Innenminister äußert sich
Schuss auf gehörloses Mädchen: neue Details
28.11.2025 – 14:25 UhrLesedauer: 3 Min.
Das Mehrfamilienhaus, in dem die Mutter der 12-Jährigen lebt (Archivbild): Der Polizist soll im Treppenhaus geschossen haben. (Quelle: Christoph Reichwein/dpa)
Nach dem Schuss auf ein Mädchen in Bochum dauern die Ermittlungen an. NRW-Innenminister Reul will den Schuss auf das Kind nicht voreilig verurteilen.
Bei einer Sondersitzung des NRW-Innen- und des Familienausschusses sind neue Details zum Schuss auf das zwölfjährige Mädchen am 17. November in Bochum bekannt geworden. Wie Oberstaatsanwalt Benjamin Kluck erklärte, hätten die vier Beamten sich zum Zeitpunkt des Schusses nicht in der Wohnung befunden. Die Polizisten hätten zu diesem Zeitpunkt bereits einen Messerangriff befürchtet. Sie hätten deswegen auf der Treppe unterhalb der Wohnungstür Stellung bezogen.
Wie Kluck weiter erklärte, ließ ein Nachbar die Polizisten gegen 0.33 Uhr ins Wohnhaus der ebenfalls gehörlosen Mutter. Als diese ihre Wohnungstür öffnete, hätten die Beamten „verbal und mit Gesten“ versucht, sie zum Verlassen der Wohnung zu bewegen. Ein Gebärdendolmetscher war bei dem Einsatz nicht dabei – obwohl den Polizisten schon vorher bekannt war, dass sie gehörlos ist.
Schließlich hätte ein Beamter die Mutter ins Treppenhaus gezogen. Wegen anhaltender Gegenwehr hätten die Beamten sie zu Boden gebracht und fixiert. Die Zwölfjährige und ihr ebenfalls gehörloser 21-jähriger Bruder sollen sich daraufhin in der Küche eingeschlossen haben. Laut Oberstaatsanwalt hörten zwei Beamte von außen Geräusche, die sie auf das „Wühlen nach Messern schließen ließ“ und warnten ihre Kollegen. Sie hätten die Wohnung verlassen und dort gewartet.
Das Mädchen hatte bei dem Einsatz einen Durchschuss in der Brust erlitten und schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Wie Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) berichtete, hat sich ihr Gesundheitszustand inzwischen gebessert. Nach zwei Operationen sei die Zwölfjährige „wach und ansprechbar“. Dennoch sei eine weitere Operation in den kommenden Tagen nötig.
Reul erklärte, das schon Stunden vorher dem Einsatz festgestanden hätte, dass sich das Mädchen bei seiner Mutter befand. Am Nachmittag des 16. Novembers haben mehrere Videotelefonate zwischen den Betreuern und der ebenfalls gehörlosen Mutter stattgefunden. Es wurde vereinbart, dass das Mädchen bei der Mutter bleiben darf und gegen 21 Uhr in die Wohngruppe in Münster zurückkehren soll.
Reul betonte zudem, dass die Beamten unter Zeitdruck standen. Die Zwölfjährige hätte noch in der Nacht ein wichtiges Medikament einnehmen müssen – sonst habe „Lebensgefahr“ gedroht.
Zudem erklärte Reul, dass der Schuss auf ein Kind nicht von vornherein falsch sei: „Der Einsatz der Schusswaffe kann gerechtfertigt sein – auch gegen eine Zwölfjährige. Wir alle wissen, wie gefährlich das Tatmittel Messer sein kann.“
