Schon rein äußerlich ist Kennedy – ihren Vornamen verschweigt die Leadsängerin ihres Quintetts Kennedy Administration ebenso wie ihr Alter – unverwechselbar: Ihr makelloses Gesicht mit den riesigen Lippen wird von einer blondierten Kurzhaarfrisur und einem riesigen schwarzen Brillengestell eingerahmt.

Ein ikonischer Look, der nun bei ihrem Debüt in der Unterfahrt (zuvor war sie in München nur bei zwei „Jazz Sommer“-Ausgaben zu erleben) noch von einem schwarzen Outfit mit Dinnerjacket, Leggings und Tütü sowie einer knallbunten Cowboystiefel-Sonderanfertigung gesteigert wurde.

Aber auch musikalisch ist die aus Detroit stammende Powerlady eine Marke. Als Hausband im New Yorker Jazzclub „Groove“ hat sich mit ihrem Keyboarder, Co-Komponisten, musikalischem Direktor und „brother from another mother“ Ondre J. Pivac ihren eigenen Stil entwickelt. Erst mit Jazz-Cover-Versionen von Pop-Hits, wovon es in der Unterfahrt mit „Killing Me Softly“ eine kleine Kostprobe gab, dann mit eigenen Songs. Ein intelligenter Mix aus Soul, Pop und Jazz ist ihr Ding, angetrieben von einer mächtigen, in den schwarzen Kirchenchören geschulten Stimme.

Den letzten Schliff verleiht dem Ganzen Kennedys Charisma und Show-Talent. Sie flirtet und schimpft mit dem Publikum, erzählt in der Moderation wie in den Songtexten durchaus persönliche Geschichten, lässig und humorvoll lockt sie die Leute aus der Reserve.  Entertainment mit Anspruch, wie es so die Amerikaner eben doch am besten können.

Umjubelter Auftritt in München (von links): Ondre J. Pivac, Ricky Pistone, Kennedy und Eugene Rogers (von links). Klein im Hintergrund zu sehen: Schlagzeuger Vincent Golly.Umjubelter Auftritt in München (von links): Ondre J. Pivac, Ricky Pistone, Kennedy und Eugene Rogers (von links). Klein im Hintergrund zu sehen: Schlagzeuger Vincent Golly. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Was am Abend zuvor übrigens auch schon Saxofon-Star Kenny Garrett mit einer deutlich jazzigeren Entertainment-Variante bewies. Selten hat man die Unterfahrt zweimal hintereinander voller erhobener und mitsingender Gäste erlebt.

Kennedys Repertoire war zur Hälfte mit Songs vom brandneuen dritten Album „Humanity“ bestückt. Das räumt in den USA gerade ordentlich ab. Nimmt man den lange vorher ausverkauften, dann bejubelten Unterfahrt-Auftritt mit in den Blick, könnte sich Gregory Porters Prophezeiung jetzt bewahrheiten, Kennedy sei „das nächste große Ding in der Musik-Szene“.