
Japans neue Premierministerin Takaichi legt ein riesiges Konjunkturpaket auf, um die schwächelnde heimische Wirtschaft anzukurbeln. Nachhaltig ist das nicht, warnen Ökonomen.
Das hätte Shinzo Abe sicher gefallen. Der Schützling des früheren und 2022 ermordeten japanischen Premierministers lässt Geld drucken – und wie: Das Kabinett von Regierungschefin Sanae Takaichi hat das größte Konjunkturpaket seit der Corona-Pandemie gebilligt. Umgerechnet rund 117 Milliarden Euro sollen Japans Wirtschaft aus der Krise ziehen.
110 Euro Einmalzahlung pro Kind, 40 Euro Zuschuss pro Haushalt für Strom- und Gaskosten, Lebensmittelgutscheine, etwa für das sehr teuer gewordene Grundnahrungsmittel Reis – damit sollen die unter steigenden Preisen leidenden japanischen Haushalte glücklich gemacht und die Wirtschaft stimuliert werden.
Zu diesem klassischen Fiskalprogramm von Takaichi kommen noch Steuersenkungen, zum Beispiel auf Benzin, und Erleichterungen bei der Einkommenssteuer.
Wenig Vertrauen an den Finanzmärkten
Finanziert wird dieses Paket zum Teil durch Steuermehreinnahmen. Die sogenannte kalte Progression hat dazu geführt, dass bei vielen Arbeitnehmende inflationsbedingte höhere Gehälter zu einer höheren Besteuerung geführt haben, aber durch die Inflation komplett aufgefressen wurden.
Den Rest finanziert Japan, wie so oft, auf Pump. Die Staatsverschuldung liegt schon jetzt bei etwa 240 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Trotzdem plant Japan zusätzliche Staatsanleihen auszugeben.
Die Reaktion der Finanzmärkte auf diese Pläne ist eindeutig: Die Zinssätze für zehnjährige Anleihen schossen unmittelbar nach der Ankündigung nach oben, der Yen sackte noch weiter ab. In nur fünf Jahren hat die Landeswährung weit über 40 Prozent an Wert verloren.
Auch bei der Produktivität hakt es
Dass Takaichi nur wenige Wochen nach ihrem Amtsantritt ein Konjunkturpaket schnürt, ist keine Überraschung. Das Ausmaß dessen aber schon. Ökonomen kritisieren vor allem die fehlende Nachhaltigkeit und vermissen neue Ideen. Martin Schulz, Volkswirt beim Technikkonzern Fujitsu, glaubt nicht, dass Japan dadurch langfristig wettbewerbsfähiger wird.
Anreize, die die Produktivität japanischer Unternehmen steigern könnten, fehlten gänzlich. Dabei sei das „bitter nötig“, bemängelt Schulz. Die Politik fördere die Flexibilität der Unternehmen kaum. Durch Deregulierung könnten entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Japan läuft der Digitalisierung hinterher. Es braucht dringend neue technologische Tools, etwa durch Hilfe Künstlicher Intelligenz. Die IT-Infrastruktur in vielen Firmen ist veraltet. Umgekehrt könnten innovative Bereiche im Handel und der hocheffizienten Logistik weiter gestärkt werden.
Wirtschaftsrettungsprogramm einer Minderheitsregierung
Zugutehalten muss man Takaichi, dass sie als Chefin einer Minderheitsregierung nicht tun und lassen kann, was sie will. Einige der Steuer- und Geldgeschenke sind auf Druck der Opposition in das Konjunkturpaket eingeflossen. Für die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump, die Japans Wirtschaft belastet, kann die LDP-Vorsitzende auch nichts.
Das vornehmliche Ziel dieser expansiven Wirtschaftspolitik scheint, den heimischen Markt erstmal so gut wie möglich zu schützen – vor Angriffen aus den USA und China.
Ausblick in die Zukunft ungewiss
Spannend wird die Frage sein, wie Japans Wirtschaftspolitik aussieht, wenn das Geld aus dem aktuellen Konjunkturpaket aufgebraucht ist. Vielleicht hilft da ein Blick auf Shinzo Abes Konzept: Er entwickelte seine „Abenomics“ seinerzeit weiter mit dem Fokus auf Wachstum durch Produktivität, Digitalisierung und Innovation. Familien wurden unterstützt, der Sozialstaat stabilisiert und die Beschäftigung älterer Menschen erhöht.
Zum Erfolgsmodell wurde das allerdings nicht. Die hohe Schuldenquote und die demografischen Probleme blieben ungelöst. Ob das ein geeignetes Vorbild für Sanae Takaichi ist?
