Mit der Weimarer Republik steigt die Schau ein, unter dem doppeldeutigen Titel „Formen der Anpassung“ und verliert auch das Bauhaus nicht aus dem Blick. Schnell geht die Schau in die Zeit des nationalsozialistischen Staates über. „Was vielen heute gar nicht mehr so klar ist, ist wie stark Kunsthandwerk und Design von der NS-Propaganda missbraucht wurde“, erklären die Kuratorinnen der Ausstellung Stefanie Seeberg und Sabine Epple bei MDR KULTUR.

Design der Nationalsozialisten: Von Kaffeekannen bis „Mein Kampf“

„Losgelöst sind das alles gut gestaltete, ästhetische Objekte, die instrumentalisiert wurden und wir möchten eine neue Perspektive darauf gegeben,“ so das Kuratorinnen-Duo. Eindrucksvoll zeigt die Ausstellung, dass das Kunsthandwerk zum Träger der Ideologie wurde. Der tägliche Gebrauch ließ bald Gewöhnung einsetzen. Zudem wirkten die Alltagsgegenstände subtiler als politische Brandreden oder Propagandaveranstaltungen.

Zu sehen sind etwa handgewebte Teppiche mit volkstümliche Motiven, handgebastelte Strohsterne für den Weihnachtsbaum, Schränke, die ausschließlich aus heimischen Hölzern gefertigt sind, oder eine in Bernstein gefasste, Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“. Ob Geschirr aus Porzellan, Möbel oder Schmiedearbeiten aus Gold und Silber – die Gestaltung, aber auch der Wahl der Materialien sollten die ideologische Botschaft vermitteln.

Konzentrationslager werden thematisiert

Der Blick des Publikums wird aber nicht einfach nur auf die Ästhetik der Nationalsozialisten gelenkt: Auch der Themenkomplex der Konzentrationslager und Zwangsarbeit wird beleuchtet, ebenso wie zentrale NS-Organisationen auf das Kunsthandwerk einwirkten. Man illustriere nicht nur den Gestaltungsstil, sondern auch wie „politische Direktiven und ökonomische Rahmenbedingungen“ ihn prägten, heißt es vom Museum.

Olaf Thormann, der Direktor des Museums, findet, die Ausstellung sei gerade in Zeiten des erstarkenden Rechtsextremismus relevant: „Dass das Museum nicht nur eine Insel der Seligen ist, sondern in einem Kontext steht, dass muss die Ausstellung schon bewältigen.“

Dabei verlange die Ausstellung den Besucherinnen und Besuchern einiges ab. „Diese Ausstellung muss man sich ein Stück weit erarbeiten. Dazu gehört auch die Lektüre der vielen Raumtexte,“ so Thormann. Einfach durchzuschlendern, funktioniere nicht.

Grassimuseum arbeitet NS-Zeit auf

Das Museum für angewandte Kunst arbeitet zudem einen Teil der eigenen Geschichte auf. Das Grassi beherbergte zwischen 1933 und 1945 etwa Propaganda-Ausstellung wie die Schau „Entartete Kunst“. Eigenen Angaben zufolge bot das Haus mit den Grassimessen, damals auch einen Ort, an dem „nationale Gestaltungsvorstellungen“ präsentiert wurden. Zudem stammten viele der Exponate der neuen Ausstellung aus dem Depot des Museums.

Eine „umfängliche und sehenswerte“ Ausstellung, wie MDR KULTUR-Kritikerin Ulrike Thielmann resümiert: „Durch ihre Fülle überrascht die Schau zudem neu mit der Einsicht, wie detailverliebt die Nazis ihre Weltanschauung bis in den letzten Winkel ausformten.“