Chemnitz. 

Nicht nur ein Festjahr geht an diesem Wochenende für Chemnitz zu Ende, sondern ein jahrelanger Weg hin zu einem Ziel: Die meist so unsichtbare Kulturlandschaft der Stadt sichtbar machen, ausbauen und finanziell fördern – Getreu dem Motto „C the Unseen“.

Ein langer Weg, der sich für Chemnitz lohnte

Spannend war die Verkündung des Titels im Jahr 2020: Am 28. Oktober hatte die europäische Jury im Onlinecall öffentlich „Chemnitz“ aus dem Briefumschlag vor der Webcam gezogen und die Freude in der ehemaligen Karl-Marx-Stadt war unaufhaltsam.

Die sächsische Stadt hatte sich in der letzten Runde des aufwendigen Bewerbungsverfahrens gegen Hannover, Hildesheim, Magdeburg und Nürnberg durchgesetzt und wurde zur vierten deutsche Kulturhauptstadt Europas. (Essen 2010, Weimar 1999 und Westberlin 1988) Neben Nova Gorica in Slowenien stand ein aufregendes Jahr vor Chemnitz, was am 29./30. November mit dem feierlichen Abschluss zu Ende geht.

Lobende Worte

Am Freitag, 28. November, zogen Oberbürgermeister Sven Schulze mit den Vertretern der Kulturhauptstadt Bilanz über das Festjahr 2025. Dazu luden sie in die Kohlewelt nach Oelsnitz ins Erzgebirge, wo am selben tag die letzte Kunstinstallation des Purple Paths von James Turell eröffnet wurde.

„Wir bleiben Kulturhauptstadt“ – Sven Schulze, OB Chemnitz

Sven Schulze: „In diesem Jahr ist ein neues WIR entstanden. Viele haben das echte Chemnitz kennengelernt: Eine Stadt, die verbindet.“ Mit Ausblick auf 2026 gibt sich der Oberbürgermeister hoffnungsvoll: „Nach dem Abschlusswochenende ist noch nicht Schluss, wir bleiben Kulturhauptstadt. Die Synergien, die in diesem Jahr in Chemnitz entstanden sind, nehmen wir mit in die Zukunft. Eins kann ich versprechen: Diese Reise wird weitergehen.“ Einen ersten Einblick in das Legacy-Programm für die Jahre nach der Kulturhauptstadt hatte er bereits vor einigen Wochen gegeben. (BLICK.de berichtete)

Nachdem die Besucherzahlen der Kulturhauptstadt im ersten Halbjahr bereits vielversprechend waren, wurden am Freitag die finalen Statistiken genannt.

Besucherzahlen 2025 überragen die Erwartungen

116 Millionen Euro standen für die Kulturhauptstadtvorbereitung, Durchführung und Nachbereitung zur Verfügung. (Weitere Infos zur Finanzierung lest ihr hier) Insgesamt hat Chemnitz mit den 38 Partnerkommunen 2025 über 2.000 Veranstaltungen und 260 Projekte durchgeführt. 1.300 Volunteers waren dabei und 1.450 Apfelbäume wurden gepflanzt. Die Besuchszahlen in der Stadt übertrafen die letzten Jahre. Bereits das Eröffnungswochenende am 18./19. Januar zog 80.000 Besuchende an. Das Kosmos stellte einen Besucherrekord von 115.000 Besuchenden auf. Das Hutfestival verdoppelte seine Zahlen und verzeichnete 105.000 Gäste. Beim 1. Marathon in Chemnitz gingen 8.000 Läuferinnen und Läufer an den Start. Über 7.000 Menschen kamen Pfingsten zum #3000 Garagenfestival.

Die Gruppengrößen bei den Stadtführungen musste verdreifacht werden und die Anzahl der Führungen verdoppelt. Das Lichtkunstfestival „Light Our Vision“ konnte 86.000 Menschen auf die Straßen der Innenstadt ziehen und auch die Kunstfestivals Begehungen und Ibug waren volle Erfolge. Die Begehungen holten mit 56.000 Besuchenden ihr Rekordergebnis und die Ibug konnte erfolgreiche 38.000 Gäste an drei Wochenenden begrüßen, so viel, wie noch nie. Die Theater Chemnitz haben für die Oper „Rummelplatz“ für 2026 neue Spieltermine ins Programm genommen, die fast restlos ausverkauft sind. Die Nachfrage ist enorm. Auch in der extra für das Festjahr umgebauten Hartmannfabrik durfte man sich über 87.000 Gäste freuen.

Die Kunstsammlungen verzeichneten 84.000 Besuchende, das Museum Gunzenhauser erlebte 2025 sein bestbesuchtestes Jahr mit 40.000 Kunstinteressierten. Das Industriemuseum konnte seine Zahlen mehr als verdoppeln (Über 115.000 Gäste). Das Smac Chemnitz konnte 43.000 Besucher und Besucherinnen anziehen.

„Wir durfen sehen, dass die Menschen stolz auf ihre Stadt und ihr Geschaffenes sind.“ – Andrea Pier, GF Chemnitz 2025 gGmbH

Andrea Pier fasste auch die Auswirkungen des Festjahres auf den Tourismus zusammen, denn bis Ende August 2025 waren 23,1 Prozent Zuwachs an Hotelübernachtungen in der Stadt und der Großteil des sächsischen Tourismus war in diesem Jahr auf Karte in der Kulturhauptstadtregion zu finden. Andrea Pier, Geschäftsführerin der Chemnitz 2025 gGmbH: „Wir durfen sehen, dass die Menschen stolz auf ihre Stadt und ihr Geschaffenes sind.“ Das gesetzte Ziel (2 Millionen Besuchende 2025 nach Chemnitz zu locken) sei geglückt.

„Für mich ist das Kulturhauptstadtjahr ein Friedensprojekt“ – Barbara Gessler, Europäische Kommission

Barbara Gessler, Vertreterin der Europäischen Kommission lobte die grenzüberschneidende Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien, die an 40 Projekten mit beteiligt waren. „In diesem Jahr ist ein neues Stück europäische Geschichte geschaffen worden.“ Außerdem hob sie hervor, wie engagiert die verschiedenen Ebenen von Stadt, Land und Bund gemeinsam gewirkt haben. „Für mich ist das Kulturhauptstadtjahr ein Friedensprojekt und das brauchen wir in diesen Zeiten mehr denn je.“ Zudem ist überzeugt:„Sachsen hat innerhalb Deutschlands einen ganz neuen Stellenwert bekommen.“ Dessen ist sich auch Namensvetterin Barbara Klepsch, Kultur- und Tourismus Ministerin Sachsen, sicher: „Wir sind sichtbar in Europa geworden und wir leuchten auf der sächsischen Tourismuskarte.“

Purple Path verbindet die Region

Auch Alexander Troll, Bürgermeister der Stadt Lößnitz war zu Gast auf der Bühne und machte sichtbar, was es für die 38 umliegenden Partnerkommunen bedeutete, dass Chemnitz sie mit einbezog und durch den Purple Path Skulpturenweg eine neue Verbindung schuf. „25.000 Besuchende kamen in meine Stadt, in der sonst nur knapp über 7.000 Leute leben. Das ist ein enormer Erfolg für Lößnitz. Es wurde Zeit, dass die Region zusammensteht und zusammenarbeitet.“ Dann zog er ein großes Schild hinter der Bühne hervor, welches viele der Kommunen an ihre Ortseingangsschilder hingen und sich zur Kulturhauptstadtregion bekannten.

Alexander Ochs, der Kurator des Purple Path bezeichnete den Skulpturenweg sogar als Wunder. 60, teilweise weltweit renommierte Kunstschaffende haben ihn lebendig und Kunst erlebbar gemacht.

„Unser Herz schlägt für die Kulturhauptstadt.“ – Dr. Kreuzkamp, Sparkasse Chemnitz

Auch Dr. Michael Kreuzkamp, Vorstandsvorsitzender der Kulturhauptstadt-Sparkasse Chemnitz findet Worte für das Vollbrachte: „Die Anstrengungen haben sich gelohnt, denn das Projekt „Kulturhauptstadt Europas 2025“ ist ein voller Erfolg. Vieles kann man in Besucherzahlen, Hotelauslastungen und Kulturangeboten messen. Entscheidend für mich sind jedoch zwei andere Faktoren: das enorm gestiegene Selbstbewusstsein der Menschen – und ein komplett verändertes Image.“

Weiter führt er fort: „Chemnitz ist bunt, quirlig und liebenswert. Aus dem oft übersehenen „Mauerblümchen“ ist eine stolze Blume geworden. „C the unseen“ beschrieb treffend, wie der Status der Region vor dem 18. Januar 2025 war. Heute steht der Slogan für das, was wir hinter uns lassen. Jetzt gilt es, den Schwung mitzunehmen. Chemnitz war und bleibt dauerhaft eine Europäische Kulturhauptstadt. Ich bin stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben. Mein Dank gilt allen, die mitgewirkt haben.“

Neue Fördertöpfe für 2026

Die Sparkasse Chemnitz investierte rund 3 Millionen Euro und förderte über 100 Projekte. Auch 2026 wird es wieder Fördertöpfe für die Kultur in der Stadt geben, verriet Kreuzkamp: „Auch für die Legacy fühlen wir uns verantwortlich. Wir unterstützen die Idee eines Zentrums für zeitgenössischen Tanz in Chemnitz, sprechen mit Kommunen, Museen und Kultureinrichtungen. Von der ersten Kooperation mit Schloss Waldenburg können bereits heute rund 45 Millionen Sparkassen-Kunden profitieren. Ich bin überzeugt: Der Titel „Chemnitz – Europäische Kulturhauptstadt“ ist gekommen, um zu bleiben. Und wir als Kulturhauptstadt-Sparkasse werden weiter dazu beitragen – das ist unser Versprechen an die Menschen der Region.“