Paris – Drei Jahrzehnte nach dem Ende der Wehrpflicht will Frankreich den Dienst an der Waffe wieder möglich machen – diesmal freiwillig. Präsident Emmanuel Macron erklärte am späten Dienstagabend im Gespräch mit dem Radiosender RTL, Russlands Haltung sei „viel aggressiver“ als früher. Der „Pakt zwischen Armee und Nation“ müsse gestärkt werden.
Details will Macron am Donnerstag bei einem Besuch der 27. Gebirgsjägerbrigade in Varces verkünden. Die FAZ berichtete zuerst über die Pläne.
Zugleich dementierte Macron Gerüchte, wonach junge Franzosen auf diese Weise in den Ukraine-Krieg geschickt werden sollen. „Das ist überhaupt nicht der Sinn dieser Initiative“, betonte der Präsident. Erst nach einem Friedensabkommen könnten überhaupt Soldaten nach Kiew entsandt werden, und dann auch nur Berufssoldaten.
▶︎ Anlass für die Spekulationen waren Aussagen von Generalstabschef Fabien Mandon, der vergangene Woche vor Bürgermeistern gesagt hatte, Russland bereite sich auf eine Auseinandersetzung mit dem Westen bis 2030 vor. „Wenn unser Land schwächelt, weil es nicht bereit ist, seine Kinder zu verlieren (…), dann sind wir in Gefahr.“
Macron widersprach; die Worte von Mandon seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Soldaten seien bereit, „ihr Leben für ihr Land zu riskieren und Opfer zu bringen“, das gelte aber nicht für die gesamte Bevölkerung.
Chirac hatte Wehrpflicht abgeschafft
Der Vorstoß kommt zu einer Zeit, in der auch in Deutschland über einen neuen Wehrdienst diskutiert wird. Unsere Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt worden, Frankreich stellte bereits 1996 unter Präsident Jacques Chirac auf eine Berufsarmee um.
Generalstabschef Fabien Mandon (56) hatte den Franzosen mit seinen Aussagen einen Schrecken versetzt
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Der neue freiwillige Wehrdienst in Frankreich soll zehn Monate dauern und Frauen wie Männer betreffen. Nach Informationen der Zeitung „La Tribune“ sollen die Freiwilligen 900 bis 1000 Euro pro Monat erhalten. Im ersten Jahr peilt Frankreich 2000 bis 3000 Rekruten an. Bis 2030 bis 2035 soll die Zahl auf 10.000 bis 50.000 steigen.
Jedes Jahr wirbt die französische Armee bereits rund 20.000 Berufssoldaten an. Insgesamt hat Frankreich rund 205.000 aktive Soldaten, aber nur 47.000 Reservisten – bis 2030 soll deren Zahl auf 80.000 steigen. Nach Einschätzung der Streitkräfte gibt es insbesondere in Bezug auf Juristen, Linguisten oder Ingenieure auch Bedarf an zivilen Kompetenzen.
Zum Vergleich: In Deutschland dienen derzeit etwa 182.000 aktive Soldaten. Die Zahl soll langfristig auf 260.000 steigen.