Mit der Ankunft des US-Flugzeugträgers „USS Gerald R. Ford“ vor der Küste Lateinamerikas haben sich die Spannungen zwischen den USA und Venezuela weiter verschärft. Das Süd-Kommando der US-Seestreitkräfte (SOUTHCOM) erklärte, der größte Flugzeugträger der Welt sei fast drei Wochen nach seiner Entsendung durch US-Präsident Donald Trump in Begleitung dreier Zerstörer in seinem Einsatzgebiet eingetroffen, das Lateinamerika und die Karibik umfasse. Der genaue Standort wurde nicht mitgeteilt.

Die „USS Gerald R. Ford“ werde „die Fähigkeit der USA stärken, illegale Akteure und Aktivitäten, die die Sicherheit und den Wohlstand der Vereinigten Staaten und unsere Sicherheit in der westlichen Hemisphäre gefährden, aufzuspüren, zu überwachen und zu unterbinden“, sagte Pentagon-Sprecher Sean Parnell.

„Widerstand gegen Narkoterrorismus“

SOUTHCOM gab als Ziel der Mission an, „transnationale kriminelle Organisationen zu zerschlagen und sich dem Narkoterrorismus zu widersetzen“. Der von einem Atomreaktor angetriebene US-Flugzeugträger hat eine Länge von 333 Metern. Er bietet Platz für bis zu 90 Kampfflugzeuge und Hubschrauber sowie mehrere Tausend Soldaten.

Großbritannien London | Der Haupteingang von Downing Street 10Kein Kommentar: Die Regierung in London äußert sich nicht zu US-Medienberichten über die Geheimdienstkooperation mit Washington (Archivbild von Downing Street 10, dem Amtssitz des Premierministers)Bild: Jaimi Joy/REUTERS

Die britische Regierung lehnte es derweil ab, einen Bericht des US-Senders CNN zu kommentieren, wonach London aufgehört habe, seine Geheimdienstinformationen zu mutmaßlichen Drogenbooten in der Karibik mit den USA zu teilen, um eine Verwicklung in mögliche Angriffe zu vermeiden. „Wir äußern uns nicht zu Sicherheits- oder Geheimdienstfragen“, sagte ein Sprecher des britischen Premierministers Keir Starmer. Die Vereinigten Staaten seien Großbritanniens „engster Partner bei der Verteidigung, der Sicherheit und den Geheimdiensten“, betonte er.

Kolumbien stoppt Geheimdienstkooperation

Kolumbiens Präsident Gustavo Petro teilte hingegen ganz offiziell mit, sein Land habe den Austausch von Geheimdienstinformationen mit den USA ausgesetzt. Die Maßnahme gelte, solange die Angriffe mit Raketen andauerten, schrieb Petro im Onlinedienst X. Der gemeinsame Kampf gegen Drogen müsse den Menschenrechten untergeordnet werden.

Belgien Brüssel 2025 | Gustavo Petro im Porträt„Kampf gegen Drogen muss Menschenrechten untergeordnet werden“: Kolumbiens Präsident Gustavo Petro (Archivbild)Bild: Yves Herman/REUTERS

Die Beziehungen zwischen Bogotá und Washington hatten sich zuletzt massiv verschlechtert. Die US-Regierung warf Petro mangelnde Entschlossenheit im Kampf gegen die Drogenkartelle vor und verhängte Sanktionen gegen den Präsidenten. Viele Erfolge der kolumbianischen Drogenbekämpfung beruhen auf Erkenntnissen der US-Behörden oder auf Geheimdienstinformationen anderer Partner, etwa des Vereinigten Königreichs.

„Plan Unabhängigkeit 200“

Venezuela reagierte auf die Verlegung der „USS Gerald A. Ford“ mit einem Großmanöver des Militärs. Verteidigungsminister Vladimir Padrino zufolge sind 200.000 Soldaten der Land-, See-, Luft-, Fluss- und Raketenstreitkräfte, aber auch Angehörige ziviler Milizen in die zweitägige Übung eingebunden. Diese ist Teil des sogenannten „Plan Independencia 200“ (Plan Unabhängigkeit 200), den die Führung in Caracas im September zur Landesverteidigung ausgerufen hatte. 

Padrino warf der US-Armee vor, „wehrlose Menschen zu ermorden, unabhängig davon, ob sie Drogenhändler sind oder nicht“. Zugleich sprach er von einem „vulgären Einsatz gegen die Souveränität und den Frieden“ nicht nur Venezuelas, sondern der gesamten Region.

Venezuela Caribia 2025 | Nicolas Maduro, der ein Funkgerät in der Hand hält, neben Verteidigungsminister Padrino, der olivgrüne Militärkleidung trägtWehrt sich gegen die Einkreisungspolitik der USA: Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro (auf diesem Archivbild links, mit Verteidigungsminister Vladimir Padrino)Bild: Marcelo Garcia/Venezuelan Presidency/AFP

Auch Staatschef Nicolás Maduro hatte die Tötungen mutmaßlicher Drogenschmuggler als illegale „Hinrichtungen“ eingestuft. Nach eigener Darstellung vermutet er dahinter US-Pläne zu seinem Sturz. Trump hatte zuletzt bestritten, militärische Angriffe auf Venezuela zu planen. Gleichzeitig sagte er jedoch, Maduros Tage seien gezählt.

Gegen den autoritär regierenden venezolanischen Präsidenten erhebt die Regierung in Washington noch schwerere Vorwürfe als gegen dessen kolumbianischen Amtskollegen: Maduro sei am Drogenschmuggel in die USA aktiv beteiligt und gefährde damit die Sicherheit der Vereinigten Staaten und ihrer Bürger, heißt es.

Bolivien sucht den Schulterschluss

Die bolivianische Regierung unter dem neuen konservativen Präsidenten Rodrigo Paz teilte indes mit, sie wolle wieder mit ausländischen Ermittlern kooperieren und diesen Einsätze im Land erlauben. Innenminister Marco Oviedo kündigte an, die US-Drogenbehörde DEA werde nach Bolivien zurückkehren.

Bolivien La Paz 2025 | Rodrigo Paz hebt den rechten Daumen in die Höhe, hinter ihm stehen weitere PersonenAußenpolitische Wende: Boliviens Präsident Rodrigo Paz (links) bei seiner Amtseinführung am SamstagBild: Claudia Morales/REUTERS

2008 hatte das südamerikanische Land Mitarbeiter der DEA ausgewiesen, nachdem die damalige Regierung unter dem linken Staatschef Evo Morales die US-Behörde der Spionage und der Unterstützung der damaligen rechten Opposition bezichtigt hatte.

Angriffe seit Anfang September

Trump hat in den vergangenen Wochen mehrere Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in die Nähe Lateinamerikas entsandt. Anfang September begann die US-Armee mit Angriffen auf angebliche Drogenschmuggler-Boote in der Karibik, später wurden auch Boote im östlichen Pazifik attackiert. Bei mindestens 19 US-Angriffen in internationalen Gewässern wurden nach Angaben aus Washington mindestens 76 Menschen getötet. Die Vereinigten Staaten haben bislang keine Beweise dafür vorgelegt, dass die beschossenen Boote tatsächlich Drogen beförderten.

Internationale Beobachter betrachten die US-Angriffe als völkerrechtswidrig – selbst wenn diese sich tatsächlich gegen Drogenhändler richten sollten. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk hatte die US-Regierung am Montag aufgerufen, ihr Vorgehen zu überprüfen. Der Nachrichtenagentur AFP sagte Türk, es gebe „starke Hinweise“ darauf, dass es sich bei den Angriffen um außergerichtliche Tötungen handele.

jj/pg (dpa, afp, rtr)