Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Finanzminister Anton Siluanow hatten in der Vergangenheit gleich mehrfach beteuert, dass man die Steuern im eigenen Land mindestens bis ins Jahr 2030 unangetastet lassen und nicht erhöhen will.
Um das gewaltige und stetig wachsende Haushaltsdefizit zu bewältigen und die hohen Ausgaben infolge des anhaltenden Kriegs gegen die Ukraine abzufedern, scheint eine Steuererhöhung unter Finanzexperten allerdings unausweichlich.
Ende September teilte Siluanow schließlich Steuererhöhungen mit. Am 18. November verabschiedete die Staatsduma dann in zweiter Lesung den Entwurf des neuen Haushaltsplans für das Jahr 2026. Dieser sieht nicht nur eine generelle Erhöhung der Mehrwertsteuer von derzeit 20 auf 22 Prozent vor, sondern auch höhere Steuern für kleine bis mittlere Unternehmen.
Unmut in Russlands Bevölkerung: Wie weit wird Putin es treiben?
Der Direktor des Berliner Thinktanks „Carnegie Russia Eurasia Center“, Alexander Gabuev, sagte „Bloomberg“ zufolge, dass Russlands Präsident Wladimir Putin noch nicht bereit sei, den Ukrainekrieg zugunsten des Wohlstands der eigenen Bevölkerung zu beenden.
„Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Indikatoren wäre es im besten Interesse Russlands, den Krieg jetzt zu beenden. Um den Krieg jedoch beenden zu wollen, muss man den Abgrund vor Augen haben. Russland ist noch nicht so weit.“ Solange diese Erkenntnis ausbleibe, werde sich die Lage für die russische Bevölkerung voraussichtlich noch verschlimmern.
In dem Rahmen wurde auch ein Gesetzentwurf verabschiedet, der Käufer von importierten Haushalts- und Elektronikgeräten mit einer sogenannten Technologieabgabe zusätzlich zur Kasse bittet. Wie unter anderem das US-amerikanische Nachrichtenmedium „Bloomberg“ berichtet, soll infolge einer Erhöhung der staatlichen Recyclingsteuer auch die allgemeine Kfz-Steuer ansteigen.
„Bloomberg“ berichtet in dem Zusammenhang von einer prekären Wirtschaftslage in Russland, die sich mittlerweile „auf nahezu jeden Aspekt des täglichen Lebens der Russen“ auswirkt. So erzählte eine Bewohnerin Moskaus dem Medium, dass sie ihr Kaufverhalten wegen gestiegener Preise grundlegend verändert habe und infolge überteuerter Importprodukte fast nur noch einheimische Produkte kaufe. „Die Preise steigen jetzt schneller als die Löhne“, wird die 27-jährige Moskauerin zitiert.
Moskau gibt Leitfaden für Russlands Medien heraus
Derweil berichtet das unabhängige russischsprachige Online-Medium „Meduza.io“, dass es Putin durchaus bewusst sein dürfte, dass die jüngsten Maßnahmen bei der Bevölkerung alles andere als Begeisterungsstürme hervorrufen dürften.
Der Mann, dessen Name in der Steuerberichterstattung nicht mehr genannt werden darf: Wladimir Putin.
© AFP/ALEXANDER KAZAKOV
Dem in Russland verbotenen Medium liegt ein Leitfaden für staatliche und regierungsfreundliche Medien vor, der von Mitarbeitern des Präsidialamtes erstellt und in Umlauf gebracht worden sein soll. „Die Anleitung soll den zensierten Medien helfen, unangenehme Themen so zu behandeln, wie es dem Kreml gelegen kommt“, schreibt „Meduza.io“. Der Leitfaden gibt mehrere Empfehlungen, welche Narrative verbreitet werden sollen.
1. Der Westen ist schuld
Dem Leitfaden zufolge soll das Narrativ verbreitet werden, dass der Westen schuld an der wirtschaftlichen Misere und auch an den bevorstehenden Steuererhöhungen ist. Weil die Ukraine und ihre verbündeten Partner ihre Militärausgaben erhöhen, müsse Moskau „gezwungenermaßen“ gleichziehen – zulasten des eigenen Haushalts. Demnach diene die Steuererhöhung vorrangig dazu, weiterhin die Sicherheit des eigenen Landes zu gewährleisten.
In seinem Leitfaden vollzieht Moskau einen bemerkenswerten Wandel. Anstatt Aussagen führender Nato-Persönlichkeiten und europäischer Regierungschefs in sonst gängiger Manier zu verhöhnen, sollten nun die militärischen Äußerungen der Ukraine-Partner mit aller Eindringlichkeit wiedergegeben werden, um die „Ernsthaftigkeit ihrer Absichten“ zu betonen.
2. Putin aus dem Thema heraushalten
Die Autoren des Leitfadens empfehlen den Medien außerdem „dringend“, dass man in der Berichterstattung über die Steuererhöhung den russischen Präsidenten nicht namentlich erwähnen sollte. Die Maßnahme ziele laut „Meduza.io“ darauf ab, „dass die Russen unpopuläre Entscheidungen nicht mit den Handlungen Wladimir Putins persönlich in Verbindung bringen“.
3. So schlimm ist es nicht
Im Leitfaden wird außerdem betont, dass ein beträchtlicher Teil der Einnahmen dazu genutzt werden soll, die Sozialleistungen aufrechtzuerhalten. Die Medien werden dazu angehalten, die Konsumenten davon zu überzeugen, dass eine „kleine Steuererhöhung“ definitiv besser für sie sei als Kürzungen bei den Sozialausgaben.
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Auch hier dient der Westen wieder als Schreckensbeispiel für Zustände, die man in Russland nicht haben möchte. Die Medienschaffenden sollen der Anleitung folgend Beispiele europäischer Länder anführen, die angeblich mittels staatlicher Beschlüsse die „Sozialausgaben kürzen, um neue Waffen zu finanzieren“.