
AUDIO: In Plüschow entsteht ein Museum für Alfred Ehrhardt (4 Min)
Stand: 28.11.2025 08:35 Uhr
In Plüschow (Landkreis Nordwestmecklenburg) hat der Neubau eines Museums für den Fotografen, Maler und Filmemacher Alfred Ehrhardt begonnen. Sein Sohn hat das Millionenprojekt initiiert. Der preisgekrönte Architekt Francis Kéré gestaltet das Haus.
Alfred Ehrhardt (1901-1984) war ein Universalkünstler, sagt Christiane Stahl. Sie leitet die Alfred-Ehrhardt-Stiftung in Berlin und hat über Ehrhardt promoviert. Dessen Ausbildung führte vom thüringischen Gera, nach Weißenfels und weiter in den Norden. „Er war zuerst Musiker, hat Orgelspiel und Kantorat gelernt und ist nach dem Abschluss erstmal nach Hamburg gegangen. Dann hat er frei Kunst studiert und ist einem reformpädagogischen Landschulheim Lehrer geworden für Musik, Kunst und rhythmische Gymnastik“, erzählt Stahl.
Studium am Dessauer Bauhaus
Die Schulleiter schickten Ehrhardt 1926 ans Dessauer Bauhaus, dem Kristallisationspunkt der künstlerischen Moderne. Dort studierte er, hielt Vorträge, hospitierte bei später weltberühmten Künstlern wie Wassily Kandinsky, Oskar Schlemmer, Paul Klee und Josef Albers. Er nahm sein Wissen mit zurück, unterrichtete an der Landeskunstschule Hamburg. Mit seinem experimentellen Unterricht war mit Beginn der Nazizeit Schluss. Ehrhardt wurde wieder Organist, in Cuxhaven, so Stahl. „Dort hat er entdeckt, dass er mit der Fotokamera die abstrakten Strukturen einfangen kann, die er bei Laszlo Moholy-Nagy studiert hatte“, sagt sie. Die Nationalsozialisten haben das nicht als „entartet“ angesehen, erklärt die Doktorin. „Das haben die Nazis sogar willkommen geheißen.“
Alfred Erhardt als Wattenmeer-Fotograf
Ehrhardt wird Fotograf, setzt das Wattenmeer, seine geometrisch anmutenden Bodenstrukturen und Wellen künstlerisch ins Bild, später auch filmisch. Der große Durchbruch kommt genau damit: als Kunstfilmer in den 50er- und 60er-Jahren. In seinem Schwarz-Weiß-Film „Korallen – Skulpturen der Meere“ von 1964 zeigt sich sein messerscharfer Blick. Die exzentrischen Klänge des Elektronik-Pioniers Oskar Sala verdoppeln die Wirkung.

Alfred Ehrhardt hat bei seinen Fotografiern oft gezielt scharfes Licht eingesetzt, um klare Kompositionslinien zu erzielen.
Über 50 Filme sind entstanden. Die neusachliche Abbildung von Naturgegenständen wie Muscheln, Schnecken und Kristallen hat ihm vier Bundesfilmpreise eingebracht. „Er war einer der arriviertesten und bekanntesten Kulturfilmer der Nachkriegszeit, so Stahl. Das Werk Erhardts wird heute von der gleichnamigen Stiftung in Berlin gepflegt, die auch noch verstreute Werke ankauft, und die Bestände katalogisiert und pflegt.
Sohn Jens Erhardt hat Museum initiiert
Dass dieses zeitlos ästhetische Werk, das auch die Technik der künstlerischen Neuausrichtung im 20. Jahrhundert präsent hält, nun ein eigenes Museum bekommt, ist seinem Sohn zu verdanken. Jens Ehrhardt hat sein Geld in der Finanzbranche verdient, und ist der Region seit Jahren eng verbunden. „Ich habe gedacht, das würde Mecklenburg ganz gut tun, wenn hier doch ein ganz attraktives Gebäude entsteht, dass auch aus dem Ausland besucht wird“, sagt Jens Ehrhardt
Pritzer-Preisträger Francis Kéré als Architekt
Dafür könnte auch der Architekt des Neubaus sorgen: Francis Kéré hat für seine moderne, nachhaltige Bauweise 2022 den Pritzker-Preis gewonnen, eine der weltweit renommiertesten Auszeichnungen für Architektur. Nach dem Spatenstich könnte in Plüschow schätzungsweise ein zweistelliger Millionenbetrag verbaut werden.

Im Landkreis Nordwestmecklenburg soll ein neuer Ort für Kunst und Begegnung entstehen.
Kunst als „Brücke“ zum Vater

Alfred Ehrhardt bei Dreharbeiten um 1955.
Der Vater habe, trotz seiner Strenge, eine Vorbildwirkung entfaltet, blickt der heute 83-jährige Jens Erhardt zurück. „Ich war auf sein Werk immer recht stolz. Mir haben seine Gemälde gut gefallen, die sollen auch in dem Museum mit ausgestellt werden. Das war für mich die ‚Brücke‘ zum Vater: Mehr zu seinem Werk, als dass man was zusammen unternommen hätte, oder eine besonders persönliche enge Bindung gehabt hätte.“
Sonderausstellungen junger Künstler geplant
Ehrhardts Werk auszustellen, sei wegen deren Sujets unkompliziert, erläutert Christiane Stahl. „Natürlich kommen auch Fragen auf, aber es ist auch deswegen leicht zu verstehen, weil man die Gegenstände gut erkennen kann, weil sie diese Erhabenheit, die Liebe zur Natur zeigen und sich viele damit identifizieren können.“ Eine Dauerausstellung soll in Plüschow perspektivisch dann mit zeitgenössischen Werken junger Künstler ergänzt werden. Nach dem Spatenstich für das Museum vor kurzem, soll im Januar dann der Baubetrieb sichtbar werden. Bis Ende 2027 könnte das Museum Ehrhardt fertig sein.

Der Bericht vom Oktober 1961 stellt den Bauhaus-Stil sowie dessen wichtigste Lehrer vor.

Seit über 30 Jahren setzt er das Wattenmeer in Szene. Als Biologe kombiniert er sein Wissen über die Natur mit seiner Fotografie.

Zu sehen sind Persönlichkeiten aus Film, Theater, Musik, Mode und Politik sowie Porträts von Obdachlosen und Kriegsversehrten.

Der beeindruckende Bildband ist nun in einer Kompaktausgabe erschienen – und hat nichts an Zauber und Aktualität verloren.