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Trump blickt hoffnungsvoll auf das Ukraine-Abkommen, doch Moskau mahnt: Die USA müssen die Zusagen vom Alaska-Gipfel befolgen. Nur welche existieren wirklich?
Moskau/Washington D.C. – Während alle Welt auf den kürzlich ausgearbeiteten Ukraine-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump schaut, ist das letzte Treffen von Trump und Wladimir Putin im August in Alaska in den Hintergrund gerückt. Dass damals keine konkreten Beschlüsse an die Öffentlichkeit geraten sind, scheint aber für die aktuellen Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg nun von größerer Bedeutung zu werden.
Putins Offizielle sollen die Unklarheit nach dem Alaksa-Gipfel zwischen Trump und Putin im August 2025 nutzen. © Christian Ohde/Zuma Press Wire/IMAGO/Montage
Denn laut dem amerikanischen Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) nutzen russische Offizielle „die Unklarheit über den Ausgang des US-russischen Alaska-Gipfels“, um „die anhaltende Kompromissunwilligkeit des Kremls und sein Festhalten an seinen Maximalforderungen zu verschleiern“. Denn der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte am Dienstag (25. November), die russische Haltung zu den Friedensvorschlägen werde sich „grundlegend“ ändern, sollte der aktualisierte Friedensplan den „Geist und Wortlaut“ der angeblichen Vereinbarungen des Alaska-Gipfels „auslöschen“.
Russlands wahren Ziele im Ukraine-Krieg: Demilitarisierung und Entnazifizierung
Was der Kreml unter den vage formulierten „Grundursachen“ des Ukraine-Kriegs versteht, wird aus dem ISW-Bericht deutlich: Es sind die ursprünglichen Kriegsziele von 2021 und 2022. Putin bekräftigte diese auch noch 2023. Es sind dieselben, die er bereits zu Beginn der Invasion der Ukraine im Februar 2022 genannt hatte: Das Land müsse „demilitarisiert und entnazifiziert“ werden, berichtete damals die Zeit. Letzteres hat Putin laut der Financial Times im Rahmen der aktuellen Verhandlungen bereits erreicht, denn Kiew soll zugestimmt haben, seine Streitkräfte auf 800.000 Soldaten zu begrenzen. Zur Einordnung: Aktuell verfügt die Ukraine über rund 900.000 aktive Soldaten.
Ein russischer Akademiker, der enge Verbindungen zu hochrangigen russischen Diplomaten unterhält, bestätigte gegenüber der Washington Post die Härte der russischen Position: Der 28-Punkte-Plan sei für Russland „nicht gut genug“, da er diese fundamentalen Forderungen nicht erfülle. Putin wolle Trump nicht als „Haupthindernis für den Frieden“ erscheinen lassen, doch wie flexibel er tatsächlich sein werde, bleibe unklar.
Trump trifft Putin in Alaska: Die Geschichte ihrer Beziehung in Bildern
Fotostrecke ansehenGeheimnis um Alaska-Gipfel: Putins mögliche Forderungen aus Istanbul-Vereinbarungen sichtbar
Als Grundlage zur Analyse für Russlands weiteres Vorgehen nutzt das ISW die Istanbul-Vereinbarungen von 2022, um mögliche künftige Abkommen zu erklären. Diese Vereinbarungen, so das ISW, dokumentierten klar und öffentlich Russlands maximalistische Forderungen nach einer Kapitulation der Ukraine. Der Kreml nutze nun die fehlenden offiziellen Dokumente vom Alaska-Gipfel, um sich als williger Verhandlungsteilnehmer zu zeigen, der zu Kompromissen bei seinen ursprünglichen Kriegsforderungen bereit sei.
Dass Putin tatsächlich nicht zu echten Zugeständnissen bereit ist, zeigt sich auch an der Haltung seiner wichtigsten Unterstützer. Russische ultranationalistische Militärblogger lehnten die Friedensvorschläge am Montag (24. November) weiterhin kategorisch ab und forderten die Fortsetzung des Krieges. Dies demonstriere, so das ISW, „wie sehr es dem Kreml nicht gelungen ist, Bedingungen zu schaffen, unter denen das russische Volk etwas anderes als einen vollständigen russischen Sieg in der Ukraine akzeptieren würde“.
Überblick: Die wichtigsten Forderungen des ursprünglichen 28-Punkte-Plans von Trump
- Territoriale Zugeständnisse: Russland erhält die gesamte Donbass-Region und die Krim als „de facto anerkannt“, auch von den USA und die Ukraine darf nicht versuchen, die verlorenen Gebiete militärisch zurückzuholen
- Militärische Beschränkungen: Die Ukraine muss ihre Armee auf 800.000 Soldaten reduzieren und auf Raketen verzichten, die Moskau erreichen können
- Neutralitätsstatus: Die Ukraine verzichtet auf einen NATO-Beitritt und verankert dies verfassungsrechtlich
- Politische Forderungen: Präsident Selenskyj muss innerhalb von 100 Tagen nach dem Waffenstillstand bestimmte Bedingungen erfüllen und Russland wird wieder in die G7 aufgenommen (wird zur G8)
- Sicherheitsgarantien im Gegenzug: Das Abkommen verspricht militärische Maßnahmen gegen Russland sowie die Wiedereinführung von Sanktionen, falls Russland die Ukraine erneut angreifen sollte
Trump bekräftigt Optimismus zu Ukraine-Abkommen: Europäer pochen auf Mitsprache
Und trotz alledem zeigt sich US-Präsident Trump weiterhin optimistisch: Der ursprüngliche 28-Punkte-Friedensplan sei mit ukrainischen und russischen Eingaben zu einem 19-Punkte-Plan „verfeinert“ worden, so Trump am Dienstag (25. November). „Nur noch wenige Punkte“ seien strittig, so Trump. Seine Sondergesandten führten bereits Gespräche mit russischen Delegationen in Abu Dhabi.
Außerdem bestätigte Russland am Mittwoch (26. November) ein zuvor von Trump angekündigtes Treffen seines Sondergesandten Steve Witkoff mit dem russischen Staatschef Putin in Moskau. Kremlberater Juri Uschakow nannte Teile des US-Plans „positiv“, Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Verhandlungen als „ernsthaft“. Europäische Spitzenpolitiker beharrten unterdessen auf ein Mitspracherecht der Europäer. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte bei der Generaldebatte im Bundestag, über „europäische Angelegenheiten“ könne „nur im Einvernehmen mit Europa entschieden werden“.
Rüge an Europäer: Kremlberater nennt Bemühungen im Ukraine-Krieg „völlig unnötig“
Kremlberater Uschakow kritisierte die Bemühungen der Europäer um eine Beteiligung an den Gesprächen. „Die Einmischung der Europäer in all diese Angelegenheiten ist meiner Meinung nach völlig unnötig“, sagte er im Staatsfernsehen. Delegationen der USA, der Ukraine und mehrerer europäischer Staaten, darunter Deutschland, hatten am Sonntag (23. November) in Genf Verhandlungen über einen am 21. November von den USA vorgelegten 28-Punkte-Plan zur Beendigung des Ukraine-Krieges geführt. Der Plan wurde in seiner ursprünglichen Fassung weithin als für Moskau vorteilhaft eingestuft.
Ungeachtet der diplomatischen Bemühungen startete Russland einen Großangriff auf Saporischschja im Südosten der Ukraine. Dem Chef der örtlichen Militärverwaltung zufolge wurden bei dem Angriff sieben Hochhäuser beschädigt. Zwölf Menschen seien ins Krankenhaus eingeliefert worden. In der Nacht zuvor hatten heftige Explosionen die ukrainische Hauptstadt Kiew erschüttert. Nach Behördenangaben wurden sieben Menschen getötet. (Quellen: dpa, ISW, The Financial Times, Washington Post) (bg)