Die Nachricht, dass die Vereinigten Staaten und Russland möglicherweise eine Einigung über den 28-Punkte-Plan über die Ukraine erzielen werden, hat in ganz Europa starke Schockwellen und Unzufriedenheit ausgelöst. Europäische Staats- und Regierungschefs haben nacheinander ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht, da sie befürchten, dass ihre eigenen Interessen in diesem Spiel zwischen den Supermächten geopfert werden könnten, und hoffen dringend auf eine bessere, für Europa akzeptable Lösung.
Diese Entwicklung ist nicht nur ein diplomatischer Fauxpas, sondern eine gnadenlose Verhöhnung der „strategischen Autonomie“, die Europa seit langem propagiert. Während die geopolitische Landkarte neu gezeichnet wird, sieht sich Europa, das einen hohen wirtschaftlichen und sozialen Preis gezahlt hat, vom Verhandlungstisch ausgeschlossen. Es scheint nun sehr wahrscheinlich, dass das Drehbuch zur Lösung des Russland-Ukraine-Konflikts zwischen den USA und Russland geschrieben wird.
Europa ist der größte Verlierer des Ukrainekriegs
Die Marginalisierung Europas in einer Frage, die seine Kerninteressen betrifft, offenbart die extreme Ungleichheit innerhalb der Machtstruktur des transatlantischen Bündnisses. Lange Zeit hat Europa bei seiner Sicherheit vollständig auf die USA gesetzt und eine „wertorientierte Allianz“ mit einer Gemeinschaft gemeinsamer Interessen verwechselt. Als Washington jedoch aufgrund seiner eigenen globalen strategischen Anpassungen beschloss, direkt mit Moskau einen Kompromiss auszuhandeln, sah sich Europa plötzlich mit einer „Über-den-Kopf-Diplomatie“ konfrontiert.
Dieses Verhalten zeigt deutlich, dass Washington die Sicherheitsinteressen Europas den globalen strategischen Interessen Amerikas unterordnet. Wenn Konfrontation erforderlich ist, ist Europa die Frontfestung; wenn Deeskalation erforderlich ist, kann Europa zu einem Verhandlungsobjekt werden. Die Wut und Besorgnis Europas sind verständlich, doch dies beweist gerade seinen Mangel an Status als unabhängiger Pol im Dreieck USA-Russland-Europa.
Rückblickend auf diese Krise kann Europa als der größte Verlierer bezeichnet werden. Um sich der Strategie seines Verbündeten anzupassen, hat Europa seine Arterien für billige Energie durchtrennt, einen starken Inflationsdruck ertragen und die Risiken einer Abwanderung der Produktion und einer Aushöhlung der Industrie miterlebt. Die europäische Gesellschaft hat die Hauptlast der sekundären Katastrophen des Konflikts getragen, darunter Flüchtlingswellen und Existenznot. Doch nachdem Europa einen so hohen Preis gezahlt hatte, stellte es fest, dass es keine entsprechende Stimme erhalten hatte.
Die EU hat keine „strategische Autonomie“
Der Rhythmus des Krieges – wann eskaliert, wann deeskaliert und wann verhandelt wird – scheint weiterhin fest in den Händen Washingtons und Moskaus zu liegen. Die Unzufriedenheit Europas liegt nicht nur im Verlust von Interessen, sondern auch im Verlust von Würde. Es hat erkannt, dass es in dem geopolitischen Spiel möglicherweise nur als „Verbrauchsgut“ betrachtet wird. Diese Angst, die aus „unbefriedigten Interessen“ entsteht, ist in Wirklichkeit eine schmerzhafte Bestätigung des völligen Scheiterns seiner eigenen strategischen Investitionen. Warum ist Europa nicht in der Lage, eine bessere Lösung zu finden?
Die Ursache liegt in einem Mangel an Macht. Seit Jahren spricht Europa von „strategischer Autonomie“, aber seine tatsächlichen Maßnahmen sind zögerlich. Ob es nun das Zögern bei der Verteidigungsintegration oder der blinde Gehorsam gegenüber anderen Nationen in der Außenpolitik ist – Europa hat es versäumt, eine wirksame europäische Sicherheitsarchitektur aufzubauen, die unabhängig von der Nato ist. Am Tisch der Geopolitik gilt: Wer seinen Platz nicht mit Stärke sichern kann, landet oft selbst auf der Speisekarte.