chinas Moderne“ im Museum am Rothenbaum zeigt eine Auswahl Druckgrafiken aus der
weltweit einzigartigen Sammlung des Museums, die zwischen 1927 und
1932 entstand.
Museum
am Rothenbaum, Rothenbaumchaussee 64, bis 12. Juli 2026, geöffnet
dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr
MEINE STADT
Wenn es auf dem Ohlsdorfer Friedhof plötzlich aussieht wie bei Monet © Anke Sörensen
HAMBURGER SCHNACK
Im
Restaurant. Ein Gast sagt: „Das sieht aber gut aus!“ Ein
Angestellter, vermutlich einer der Köche, entgegnet: „Das schmeckt
auch gut. Sollte es zumindest, sonst sagst du Bescheid. Dann rollen
Köpfe!“ Gast: „Und die gibt es dann morgen.“
Gehört
von Lutz Kräckel
Das war
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