Die Grundsteinlegung fand 2021 mitten in der Corona-Zeit statt. Im kleinen Kreis. Mit Masken und Distanz. Jetzt ist der Neubau der München Klinik Harlaching fertig. Der aktuell größte Neubau eines Krankenhauses in Bayern ist gestern nach nur fünf Jahren Bauzeit bei einer symbolischen Schlüsselübergabe an das Klinik-Personal übergeben worden: diesmal im größeren Kreis und ohne Mundschutz. 255 Millionen Euro haben der Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München in den Neubau investiert. Im Juni 2026 sollen die ersten Patienten versorgt werden.

Die letzten blauen Baucontainer stehen vor dem Klinikeingang. Vor einer Fassade, die aus vielen schmalen, grünen Kacheln besteht. So grün wie der Schriftzug der München Klinik (Mük). Im hellen, großen Eingangsbereich riecht es noch nach einer Mischung aus Farbe und Klebstoffen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) sind bestens gelaunt, als sie den großen, roten Schlüssel aus Pappe in Händen halten.

„Ein großer Tag ist das für München“, sagt Reiter. Ein Neubau sei fertig geworden, der „ein neues Kapitel“ für die Zukunft aufschlage. „Hier ist der Ort der Medizin, die nicht nur heilt, sondern auch zuhört.“ Reiter bekennt sich erneut zu den kommunalen Kliniken der Mük als eine der „wichtigsten Säulen“ der Daseinsvorsorge. Insgesamt eine Milliarde Euro investieren der Freistaat und die Stadt in die Neuausrichtung der München Klinik. „Jeder Euro ist hier bestens angelegt.“

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„Diese Klinik ist in Zeiten gebaut worden, die schwierig sind für Krankenhäuser“, sagt Ministerin Gerlach. Denn immer schwieriger gestalteten sich die nötigen Transformationsprozesse, um Kliniken zu erhalten. Dieser Neubau sei daher ein „Signal“. Und sie appelliert an die Bundespolitik. „Die Betriebskosten von Krankenhäusern müssen vom Bund gezahlt werden, damit diese finanziell nicht immer mit dem Rücken zur Wand stehen.“

Von außen wirkt das Gebäude, das neben der München Klinik Bogenhausen Maximalversorger sein wird, kompakt. Erst von innen zeigt sich die ganze Größe. Mit dem Untergeschoss, in dem Pathologie, Werkstätten und Medizintechnik untergebracht sind, hat die neue Klinik sieben Etagen: von der Notaufnahme im Erdgeschoss, der Kardiologie, Stroke Unit und sieben Kreißsälen im ersten Geschoss, Gynäkologie und Operationssälen in der zweiten Etage bis zur Allgemeinchirurgie und Neurologie im fünften Obergeschoss. Alles ist unter einem Dach.

Große Lampen, große Treppe:  Der Eingangsbereich der neuen Klinik ist hell und lichtdurchflutet. Für Mük-Geschäftsführer Götz Brodermann ist der Bau ein „Meilenstein“.Große Lampen, große Treppe:  Der Eingangsbereich der neuen Klinik ist hell und lichtdurchflutet. Für Mük-Geschäftsführer Götz Brodermann ist der Bau ein „Meilenstein“. (Foto: Catherina Hess)

Hell ist schon der Eingangsbereich. Lichtdurchflutet. Riesige Lampen strahlen von der Decke. Dass 180 Belüftungsanlagen, die schon an der Decke verbaut waren, wieder herunter mussten, war eines der wenigen Ärgernisse in der Bauzeit. Die Richtlinien für Belüftungsanlagen hätten sich einfach mal geändert, erklärt Tim Guderjahn. Doch alles in allem sei man  „sehr gut durch die Baustelle gekommen“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer der Mük. Trotz Corona, Firmeninsolvenzen und Baustellensabotage, betont Bauchef Armin Niklas. Es ging um Brandstiftung und aufgedrehte Wasserhähne.

Auf 31 000 Quadratmetern Nutzfläche wird es 550 Betten und teilstationäre Plätze geben. Verbaut wurden 80 000 Tonnen Stahlbeton, 2935 Türen und 2500 Kilometer Starkstromkabel.

80 000 Tonnen Stahlbeton wurden im Harlachinger Neubau verbaut.80 000 Tonnen Stahlbeton wurden im Harlachinger Neubau verbaut. (Foto: Catherina Hess)In das Wohnzimmer der Palliativstation kommt noch ein Klavier. Verena Gräfin von Plettenberg, Vorsitzende des Förderverins der Palliativstation Harlaching, freut sich, dass mit Spenden so viele „Extras“ möglich geworden sind.In das Wohnzimmer der Palliativstation kommt noch ein Klavier. Verena Gräfin von Plettenberg, Vorsitzende des Förderverins der Palliativstation Harlaching, freut sich, dass mit Spenden so viele „Extras“ möglich geworden sind. (Foto: Catherina Hess)Fehlt noch ein Kicker: Im Spielzimmer auf der Kinderstation gibt es einen besonderen Sitzplatz –  ein in die  Regalwand eingelassenes Oval mit Sitzpolster.Fehlt noch ein Kicker: Im Spielzimmer auf der Kinderstation gibt es einen besonderen Sitzplatz –  ein in die  Regalwand eingelassenes Oval mit Sitzpolster. (Foto: Catherina Hess)

Und hell sind auch die anderen Stockwerke, die Zimmer. Etwa die 18 Zimmer der neuen Palliativstation im dritten Stockwerk. Sie sind ästhetisch einfach nur schön. Große Fenster, mintfarbene oder blaue Vorhänge, helles Mobiliar wie auch ein großer, bequemer Liegesessel. Auch gedacht für die Angehörigen, die viele Stunden in den Zimmern der Menschen verbringen, die dem Ende ihres Lebens entgegensehen. An den Wänden ziehen Wolkengebilde vorüber.

Weil der Förderverein Palliativstation Harlaching so viele Spenden eingesammelt hat, können sogar Bilder der Familie an die Wand oder die Decke projiziert werden. „So viele Patienten müssen hier oft auf dem Rücken liegen“, sagt die Vereinsvorsitzende Verena von Plettenberg. Damit hätten sie eine Möglichkeit, ihre Lieblingsbilder zu sehen, ohne sich zu drehen. Vielleicht sogar einmal besondere Filme. Das wolle man in Zukunft vielleicht auch ermöglichen. Echte Wolken können die Patienten auch auf der Dachterrasse der Palliativstation sehen. Klavier spielen – das geht im Wohnzimmer.

Das Spielzimmer auf der pädiatrischen Station im zweiten Stock wird den Kindern wohl einen klaren Lieblingsplatz bescheren: ein in die Regalwand eingelassenes Oval mit Sitzpolster. „Hier kommt noch ein Kicker hinein“, sagt Stationsleiterin Alina Winkels. In den Stationszimmern hängt eine abwischbare Magnettafel. Kinder können darauf malen oder Magnetbilder kreieren. Für Mama oder Papa steht eine aufklappbare Liege zur Verfügung.

Endlich habe man hier mehr Einzelzimmer als im Altbau, freut sich Winkels. Und viel mehr Platz. „Daran muss man sich fast gewöhnen“, sagt die 35-Jährige, die sich darüber freut, dass die Wege trotzdem kurz seien, es eine Rohrpost gebe, die die Blutproben gleich ins Labor schicke und die Operationssäle in der Nähe seien. Ihr Team werde die Station schon vor dem Umzug immer wieder besuchen, um alles genau zu planen.

Am  13. Mai 2026 wird die neue Klinik offiziell eingeweiht, im Juni kommen die ersten Patienten. Aber nach der Einweihung ist vor der nächsten Planung. Denn es gibt schon die ersten Überlegungen, das Harlachinger Krankenhaus weiterzuentwickeln.

Der Altbau wird komplett abgerissen. Die denkmalgeschützten Gebäude auf dem Klinikgelände könnte die Stadt München „gut nachentwickeln“, sagt Tim Guderjahn. Auf dem alten Mitarbeiterparkplatz werde gerade eine Grundschule gebaut. Einen Kindergarten gebe es schon. Aus Altbauten könnten neue Klinik-Gebäude werden. Dem kaufmännischen Geschäftsführer schwebt eine Art Campus vor, auf dem sich viele Formen des Lebens vereinen: Wohnen, Leben, Lernen, Heilen und Pflegen.