In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der invasiven Mykosen (IFI [Invasive Fungal Infection]) weltweit deutlich angestiegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat daher eine Liste prioritärer Pilzpathogene veröffentlicht, um deren klinische Bedeutung hervorzuheben. Als besonders relevant wurden Aspergillus fumigatus, Candida-Arten, Cryptococcus-Arten, Histoplasma-Arten und Pneumocystis jirovecii eingestuft. Invasive Infektionen durch diese Erreger sind trotz Therapie mit Letalitätsraten von 25–60 % verbunden und verlaufen unbehandelt nahezu immer tödlich.
Infektionsanfälligkeit und begrenzte Diagnostik bei rheumatoider Arthritis
Besonders gefährdet sind Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), da die Grunderkrankung, Immunsuppression und Komorbiditäten wie Diabetes oder chronische Lungenerkrankungen die Infektabwehr schwächen. Die Diagnostik bleibt schwierig, da mikroskopische, kulturelle und molekulare Verfahren nur begrenzt aussagekräftig sind.
Die European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) und die Mycoses Study Group (MSG) haben gemeinsame Kriterien entwickelt, die mykologische Befunde, klinische Merkmale und Host-Faktoren berücksichtigen. Diese wurden jedoch für stark immunsupprimierte Patienten mit malignen oder transplantationsassoziierten Erkrankungen konzipiert. Inwieweit sie auf Patienten mit RA übertragbar sind, war bisher unklar.
Registeranalyse zu Häufigkeit und Risikofaktoren
Ziel einer aktuellen Untersuchung war es daher, Häufigkeit, klinische Merkmale und Risikofaktoren invasiver Pilzinfektionen bei RA zu analysieren. Grundlage der Analyse waren Daten von über 22.500 Patienten aus dem seit 2001 prospektiv geführten RABBIT-Register. Eingeschlossen wurden alle zwischen Mai 2001 und Dezember 2023 dokumentierten IFI-Fälle. Erfasst wurden demografische Merkmale, Krankheitsaktivität, Komorbiditäten, Glukokortikoid-Therapie sowie aktuelle und frühere DMARD-Therapien (disease-modifying antirheumatic drugs [krankheitsmodifizierende antirheumatische Medikamente]).
Invasive Pilzinfektionen als seltene, aber schwerwiegende Komplikation
Im Beobachtungszeitraum traten 69 IFIs bei 68 Patienten auf, was einer Inzidenz von 0,65 Fällen pro 1.000 Patientenjahre entspricht. Die Patienten waren im Durchschnitt 65 Jahre alt, 54 % von ihnen waren weiblich und 80 % waren aktuelle oder ehemalige Raucher. 91 % wiesen mindestens eine infektionsassoziierte Komorbidität auf, 69 % zwei oder mehr. Am häufigsten kamen Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen vor, gefolgt von malignen Tumoren, Diabetes mellitus und chronischer Niereninsuffizienz.
Erregerspektrum und klinische Verläufe invasiver Pilzinfektionen
Die häufigsten Erreger waren Pneumocystis jirovecii (35 %), Candida-Arten (33 %) sowie Aspergillus-Arten (13 %). Die Lunge war fast immer betroffen, meist in Form einer Pneumonie. Candida-Infektionen konnten auch mit Sepsis, Meningitis oder Gelenkbeteiligungen einhergehen. In 40 % der Fälle bestand eine bakterielle oder virale Koinfektion und von den 46 dokumentierten Verläufen erforderten 31 eine intensivmedizinische Behandlung. Die Letalität lag bei 35 %. Nach 30 Tagen waren 24 % und nach 90 Tagen 36 % der Patienten verstorben.
Komorbiditäten und Glukokortikoidtherapie als Hauptfaktoren
Komorbiditäten stellten die wichtigsten Risikofaktoren dar. Insbesondere kardiovaskuläre und chronische Lungenerkrankungen, andere Autoimmunerkrankungen sowie Rauchen standen in signifikantem Zusammenhang mit dem Auftreten invasiver Infektionen. 84 % der Patienten erhielten Glukokortikoide in einer mittleren Dosierung von 8,6 mg Prednisolon pro Tag. Bereits eine längerfristige Anwendung in moderaten Dosen war mit einem erhöhten Risiko verbunden. In der multivariablen Analyse blieb die Glukokortikoid-Therapie neben Alter, männlichem Geschlecht, Rauchen sowie kardio- und pulmonalen Erkrankungen ein unabhängiger Risikofaktor.
Etwa zwei Drittel der Betroffenen standen unter einer Therapie mit Biologika oder zielgerichteten DMARDs. TNF-Inhibitoren waren mit einem geringeren Risiko assoziiert, während Rituximab und Abatacept in univariaten Analysen mit einem höheren Risiko assoziiert waren, das jedoch im Gesamtmodell nicht signifikant war.
Begrenzte diagnostische Validierung invasiver Pilzinfektionen
Nur sieben Infektionen konnten histologisch bestätigt werden, 26 wurden als „wahrscheinlich” und 26 als „möglich” eingestuft. Die Diagnostik basierte überwiegend auf Polymerase-Kettenreaktions-(PCR)-Analysen aus Atemwegsproben, deren Aussagekraft zur Abgrenzung von Kolonisation und Infektion begrenzt ist. Etwa 51 % der Patienten erfüllten die EORTC/MSG-Host-Faktoren, wobei typische RA-Komorbiditäten wie strukturelle Lungenschäden oder Diabetes bislang nicht berücksichtigt sind.
Frühzeitige Diagnostik und präzisere Kriterien gefordert
Invasive Pilzinfektionen sind bei RA zwar selten, aber mit einer hohen Mortalität verbunden. Das Infektionsrisiko steigt insbesondere bei älteren, multimorbiden Patienten mit Glukokortikoid-Therapie, kardiopulmonalen Erkrankungen oder Raucheranamnese und scheint stärker von diesen Faktoren als von der DMARD-Wahl abzuhängen.
Bei Risikopatienten sollte frühzeitig an eine invasive Pilzinfektion gedacht und gezielt diagnostiziert werden. Zudem sollten die EORTC/MSG-Kriterien um RA-spezifische Risikofaktoren ergänzt werden, um gefährdete Patienten besser identifizieren und frühzeitig behandeln zu können.