Liebe Leserin, lieber Leser,
während am Mittwochnachmittag im Rathaus die Bürgerschaft tagte,
versammelten sich am Jungfernstieg rund 100 Menschen zu einer
Kundgebung. Thema: der Bau der neuen Oper in der HafenCity, finanziert
von Klaus-Michael Kühne. „Ein Denkmal für den Holocaust-Profiteur und
Steuerflüchtling“, stand auf einem Pappschild, das sich jemand
umgebunden hatte. „Die Scham ist vorbei, Hamburg sagt Danke für das
vergiftete Geschenk“.
Kühne ist Erbe und langjähriger Chef der
Speditionsfirma Kühne + Nagel, die unter der Leitung seines Vaters
zwischen 1933 und 1945 die Möbel von deportierten Jüdinnen und Juden
abtransportierte und verkaufte und sich damit den Status
„nationalsozialistischer Musterbetrieb“ erwarb. Die Kühne-Stiftung
argumentiert, Kühne selbst sei bei Kriegsende sieben Jahre alt gewesen
und die Firma zu diesem Zeitpunkt fast nichts mehr wert, seinen Reichtum
habe er sich später selbst erworben.
Trotzdem stellt sich die Frage: Kann man, darf man, sollte man sich als Stadt von diesem Mann ein Opernhaus bauen lassen?
Die
Abgeordneten von SPD, Grünen, CDU und AfD befanden: Ja. Und es war
hochinteressant zu verfolgen, wie unterschiedlich sie mit dem
historischen Kontext umgingen, wie sie ihn thematisierten, ihren Umgang
damit verargumentierten.
Ein Großteil der Redner
ignorierte den Umstand. Einer sagte, die dringend notwendige
Aufarbeitung der Firmengeschichte bekomme nun sicher neue Dynamik. Ein
anderer erklärte, bei der Zusammenarbeit mit Kühne handle es sich um
eine „reine Vernunftentscheidung“. Ein dritter sagte, er sei zwar
Anhänger der Idee, sich auf Kühnes Kosten die Oper schenken zu lassen,
nicht aber der historischen Kontexte, und ja, es sei durchaus möglich,
die Chance zu ergreifen, ohne automatisch zu allem anderen Ja und Amen
zu sagen.
© ZON
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Wie das freilich gehen könnte – um das
herauszufinden und eine zugleich dezente und öffentlichkeitswirksame
Lösung zu entwickeln, haben der Senat und die Kühne-Stiftung jetzt
mindestens zehn Jahre Zeit. Mein Gefühl sagt: Sie werden sie brauchen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Ihr Florian Zinnecker
WAS HEUTE WICHTIG IST
Die
Bürgerschaft hat für den Neubau der
Hamburgischen Staatsoper in
der HafenCity
den Weg frei gemacht. Die Abgeordneten von SPD, Grünen, CDU und AfD
stimmten für einen entsprechenden Vertrag zwischen der Stadt und der
Kühne-Stiftung. Nur die Linksfraktion stimmte dagegen. Der Vertrag
sieht vor, dass die Stadt das Grundstück am Baakenhöft
unentgeltlich zur Verfügung stellt und erschließt. Die
Kühne-Stiftung soll den Bau des Opernhauses finanzieren. Der
Milliardär Klaus-Michael Kühne hatte angekündigt, dafür bis zu
340 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
© Marcus Brandt/dpa
Das
Bundesliga-Stadtderby beim HSV hat für
den FC St. Pauli ein teures Nachspiel.
Der Kiezklub ist vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)
„wegen eines unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger“ mit einer
Geldstrafe von 125.000 Euro belegt worden. Beim 2:0-Erfolg des FC St. Pauli beim Stadtrivalen aus dem Volkspark hatten die Fans am 29.
August massiv Pyrotechnik gezündet.
Zwei traditionsreiche
Anbieter von Hafenrundfahrten schließen sich zusammen:
Die Rainer Abicht Elbreederei GmbH & Co. KG übernehme den
laufenden Geschäftsbetrieb von Barkassen Meyer Touristik GmbH &
Co. KG, teilten beide Unternehmen mit. Abicht führe den Namen und
die Marke „Barkassen Meyer“ fort. Die Angebote und Routen blieben
erhalten – nur künftig unter einem gemeinsamen Dach, hieß es. Der
Zusammenschluss wird zum 1. Januar 2026 wirksam. Das gemeinsame
Unternehmen wird 41 Barkassen betreiben.
In aller Kürze
• Wegen des Verdachts illegaler Geldtransfers sind in
Hamburg und Schleswig-Holstein vier Immobilien durchsucht worden,
darunter ein Supermarkt in der Nähe des Hauptbahnhofs •
Die Polizei sucht Zeugen eines Raubüberfalls auf einen Supermarkt
im Stadtteil Marienthal. Der Täter habe sich am späten
Mittwochvormittag zunächst an der Kasse angestellt, teilte die
Polizei mit. Dann habe er die Kassiererin mit einem Messer bedroht
und Geld gefordert • Beim
Anrücken der Polizei hat ein mutmaßlicher Drogenhändler rund
ein Kilo Kokain aus dem Fenster geworfen. Die Beamten
nahmen den 41-Jährigen dennoch fest, wie die Polizei mitteilte. In
der Wohnung im Stadtteil Farmsen-Berne stellten die Ermittler weitere
Drogen sicher, darunter rund ein Kilo Amphetamin
THEMA DES TAGES
© Maximilian Probst/DIE ZEIT
Schnürsenkel-Check! Konzentration! Und packt die Pommbären weg!
Sie haben den
Schulstress weggetanzt, die Prüfungsangst und die Sache mit dem
Mobbing. Nun steht für acht Mädchen der Hamburger HipHop Academy
der große Auftritt an. ZEIT-Autorin Miriam Amro hat die letzte Probe
vor dem Auftritt auf Kampnagel besucht, lesen Sie hier einen Auszug
aus ihrem Artikel.
Heute
das letzte Mal Probe. Die Schrittreihenfolgen, die slides,
die Stelle mit dem Handstand und die Hebefigur müssen jetzt sitzen.
Heute sollen sie noch einmal zeigen, was sie in diesem Jahr gelernt
haben, wie sie zusammengewachsen sind, wie aus acht Mädchen eine
Gruppe geworden ist.
17
Uhr, Hamburg-Billstedt, ekliger Novemberregen. In der HipHop Academy
im Öjendorfer Weg werden die Türen zu den Tanzsälen
aufgeschlossen, die Deckenleuchten angemacht und der schwere Vorhang
zur Seite geschoben, der eben noch eine verspiegelte Wand verdeckt
hat.
Dann
wirbeln sie ins Tanzstudio 1, die acht der Calypso Squad, sie sind
neun, zehn, elf und zwölf Jahre alt, hibbelig vor Aufregung, weil
sie einer Zeitung ein Interview geben werden, sie umarmen sich,
schlurfen zur Musikanlage, werfen ihre Daunenmäntel zu einem Haufen.
Eine von ihnen hat eine Chipstüte mit Pommbären unterm Arm, eine
andere einen XL-Lockenwickler für mehr Volumen im Pony. Wo ist
Dejna?, ruft jemand. Antwort: „Dejna kommt aus Harburg. Voll weit
weg!“
Jetzt
sitzen sie im Halbkreis auf dem Boden, ziehen die Zöpfe zusammen und
die Socken hoch. Ihre Tanzuniform: graue Nike-Trainingsanzüge, weiße
T-Shirts, Sneaker. Jetzt ist auch Dejna da.
„Leute!“,
ruft Andy Calypso, die Trainerin der Calypso Squad, und klatscht in
die Hände. Sie steht am Rand, die Arme verschränkt, aufmerksam,
streng und ein bisschen stolz. „Schnürsenkel-Check! Konzentration!
Und packt die Pommbären weg! Letztes Mal vor der Gala! Let’s go!“
Wie
sich die Mädchen auf ihren Auftritt bei der Gala
„Error 404 – Future not found?“ auf Kampnagel
vorbereiten, lesen
Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf zeit.de.
DER SATZ
© Justin Buchholz/unsplash.com
„Dass jemand aus Hamburg nach Berlin geht und umgekehrt, liegt aus vielerlei Gründen nahe.“
Jede
Großstadt wird geprägt von den Menschen, die es dorthin zieht –
eine interaktive Karte auf zeit.de schlüsselt
auf, woher die Großstadtbewohner stammen.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
In
der Fabrik findet am Sonntag ein Jubiläumskonzert des
Kindermusikprojekts „Unter
meinem Bett“ statt. Das erste Album mit Liedern bekannter Indie-Künstler und
Singer/Songwriter zu Themen aus dem Kinderalltag erschien im Jahr
2015. Am Sonntag sind unter anderem Klaeukens, Bernd Begemann und als
Special Guest DJ Kekse dabei.
„Unter
meinem Bett“, 30. November, 15 Uhr, Einlass ab 14 Uhr, Fabrik,
Barnerstraße 36; Tickets
bekommen Sie hier.
MEINE STADT
Sonnenuntergang am Isebekkanal © Margit Kruse
HAMBURGER SCHNACK
An
einer Fischbude an den Landungsbrücken. Sagt ein Mann zum Verkäufer:
„Ich hab gehört, du bist zu Hause!“ – „Wenn ich sag, ich bin zu
Hause, dann mein ich, ich bin hier!“
Gehört
von Wiebke Neelsen
Das war
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