
Wie muss sich der Wehrdienst in Zeiten neuer Bedrohungen ändern? Frankreich diskutiert das ähnlich wie Deutschland. Präsident Macron kündigte nun einen neuen Freiwilligendienst an. Die Wehrpflicht bleibt ausgesetzt – zumindest vorerst.
In einer recht martialischen Inszenierung vor Gebirgsjägereinheiten in Varces bei Grenoble hielt Emmanuel Macron seine erwartete Rede.
Umgeben von Soldatinnen und Soldaten in Feldanzügen sowie jungen Freiwilligen wandte sich der französische Präsident in seiner verfassungsmäßigen Rolle als Oberster Befehlshaber der französischen Streitkräfte an die Nation:
Ein neuer Nationaler Dienst wird ab dem Sommer nächsten Jahres eingeführt. Dieser Dienst verfolgt drei Ziele: Den Pakt zwischen unserer Nation und der Armee zu stärken, die Widerstandskraft unserer Nation zu erhöhen und die Ausbildung unserer jungen Leute zu festigen.
30.000 zusätzliche Reservisten in fünf Jahren
Der neue Freiwilligendienst richtet sich an die 18- und 19-Jährigen und soll zehn Monate dauern. Schon im nächsten Jahr sollen die ersten 3.000 Freiwilligen aufgenommen werden. Ziel ist es, dass die Zahl der Wehrdienstleistenden in den nächsten zehn Jahren auf 50.000 ansteigt.
Damit hätten die französischen Streitkräfte dann eine Soll-Stärke von rund 250.000 Männern und Frauen. Aber der französischen Regierung geht es vor allem darum, die Zahl der Reservisten in den nächsten fünf Jahren von derzeit knapp 50.000 auf 80.000 zu erhöhen.
Freiwillige nur auf französischem Staatsgebiet
Und der neue Freiwilligendienst sei rein auf die Heimatverteidigung ausgerichtet, betonte Macron: „Es ist klar, dass unsere jungen Leute nur auf dem nationalen Territorium und nur dort dienen werden.“ Das heiße, auf dem französischen Festland und in den französischen Überseegebieten, so der Präsident.
Diese Feststellung steht in Frankreich im Zusammenhang mit jüngsten Äußerungen des obersten Armeechefs. Der Fünf-Sterne-General Fabien Mandon hatte vor einigen Tagen gewarnt, dass Frankreich angesichts der anstehenden Bedrohung durch Russland auch bereit sein müsse, „seine Kinder zu verlieren“.
„Unsere Nation darf keine Angst haben“
Macron hatte diese Äußerungen Anfang der Woche bereits wieder einfangen müssen und klargestellt, dass es nicht darum gehe, Frankreichs Jugend zum Krieg in die Ukraine zu schicken.
Aber auch der französische Präsident schwor bei seinem feierlichen Auftritt vor den Soldaten bei Grenoble die Franzosen auf künftige militärische Konfrontationen ein: „In dieser unsicheren Welt, in der die Kraft des Stärkeren sich über das Recht hinwegsetzt und der Krieg gegenwärtig ist, darf unsere Nation keine Angst oder Panik haben.“
Verpflichtender Wehrdienst im Krisenfall
Das Beste, um das zu vermeiden, sei Vorbereitung, sagte Macron. Für den Fall der Fälle öffnete der französische Präsident auch eine Hintertür für die Wiedereinführung der Wehrpflicht, die seit 1997 in Frankreich ruht: „Im Fall einer größeren Krise kann das Parlament über die Freiwilligen hinaus auch alle anderen einziehen und den Wehrdienst verpflichtend machen.“
Ansonsten, so Macron, mache eine allgemeine Wehrpflicht im Moment für Frankreich keinen Sinn. Neben der Frage der Logistik wäre eine Wiedereinführung der Wehrpflicht für Frankreich derzeit auch rein finanziell nicht zu stemmen. Für den nun angekündigten Freiwilligendienst sind bereits jährliche Kosten von bis zu zwei Milliarden Euro vorgesehen. Und auch die müssen noch vom derzeit hoffnungslos zerstrittenen Parlament in Frankreich beschlossen werden. Der Haushalt des hochverschuldeten Landes steht derzeit auf der Kippe
