Bilder aus Leipzig von preisgekröntem Fotografen
Die Stadt und ihre Affekte begreifbar machen: Volkmann versucht es durch Betrachtungen aus immer neuer Perspektive. Mal assoziativ, mal analytisch. Durch den Blick in historische Rückspiegel, durch harte Schnitte und schnelle Blenden. Visuell ergänzt durch Schwarz-Weiß-Bilder des preisgekrönten Fotografen Christian Rothe. Im Fokus stehen dabei etwa die Kämpfe in der Stadt, ihre Spektakel, ihre Atemlosigkeit, ihre Brüche und Widersprüchlichkeiten.
So zeigt sich Leipzig laut Gunnar Volkmann einerseits mit einer unglaublichen, weltgewandten Offenheit. Auf der anderen Seite aber finde eine „Aushöhlung der Innenstadt“ statt, auch durch die Veränderung der Kaufgewohnheiten. Das beobachtet er aber auch in den Kiezen, Stadtteilen, Quartieren.
Leipziger Innenstadt als Spiegel globaler Entwicklungen
Wie in einem Kaleidoskop schieben sich in Volkmanns Essay Momentaufnahmen aus der Stadtgeschichte und Skizzen weltweit prägender Prozesse ineinander: Globalisierung, Corona, Finanz- und Klimakrise. So vermittelt Volkmann: Ob man will oder nicht, Stadtentwicklung unterliegt immer auch dem Einfluss von Faktoren, die ihren Ursprung irgendwo in weiter Ferne haben.
Unwägbar sei zudem die Spielernatur des Menschen. „Wir sind ja heute alle Spieler, bewusst und unbewusst, gezwungenermaßen, freiwillig. Die Spiele finden als Glücksspiele um Boden, um Raum, um Häuser statt. In der besten Tradition eigentlich von Monopoly“, so Volkmann.
Spielräume für Stadtentwicklung werden enger
Selbst der Begriff Monopoly wird im Buch mehrfach abgewandelt. Nach Anti-Monopol und Dystopoly wird dann tatsächlich auch eine Utopie formuliert. Eine Utopie, wie es in Zukunft einmal aussehen könnte, wenn wir einfach eine andere Form finden, mit dem Spiel umzugehen. Nur würden Spielräume für diejenigen, die städtische Räume entwickeln sollten, zuletzt immer enger.
„Innerhalb eines Zeitraums von 30 Jahren hat sich die Zahl der relevanten Normen, Regeln und Gesetze in der Bauwelt verfünffacht, von 5.000 auf 25.000“, schreibt Volkmann in „Taxi nach Leipzig“. „Während der Gründerzeit brauchte man für die Errichtung eines Wohngebäudes circa zwölf Zeichnungen. Heutzutage benötigen wir mindestens 300 Zeichnungen, für insgesamt circa 49.000 Entscheidungen.“
Volkmann formuliert Utopie für die Zukunft Leipzigs
Dennoch versucht Volkmann einen hoffnungsvollen Ausblick zu bieten: Auf eine Stadt, die sich im Einvernehmen entwickelt von Mensch, Natur und Technik. „Es gibt in diesem Buch ein Kapitel, wo ich sehr utopisch tatsächlich auch eine Landschaft entwerfe, wie diese Stadt in Zukunft aussehen könnte“, erzählt Volkmann im Gespräch mit MDR KULTUR. Da würden Bilder von unseren Nachbarländern angeführt, wie zum Beispiel Holland oder Dänemark, was das Fahrradfahren anbelangt: „Um dahin zu kommen, müssen wir jetzt eigentlich sofort beginnen, das so schnell wie möglich auch umzusetzen.“
Wer sich auf „Taxi nach Leipzig“ einlässt, der taucht ein in die vielschichtige Gedankenwelt eines Autors, der einlädt zum Nachdenken über Glück und Elend von städtischem Leben, das immer enger und intensiver wird. Dabei zeigt sich Volkmann durch und durch voreingenommen: Er plädiert für eine Stadtgesellschaft, die nicht nur hinnehmen, sondern kreativ und spielerisch mitgestalten will.