Die Regierung Merz tut sich schwer. Das Reformtempo stockt, Konflikte bleiben ungelöst, und viele Menschen sind sich unsicher, ob diese Regierung überhaupt durchhalten kann. Doch die entscheidende Frage reicht weit über Berlin hinaus: Was würde ein Regierungssturz für Europa bedeuten?

Demokratische Kräfte in ganz Europa schauen seit Jahren auf Deutschland – mit hohen Erwartungen. Deutschland gilt als Stabilitätsanker, als Land, das zeigt, dass Demokratie verlässlich funktionieren kann, selbst in schwierigen Zeiten. Wenn Berlin schwankt, geraten nicht nur politische Prozesse ins Rutschen. Es wackelt ein Orientierungspunkt.

Deutschlands Rolle als stiller Führungspartner

In Polen, Tschechien, Frankreich, Spanien, selbst in Italien setzen proeuropäische Kräfte große Hoffnungen darauf, dass Deutschland seinen Kurs hält: moderat, berechenbar, integrierend. Deutschland wird  als „serving leader“ gesehen – ein Land, das führt, indem es moderiert, Stabilität ausstrahlt, ohne Dominanz zu beanspruchen. Diese Rolle ist für viele Demokratien in Europa eine Art Rückgrat: Ist Deutschland stabil, fühlen sie sich bestärkt. Gerät Deutschland in eine Krise, geraten auch sie unter Druck

Ein Sturz der Regierung Merz würde diese fragile Balance gefährden. Populisten und Autokraten, linke und rechte Extreme – innerhalb und außerhalb der EU – würden das Bild eines „wankenden Deutschlands“ sofort nutzen, um die Erzählung zu stärken, dass die liberale Mitte keine Zukunft mehr habe. Demokratische Bewegungen, die derzeit um Mehrheiten kämpfen, würden einen wichtigen Referenzpunkt verlieren.

Mehr als Innenpolitik: Es geht um Europas Zukunft

Europa kann den Verlust seines stabilsten demokratischen Gewichts nicht verkraften. Deshalb geht es in Berlin derzeit um mehr als innenpolitische Konflikte. Es geht darum, ob Europa weiter auf Deutschlands Stabilität bauen kann – und ob die demokratischen Kräfte im Kontinent ihren wichtigsten Anker behalten.