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China ist für Russland ein unverzichtbarer Partner im anhaltenden Ukraine-Krieg. Dafür bezahlt Moskau einen hohen Preis. Bekommt die Freundschaft Risse?

Moskau/Peking – In seinem Fünf-Jahres-Plan hat sich China im Jahr 2020 für mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit entschieden. Der wissenschaftliche Dienst der Deutschen Bundestags schrieb damals, dass das Land so mit „Handelsbeschränkungen und möglichen künftigen Sanktionen“ besser umgehen wolle. Übertragen auf heute, lässt sich im Handel bereits eine gewisse Ehrfurcht in Peking vor westlichen Sanktionen feststellen – vor allem in Bezug auf den Ukraine-Krieg und die Handelsbeziehungen mit Russland.

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping Die Beziehung zwischen Russland und China ist vor allem wirtschaftlich bedingt. © KIRILL KUDRYAVTSEV/AFP

Die Sanktionen gegen russische Öl-Riesen aus Washington haben bereits zum Rückgang beim Import russischer Öl-Produkte nach China gesorgt. Wie Reuters unter Berufung auf Handelskreise berichtete, sucht etwa der chinesische Raffineriebetrieb Yanchang Petroleum nach Rohöl, das nicht aus Russland stammt. Auch andere Unternehmen, so etwa chinesische Staatskonzerne, haben sich bereits von Moskau abgewendet. Was Russland aber noch weiter in die Enge treiben könnte: China plant wohl den Verkauf von wichtigen Kriegstechnologien an den Kreml empfindlich zu verteuern.

Kritische Militärtechnik für den Ukraine-Krieg: China zieht die Preise für Russland massiv an

Wie die unabhängige Moscow Times unter Berufung auf eine Studie des Instituts für Schwellenländer der Bank von Finnland (BOFIT), ziehen chinesische Exporteure die Preise für „wichtige Güter“, die vor allem in der Verteidigung Russlands eingesetzt werden, drastisch an. So seien viele Waren, die chinesischen Exportkontrollen unterliegen, zwischen 2021 und 2024 im Schnitt um 87 Prozent teurer geworden.

Für andere Länder, die ähnliche Waren aus China kaufen, seien die Preise im gleichen Zeitraum lediglich um durchschnittlich neun Prozent gestiegen. Ist China doch nicht der treue Freund Moskaus, den Wladimir Putin nicht müde wird zu betonen? Im September dieses Jahres hat der russische Präsident die Beziehungen zu Peking noch als auf einem „beispiellos hohen Niveau“ beschrieben, wie etwa CNN berichtete. Doch für China könnte Russland vor allem eines sein: eine gute Möglichkeit, seine Waren zu hohen Preisen zu verkaufen.

Putins Verbündete: Diese Länder stehen im Ukraine-Krieg an der Seite RusslandsRusslands Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen der Gemeinschaft unabhängiger StaatenFotostrecke ansehenAsymmetrische Abhängigkeit – Chinas Marktmacht über Russland wird deutlich

Zu diesem Schluss kommen auch die Analysten vom European Union Institute for Security Studies (EUISS). Die beiden Länder würde zwar eine pragmatische und ideologische Partnerschaft verbinden. Doch Chinas Unterstützung für Russland sei „nicht grenzenlos“, wie es in einer Mitteilung vom Oktober hieß. „Peking hat es vermieden, einen hohen wirtschaftlichen und politischen Preis für seine Hilfe zu zahlen: Moskau ist zunehmend abhängiger geworden“, schreiben die Analysten. „China wiederum hat die Asymmetrie in der Beziehung ausgenutzt, indem es Russland als Absatzmarkt für seine Exporte verwendet.“

Demnach werde die chinesische Regierung unter Xi Jinping trotz ideologischer und politischer Sympathie immer auch den wirtschaftlichen Vorteil einer solchen Partnerschaft mitdenken. „China passt sein Verhalten an, wenn Unterstützung mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen verbunden wäre. Dies zeigt sich in verschiedenen Kennzahlen, am deutlichsten jedoch im Rückgang der Exporte von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, wenn strenge Sekundärsanktionen verhängt werden.“

Für Europa und seine Entscheidungsträger gelte deswegen, die wirtschaftliche Kalkulation zwischen Russland und China zu gestalten. „Die EU verfügt über ein größeres Druckmittel, als allgemein angenommen wird, und dieses sollte stärker genutzt werden, insbesondere in Form von Sekundärsanktionen.“ Solche Sanktionen beschreiben Maßnahmen, die sich nicht direkt gegen China richten, sondern dann greifen, wenn Handel mit einem sanktionierten Land – etwa Russland – führt.

„Verhält sich nicht wie ein Verbündeter“ – Russland und China im Beziehungsstress

Die Erkenntnis, dass China nicht ohne jede Bedingung an der Seite Russlands steht, sondern vornehmlich seine eigenen Interessen verfolgt, scheint sich auch im Kreml breitzumachen. „China verhält sich nicht wie ein Verbündeter“, erklärte eine anonyme Quelle aus dem Umfeld der russischen Regierung gegenüber Reuters. „Manchmal lässt es uns im Stich und stellt die Zahlungen ein, manchmal nutzt es uns aus, manchmal ist es schlichtweg Raub – von einem Bündnis kann da keine Rede sein.“

Die chinesische Regierung lässt sich dagegen wenig von den Rissen in der Partnerschaft anmerken. Vielleicht auch, weil der wirtschaftliche Fünf-Jahres-Plan keinen Grund für einen vorschnellen Bruch mit dem ideologischen Verbündeten vorsieht. „Die Grundlage der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten ist weiterhin solide“, zitiert Reuters einen Sprecher des chinesischen Außenministeriums. „China blickt voller Zuversicht in die Zukunft der chinesisch-russischen Zusammenarbeit.“ (Quellen: Reuters, Moscow Times, European Union Institute for Security Studies) (nhi)