Präsident Donald Trump hat den bewaffneten Angriff auf zwei Nationalgardisten in der US-Bundeshauptstadt Washington als „Akt des Terrors“ bezeichnet und drastische politische Konsequenzen angekündigt. Da es sich bei dem mutmaßlichen Täter laut Behördenangaben um einen Afghanen handelt, kündigte Trump umfassende Überprüfungen aller Afghaninnen und Afghanen an, die unter seinem demokratischen Vorgänger Joe Biden in die USA eingereist waren.
In einer Ansprache äußerte sich US-Präsident Donald Trump zu den Vorfällen in WashingtonBild: youtube.com/The White House
Zugleich erklärte der Republikaner, er werde „alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass alle Ausländer aus allen Ländern abgeschoben werden, die nicht hierhergehören oder unserem Land keinen Nutzen bringen“. Zudem ordnete er die Entsendung von rund 500 weiteren Soldatinnen und Soldaten der Nationalgarde nach Washington an.
In einer Videobotschaft bezeichnete Trump den Angriff als „abscheulichen Akt des Bösen, des Hasses und des Terrors“. „Es war ein Verbrechen gegen unsere gesamte Nation“, sagte er. Der Vorfall ereignete sich am Vorabend des landesweit bedeutenden Thanksgiving-Feiertags.
Der Angriff
Am Mittwochnachmittag (Ortszeit) eröffnete ein Schütze nahe der U-Bahn-Station Farragut West in der Nähe des Weißen Hauses das Feuer auf zwei Nationalgardisten. Nach Angaben der Polizei bog der Täter um eine Ecke und schoss sofort.
Der Angriff ereignete sich unweit des Weißen Hauses – die Sicherheitsmaßnahmen wurden verstärktBild: Andrew Leyden/Getty Images
Weitere Angehörige der Nationalgarde hörten die Schüsse, griffen ein und überwältigten den Verdächtigen, nachdem dieser zu Boden gegangen war. Wenige Augenblicke später traf die Polizei ein. Die demokratische Bürgermeisterin Muriel Elizabeth Bowser sprach von einem gezielten Angriff.
Die Opfer
Bei den beiden lebensgefährlich verletzten Nationalgardisten handelt es sich um Angehörige der Einheit aus dem US-Bundesstaat West Virginia. Medien berichteten zunächst unbestätigt, es seien eine Soldatin und ein Soldat. Die Bundespolizei FBI und die Bürgermeisterin erklärten später gemeinsam, beide befänden sich in einem kritischen Zustand – zuvor hatte es widersprüchliche Angaben gegeben.
Der mutmaßliche Täter
Den bisherigen Erkenntnissen zufolge handelt es sich um einen 29-jährigen Afghanen, der 2021 in die USA kam und 2025 – nach Trumps Amtsantritt – Asyl erhielt. Trump erklärte, der Verdächtige sei gefasst und schwer verletzt. Behörden bestätigten, dass er angeschossen wurde.
US-Medien berichten, der Mann habe in Afghanistan für das US-Militär gearbeitet. Er soll mit dem US-Auslandsgeheimdienst CIA und weiteren Regierungsstellen zusammengearbeitet haben und war im September 2021 evakuiert worden. Über sein Motiv ist bislang kaum etwas bekannt. Unklar bleibt, warum er gezielt auf die beiden Nationalgardisten schoss.
Die politischen Konsequenzen
Trump nannte den Schützen ein „Tier“ und erklärte, er müsse „den höchstmöglichen Preis bezahlen“. Er sprach zudem von einem „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Als Konsequenz forderte Trump eine erneute Überprüfung „jeder einzelnen Person“, die während Bidens Präsidentschaft aus Afghanistan eingereist sei. Die Einwanderungsbehörde USCIS kündigte daraufhin an, die Bearbeitung aller Einwanderungsanträge afghanischer Staatsbürger mit sofortiger Wirkung auszusetzen.
FBI-Direktor Kash Patel (M.) und die Washingtoner Bürgermeisterin Muriel Elizabeth Bowser geben Auskunft über die bisherigen ErmittlungenBild: Drew Angerer/AFP
Trump bezeichnete Afghanistan als „Höllenloch auf Erden“ und behauptete, Millionen Menschen seien unter Biden ohne angemessene Kontrollen ins Land gekommen.
US-Vizepräsident JD Vance kündigte an, die Bemühungen der US-Regierung um Abschiebungen zu verstärken. „Zuerst werden wir den Schützen vor Gericht bringen und anschließend müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln, Leute ohne das Recht in unserem Land zu sein, zu deportieren“, erklärte Vance auf der Online-Plattform X.
Die Rolle der Nationalgarde in Washington
Die Nationalgarde ist eine militärische Reserveeinheit, die normalerweise den Bundesstaaten untersteht und bei Naturkatastrophen, Unruhen oder Notlagen zum Einsatz kommt. In bestimmten Fällen übernimmt jedoch der Präsident das Kommando. Für Washington gelten dabei Sonderregeln, da die Hauptstadt kein eigener Bundesstaat ist.
Seit August sind etwa 2200 Nationalgardisten in der Stadt im Einsatz. Trump hatte ihre Präsenz mit angeblich steigender Kriminalität begründet – eine Darstellung, die umstritten ist und von Statistiken nicht gestützt wird.
Seit dem Sommer sind rund 2200 Nationalgardisten in Washington stationiert (Archivbild)Bild: Jack Gruber/picture alliance
Die Stadt hatte juristisch gegen den Einsatz geklagt. Eine Bundesrichterin erklärte die Mobilisierung jüngst für unzulässig. Sie setzte ihre Entscheidung jedoch bis zum 11. Dezember aus, um der US-Regierung Gelegenheit zu geben, Rechtsmittel einzulegen.
Verteidigungsminister Pete Hegseth kündigte an, die Entsendung der zusätzlichen 500 Nationalgardisten vorzubereiten. Der Einsatz habe Washington sicherer gemacht, erklärte er. Der Angriff werde die „Entschlossenheit“ der Regierung „nur noch verstärken“.
Die Reaktionen
In dem angespannten politischen Klima der USA entfachte der Vorfall sofort Debatten über Verantwortung und Sicherheit. Heimatschutzministerin Kristi Noem machte Bidens Regierung indirekt verantwortlich und behauptete, der Afghane sei ohne ausreichende Überprüfung ins Land gekommen. Erste republikanische Abgeordnete forderten drastische Maßnahmen gegen Ausländer.
Demokraten mahnten hingegen zu Besonnenheit. Der demokratische Senator Jack Reed erklärte, es brauche jetzt „Ruhe, Mitgefühl und Einheit“.
Die ehrenamtlich geführte, gemeinnützige Organisation AfghanEvac warnte davor, den Angriff politisch „auszuschlachten“. Die isolierte Tat eines Einzelnen dürfe nicht genutzt werden, um eine ganze Gemeinschaft zu diskreditieren, hieß es. Dies trage nicht zur Sicherheit bei, sondern verstärke die gesellschaftliche Spaltung.
pgr/se (dpa, afp, rtr, ap)