Die Zapfsäule für Wasserstoff an der Total-Tankstelle am Schlütershof in Kaßlerfeld wird zum Jahresende abgebaut. Das teilt der Betreiber H2 Mobility mit. In Duisburg, das gern „Wasserstoff-Hauptstadt“ werden will, gibt es dann keine öffentliche Tankstelle mehr für den Treibstoff. Besitzer von Brennstoffzellen-Fahrzeugen sind enttäuscht.

Duisburger Mirai-Fahrer: Ich reite ein totes Pferd

Als ehemaliger Pfarrer der Kreuzeskirche in Marxloh (1982-1999) ist Wolfgang Tereick ein Mann des Glaubens. Dass er an die Zukunft der Brennstoff-Zelle in Pkw-Antrieben und den Versprechen der Tanknetz-Betreiber glaubte, ärgert ihn mittlerweile: „Es war ohnehin die einzige Tankstelle in der Region. Wer ein solches Auto hat, ist in den Hintern gekniffen“, sagt der 73-Jährige.

Der Satz auf dem Heck seines Toyota Mirai liest sich wie eine Warnung: „Mit dem Wasserstoff-Auto bin ich nicht innovativ, ich reite ein totes Pferd.“ Neben Duisburg stellt H2 Mobility an 13 weiteren Standorten die Versorgung ein, bundesweit bleiben dann nur noch 47 Wasserstoff-Zapfsäulen. Wer, wie Wolfgang Tereick, öfter weitere Fahrten unternimmt, um Kinder in Berlin, München oder Paris zu besuchen, muss gut planen. „Zwischen Duisburg und Berlin gibt es nur eine Tankstelle in Magdeburg. Wenn es da eine Störung gibt, stehe ich auf dem Schlauch“, sagt er. Mit einer Füllung kommt er gut 450 Kilometer weit.

Den Mirai, einer der wenigen Pkw-Modellen mit Brennstoffzelle, kaufte er 2023 als Jahreswagen. „Ich brauchte nach einer Hüft-OP ein großes Auto mit einer niedrigen Schwelle und wollte auch etwas für die Umwelt tun“, berichtet der Pfarrer im Ruhestand, der in Laar wohnt. Der Benzinpreis kratzte an der 2-Euro-Marke, ein Kilo Wasserstoff (reicht für rund 100 Kilometer) kostete 12 Euro. „Damit war der Antrieb konkurrenzfähig, zumal der Ausbau des Tankstellen-Netzes in Aussicht gestellt wurde.“

Seine Verärgerung über die Entwicklung der Wasserstoff-Mobilität hat Wolfgang Tereick auf das Heck seines Wagens geschrieben.

Seine Verärgerung über die Entwicklung der Wasserstoff-Mobilität hat Wolfgang Tereick auf das Heck seines Wagens geschrieben.
© FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Betreiber H2 Mobility setzt künftig auf Busse und Lkw mit Brennstoffzelle

Es kam anders: Der Spritpreis liegt aktuell bei 1,70 €, für Wasserstoff liegt der Kilopreis nun bei 18,25 Euro. Die Tankstellen „wurden für einen Pkw-Markt erbaut, welcher sich in den vergangenen Jahren nicht wie erwartet entwickelt hat“, begründet Martin Jüngel, Geschäftsführer und CFO von H2 Mobility, die Schließungen. Sein Unternehmen werde in eine neue Generation von Wasserstoff-Tankstellen investieren, an denen Busse und Lkw mit 350-Bar-Systemen in weniger als 15 Minuten ihre Tanks füllen können.

Pkw-Besitzern hilft das kaum. Denn ihre Autos haben 700-Bar-Systeme. Notfalls können sie auch an einer 350-Bar-Säule zapfen, der Tank füllt sich dann aber nur zur Hälfte. Eine Umrüstung, die eine andere Kühl- und Speichertechnik erfordert, wäre nicht billig. Dabei war schon der Bau der Anlage in Kaßlerfeld kein Schnäppchen: Rund 700.000 Euro betrug allein die Förderung aus dem EU-Projekt COHRS für die 2019 gebaute Duisburger Station. Eine Betriebsverpflichtung bestand aber nur bis zum Ende der Projektlaufzeit Ende 2020.

Wird grüner Wasserstoff zum Brennstoff der Zukunft für die Duisburger Stahlindustrie? Bei Thyssenkrupp Steel ist eine DRI-Anlage im Bau, doch der Hochlauf der Produktion kommt nicht recht in Gang.

„Unglaublich, wie viel Geld da versenkt wurde“, findet Wolfgang Tereick, der seit dem Kauf erlebt, wie das Tanknetz dünner wird. „In Mülheim wurde schon vor zwei Jahren geschlossen, Ratingen ist seit dem Sommer dicht, Essen schließt auch zum Jahresende.“ Mit der Zahl der Zapfsäulen sinkt auch die der Wasserstoff-Autos. Noch 2023 waren es 2139 Privat-Pkw bundesweit, aktuell sind es 1638, hat Tereick recherchiert.

Die meisten Fahrzeuge bei DVG und Müllentsorgung

Beim Duisburger Straßenverkehrsamt sind elf Wasserstoff-Fahrzeuge auf private Halter zugelassen.

Bei der DVG fahren 25 Busse mit Brennstoffzellen, sieben Fahrzeuge für die Müllentsorgung sind es bei den Wirtschaftsbetrieben.

Drei solcher Fahrzeuge sind seit Ende 2021 und noch bis Ende 2026 bei der Stadtverwaltung in der Nutzung, ein weiteres war bis Januar 2025 zugelassen.

Weitere zwei Dienstfahrzeuge betreibt das Zentrum für Brennstoffzellen-Forschung (ZBT) der Uni Duisburg-Essen, das an der Carl-Benz-Straße über eine eigene Zapfsäule verfügt.

Nächsten Zapfsäulen stehen bald in Düsseldorf oder Herten

Wie sieht seine automobile Zukunft aus? Der Toyota, für 31.000 Euro erworben, dürfte unverkäuflich sein, vermutet der Duisburger. Die nächstgelegenen Tankstellen sind in Düsseldorf oder nahe der A2 bei Herten/Recklinghausen. „Meine Freunde in Düsseldorf werde wohl bald öfter besuchen“, sagt Wolfgang Tereick.

Seine letzte Duisburger Hoffnung ruht auf der DVG. Die betankt ihre 25 Wasserstoff-Busse auf dem Betriebshof am Unkelstein derzeit noch mit einem mobilen System von Air Liquide, im nächsten Jahr soll eine feste Station gebaut werden. „Vielleicht“, hofft Wolfgang Tereick, „gibt es ja die Möglichkeit, dort die wenigen Pkw-Besitzer auch tanken zu lassen.“