Eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Cannabis-Verbots im Englischen Garten, dem Hofgarten und dem Finanzgarten in München hat der Bayerische-Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) die Regelung gekippt: Das Verbot sei rechtswidrig und damit unwirksam, teilte das Gericht in München mit. Damit sei der Cannabis-Konsum dort wieder erlaubt – sofern die bundesweiten gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Für Cannabis-Konsumenten bleibt in den drei Parks trotzdem eine Unsicherheit. Denn das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Freistaat kann eine Beschwerde gegen „die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht“ einlegen. Vorläufig bleibt es laut Gericht bei der Anordnung vom Sommer, dass im weniger stark besuchten Nordteil des Englischen Gartens konsumiert werden darf. Wie die Polizei angesichts des Urteils mit Cannabis-Konsumenten im südlichen Teil sowie im Hof- und im Finanzgarten umgehen wird, ist noch offen.
Gericht: Verbot nicht hinreichend begründet
Im Juli hatte der Verwaltungsgerichtshof in einer Eilentscheidung das Verbot der Staatsregierung für Nordteil des Englischen Gartens vorläufig ausgesetzt. Jetzt folgte das Hauptsacheverfahren.
In der mündlichen Verhandlung vergangene Woche habe das Gericht darauf hingewiesen, dass neben den bundesweit gültigen Konsumbeschränkungen eine weitergehende Regelung zum Schutz von Park-Besuchern zwar grundsätzlich zulässig sei, erläuterte der BayVGH. Das bayerische Recht verlange hierfür aber eine Gefahr oder erhebliche Belästigung für andere. Die Richter bezweifelten, dass der Freistaat das grundsätzliche Verbot hinreichend begründet habe. Mit der schriftlichen Begründung des Urteils ist in den nächsten Wochen zu rechnen.
Strenge Cannabis-Regeln in Bayern
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte im vergangenen Jahr angekündigt, Bayern werde das bundesweite Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis „extremst restriktiv“ anwenden. Der Freistaat solle „kein Kiffer-Paradies“ werden. Bayerns Gesundheitsministerium veröffentlichte den bundesweit ersten Cannabis-Bußgeldkatalog, per Gesetz wurde der Konsum auf Volksfesten und in der Außengastronomie verboten. Dagegen reichte ein Bündnis aus Bundestagsabgeordneten von SPD, FDP und Linkspartei sowie Cannabis-Verbänden Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof ein.
Darüber hinaus verhängte die Bayerische Schlösserverwaltung, die dem Finanzministerium untersteht, ein Konsumverbot im Englischen Garten, Hofgarten und Finanzgarten in München. Dagegen klagten zwei Männer aus dem Münchner Umland und hatten nun Erfolg.
Ministerin: Bayern bleibt bei restriktivem Kurs
Die Schlösserverwaltung teilte mit, sie nehme das Urteil zur Kenntnis. Es bleibe nun zunächst die konkrete Begründung abzuwarten. „Wir werden diese selbstverständlich genau prüfen.“ Der Schlösserverwaltung sei der Schutz von Nichtrauchern sowie von Kindern und Jugendlichen vor den Auswirkungen von Cannabis ein besonderes Anliegen. Mit dem Konsumverbot seien diese Ziele verfolgt worden.
Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) stellt auf BR-Anfrage klar: „Bayern hält an seinem restriktiven Cannabis-Kurs fest.“ Die Legalisierung von Cannabis zu Konsumzwecken sei vor allem mit Blick auf den Gesundheits- und Jugendschutz falsch gewesen und müsse so schnell wie möglich rückgängig gemacht werden.“ Das Bundesgesetz führe zu einer Normalisierung des Cannabis-Konsums in der Bevölkerung und erweise damit allen Bemühungen um eine Verbesserung der Suchtprävention einen Bärendienst. „Eine Verharmlosung dieser Droge ist verantwortungslos.“
SPD: Wichtiger Erfolg gegen Staatsregierung
Die Rechtsexpertin der SPD-Bundestagsfraktion, Carmen Wegge, zeigte sich sehr erfreut, „über diesen wichtigen Erfolg vor Gericht gegen die bayerische Staatsregierung“. Wegge ist eine der Klägerinnen gegen das bayerische Cannabis-Gesetz. Das Urteil bestätigt ihrer Auffassung nach, dass es keinen Platz für einen bayerischen Sonderweg beim Umgang mit Cannabis gebe.
„Die bayerische Politik muss sich an das Bundesgesetz halten und eine verfassungskonforme, einheitliche Regelung sicherstellen“, betonte die bayerische SPD-Bundestagsabgeordnete. Das Verbot habe die Rechte der Bürgerinnen und Bürger unverhältnismäßig eingeschränkt und den neuen Umgang mit Cannabis hintertrieben.