Das Rheinische Braunkohlerevier soll eine neue touristische Attraktion bekommen: eine durchgehende, über 150 Kilometer lange Themenradroute, die den Strukturwandel im Revier auf einzigartige Weise erfahrbar macht. Die Machbarkeitsstudie, die der Zweckverband LANDFOLGE Garzweiler nun präsentierte, zeigt: Die Idee ist realisierbar – und das Interesse potenziell riesig. Immerhin leben rund sieben Millionen Menschen im direkten Einzugsgebiet zwischen Köln, Düsseldorf, Mönchengladbach und Aachen. Bis 2035 könnte die Route fertiggestellt sein.
Entwickelt wurde das Konzept von der BTE Tourismus- und Regionalberatung und dem Verkehrsplanungsbüro Kaulen in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteuren im Revier. Die geplante Strecke soll die großen Tagebaue und die künftigen Seen bei Hambach, Garzweiler und Inden miteinander verbinden. Ziel sei eine hochwertige, komfortable und zugleich inhaltlich dichte Radroute, die nicht nur durch mehrere Kreise, Städte und Gemeinden führt, sondern auch die Ballungsräume optimal anbindet.
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41 Zeitfenster erzählen vom Wandel
Inhaltlich steht die Inszenierung eines der tiefgreifendsten räumlichen und gesellschaftlichen Umbrüche Deutschlands im Mittelpunkt. Wo jahrzehntelang riesige Kohlebagger im Einsatz waren, entstehen in den kommenden Jahrzehnten drei der größten Seen der Republik. Dörfer wurden umgesiedelt, Kraftwerke schließen, Landschaften werden neu gestaltet – ein Prozess, der das Revier bis weit über das Jahr 2100 prägen wird.
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Entlang der Strecke sollen 41 sogenannte „Zeitfenster“ diesen Wandel für Radfahrerinnen und Radfahrer sichtbar und erfahrbar machen. Die Zeitreise reicht von der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die fernere Zukunft. Zentrale Anlaufpunkte bilden die neuen Informationszentren an den Tagebauen sowie das stillgelegte Kraftwerk Frimmersdorf, das teilweise als Industriedenkmal erhalten bleibt. Ergänzt wird das Angebot durch zahlreiche kleinere Erlebnis- und Informationspunkte am Wegesrand.
Hohe technische Standards für Komfort
Ein Schwerpunkt der Studie lag auf der Frage, wie bestehende Wege genutzt, ausgebaut oder ergänzt werden können. Dabei wurden auch die Planungen der drei Tagebauumfeldorganisationen – Neuland Hambach, Landfolge Garzweiler und Indeland – berücksichtigt. Für die Qualität der Strecke streben die Fachleute hohe technische Standards an, orientiert an den Hinweisen für Radvorrangrouten der Forschungsgemeinschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Dazu gehören breite Wege, gute Oberflächen, klare Ausschilderung und ein verlässlicher Winterdienst.
Das Ziel: eine Auszeichnung als Vier-Sterne-Route nach den ADFC-Kriterien. Diese wird anhand definierter Qualitätsmerkmale für jeweils drei Jahre vergeben.
Breite Beteiligung und Förderung
Die Machbarkeitsstudie entstand in enger Kooperation mit einer Vielzahl regionaler Partner: den Tagebauumfeldorganisationen, Tourismusverbänden, dem Landschaftsverband Rheinland und auch RWE Power. Finanziert wurde das Projekt über Strukturwandelmittel aus dem SofortprogrammPLUS und auf Grundlage des nordrhein-westfälischen Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetzes.