Die AfD hat in Gießen ihre neue Jugendorganisation mit dem Namen Generation Deutschland (GD) gegründet. Mehr als 800 Teilnehmer verabschiedeten beim Gründungskongress in der Messe das sogenannte „Jugendstatut“ der neuen Organisation. Zu ihrem ersten Chef wählte die Generation Deutschland den Brandenburger Landtagsabgeordnete Jean-Pascal Hohm. Begleitet wurde die Gründung von massiven Protesten in und um Gießen.
Seit dem frühen Morgen hatten Tausende Menschen gegen die Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation demonstriert. Gießen befindet sich an diesem Wochenende im Ausnahmezustand. Rund um die Stadt gebe es Personengruppen, die an Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen blockierten, teilte die Polizei mit. Auf der Bundesstraße 49 räumte die Polizei eine Blockade von etwa 2000 Personen. Dabei waren auch Wasserwerfer im Einsatz. Die Gruppe habe auf die mündliche Aufforderung, die Straße zu räumen, nicht reagiert, teilte die Polizei mit. Auf der Konrad-Adenauer-Brücke in Gießen würden Flaschen auf Einsatzkräfte geworfen.
Am Nachmittag habe eine Gruppe von Demonstranten versucht, zum Veranstaltungsort in den Messehallen durchzubrechen, berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Etwa 30 bis 40 Personen hätten versucht, die Absperrungen zu durchbrechen, seien aber von der Polizei zurückgedrängt worden, unter anderem mit einem Wasserwerfer. Auch in der Gießener Innenstadt wurde eine Versammlung mithilfe eines Wasserwerfers aufgelöst, da sie nach Angaben der Einsatzkräfte nicht friedlich gewesen sei.
Die Polizei setzte auch Wasserwerfer gegen die Demonstrierenden ein . (Foto: SASCHA SCHUERMANN/AFP)
Eigentlich sollte der Gründungskongress der neuen AfD-Jugendorganisation um zehn Uhr starten. Doch am Morgen blieben stundenlang zahlreiche Stuhlreihen im Saal der Messe Gießen leer, der Beginn verzögerte sich. Der designierte Chef der neuen Jugendorganisation, Jean-Pascal Hohm, strandete zwischenzeitlich auf einem Rastplatz, wie er der Süddeutschen Zeitung bestätigte. Die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla hätten auf der Fahrt zwischen Frankfurt am Main und Gießen wegen der Straßenblockaden einen Zwischenstopp einlegen müssen, sagte Weidels Sprecher. Erst kurz nach 12 Uhr und mit mehr als zwei Stunden Verspätung begann die Veranstaltung.
In der Stadt mit 93 000 Einwohnern wurden im Laufe des Tages etwa 50 000 Menschen auf den Straßen erwartet. Mehr als 20 Protestveranstaltungen waren angemeldet. Am frühen Nachmittag bezifferte die Polizei die Teilnehmerzahl „im unteren fünfstelligen Bereich.“ Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Veranstalter einer der Demonstrationen, sprach von 20 000 Teilnehmern. Das Bündnis „Widersetzen“ hatte bereits seit Wochen angekündigt, Zufahrtswege zu der Gründungsversammlung zu blockieren mit dem Ziel, das Treffen zu verhindern.
AfD-Jugend
:Generation geschmeidig
In wenigen Wochen gründet sich die neue Jugendorganisation der AfD. Als designierter Chef gilt Jean-Pascal Hohm. Der Abgeordnete aus Cottbus soll dem Parteinachwuchs ein smartes Image verschaffen – er zeigt aber keine Berührungsängste vor Akteuren am ganz rechten Rand.
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) hatte vor der Veranstaltung von einer „herausfordernden Großlage“ gesprochen. Nach Angaben der Polizei sind bis zu 6000 Beamte aus ganz Deutschland im Einsatz. Sie sind ausgestattet mit Drohnen, Wasserwerfern, Hubschraubern und einer Reiterstaffel. Mehrere Geschäfte in der Gießener Innenstadt bleiben aus Angst vor Ausschreitungen geschlossen.
Um die Frage, wo die Gegenproteste stattfinden dürfen, hatte es vor dem Wochenende heftige Diskussionen gegeben. Die Stadt hat entschieden, das Viertel um die Messe herum abzuriegeln und die geplanten Proteste zu verlegen. Die Polizei begründete das mit Sicherheitsbedenken. Gießen sei keine Großstadt, man wolle nicht riskieren, dass Menschenmassen in eine Sackgasse laufen. Innenminister Poseck sagte, es sei nicht Sache der Bürgerinnen und Bürger, ein Parteiverbot durch Widerstandsleistung durchzusetzen.
Die Veranstalter kritisierten die Entscheidung. Das Recht auf Versammlungsfreiheit werde von Stadt und Polizei „mit Füßen getreten“, sagte Suraj Mailitafi, Sprecher von „Widersetzen“, am Samstag. Die neue Jugendorganisation der AfD sei nicht irgendein Jugendklub, sondern eine rechtsextreme Gruppierung. Deshalb wolle man ihre Gründung verhindern.
Demonstranten blockieren am frühen Morgen eine Straße in Gießen. Die Polizei spricht von einer „aktiven Lage mit vielen verschiedenen Schauplätzen“ in der Stadt. (Foto: Florian Wiegand/Getty Images)
Mehrere Parteien schickten am Samstag parlamentarische Beobachterinnen und Beobachter nach Gießen. „Mein Eindruck ist, dass es friedlich ist“, sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete Janine Wissler am Samstagvormittag. Dass die Proteste nicht näher an der Halle stattfinden dürfen, halte sie für „ein Riesenproblem“. Die Linke und mehrere andere Veranstalter von Demonstrationen hatten gegen die Verlegung der Demonstrationen Eilanträge eingereicht. Diese hatte der hessische Verwaltungsgerichtshof allerdings zurückgewiesen. Dagegen wolle man beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde einlegen, kündigte Wissler an.
Die Stadt Gießen hatte immer wieder klargemacht, dass sie keine Möglichkeit habe, die Veranstaltung zu verhindern. Die Messe wird nicht von der Stadt, sondern von Privatleuten betrieben. Die Stadtverordnetenversammlung verabschiedete mit großer Mehrheit eine Resolution, in der sie „bedauert und missbilligt“, dass die Gründung der AfD-Jugend in Gießen stattfinden soll.
