Zwei Männer in einerm Kiosk. Der eine säubert den anderen mit einem Tuch.

AUDIO: Unkritische Inszenierung: „Ein seltsames Paar“ am Ernst Deutsch Theater (3 Min)

Stand: 28.11.2025 19:00 Uhr

Die Schauspieler Harald Weiler und Ulrich Bähnk bringen am Ernst Deutsch Theater den Hollywood-Erfolg von 1968 „Ein seltsames Paar“ auf die Bühne. Eine Komödie über zwei frisch geschiedene Männer, die am 27. November Premiere hatte. Doch die Inszenierung ist wenig kritisch mit dem Stoff.

von Antonia Reiff

Im Wohnzimmer von Oscar herrscht Chaos: Wäscheberge, sich stapelnder Müll und Bierdosen. Hier treffen sich die Männerfreunde regelmäßig zum Pokern. Aber heute ist alles anders – Felix wurde verlassen und sucht Rat bei seinen Kumpels:

Oskar, du hast das doch alles schon mal durchgemacht. Wie hast du denn die ersten paar Nächte überstanden?
Ich habe vier Nächte und vier Tage durchgesoffen. Und dann bin ich irgendwann durch so eine Schaufensterscheibe geflogen, hat geblutet wie Sau.

Bühnenzitat

Der draufgängerische, cholerische Oscar und der empfindliche, sensible Felix könnten unterschiedlicher nicht sein. Nach der Trennung werden die geschiedenen Männer notgedrungen eine Wohngemeinschaft. Felix mit seinem neurotischen Ordnungswahn und der chaotische, fast verwahrlost lebende Oscar geraten aneinander.

Veraltete Geschlechterrollen

Das Bühnenstück von Neil Simon basiert auf dem amerikanischen Spielfilm „Ein seltsames Paar“ von 1968. Lennart Matthiessen bleibt mit seiner Inszenierung am Ernst Deutsch Theater extrem nah am Originalstoff. Und so reden zwei Männer über ihre Ex-Frauen, als wäre es 1968 – völlig festgefahren in veralteten Geschlechterrollen:  

Wenn Blanche mich gefragt hat, was ich zu Abend essen will, dann habe ich gesagt: Keine Ahnung, ich habe keinen Hunger. Und dann habe ich sie nachts um drei geweckt und habe gesagt: Jetzt!

Bühnenzitat

„Ich musste sehr schmunzeln und lachen über die beiden Hauptdarsteller, Harald Weiler und Uli Bähnk“, sagt eine Theaterbesucherin nach der Vorstellung. Eine andere sieht es etwas kritischer: „Ich frage mich, ob man nicht so ein Stück in die Neuzeit übersetzen kann, dass es nicht ganz so mit den tradierten Rollen ist und die Frauen auch nicht so schlecht wegkommen. Letztlich werden hier Frauen karikiert und das finde ich nicht in Ordnung. Ich finde solche Stücke passen nicht mehr und ich kriege da eine Wut.“

Frauen in dümmlichen Rollen

Bei einem gemeinsamen Abendessen mit den Nachbarinnen wird derbe gescherzt:

Nachbarin: Vielleicht einen doppelten Gin Tonic mit etwas zerstoßenem Eis. Aber nur, wenn es etwas zerstoßen ist.
Oscar: Ich habe die ganze Nacht den Vorschlagkammer geschwungen.

Bühnenzitat

Mit blonden 70er-Jahre-Perücken, Haarband und engen Kostümchen sitzen die Damen auf dem Sofa und verharren in der dümmlichen Frauenrolle.

Unkritische Inszenierung ohne Anschluss an die Gegenwart

Im Publikum immer wieder Lachen, das Ensemble spielt gut und komödiantisch, aber dem Stoff und seinen Dialogen fehlt der Bruch, die Brücke in das Hier und Jetzt. Die hätte es gebraucht, um zeitlose Beziehungsdynamiken komisch, zeitgemäß und respektvoll heute auf die Bühne zu bringen. So bleibt „Ein seltsames Paar“ eine unkritische, nostalgische Inszenierung, die an überholten Rollenbildern festhält und den Anschluss an die Gegenwart verpasst.

Das Stück „Ein seltsames Paar“ läuft bis zum 4. Januar 2026 im Ernst Deutsch Theater in Hamburg. Tickets gibt es ab 24 Euro.