Arcadi Volodos und sein Publikum: Das bleibt eine eingeschworene Gemeinschaft, wie ein bestens besuchtes Prinzregententheater bei seinem Klavierabend in München zeigt. Der russische, bei Madrid lebende Pianist hat sich über die Jahre konsequent vom einstigen Virtuosen zum eigensinnigen Klangtüftler entwickelt.
Neues muss er dabei nicht mehr bieten: Franz Schuberts A-Dur-Sonate D 959, die mittlere der drei letzten Klaviersonaten, gehört seit Langem zu seinen Kernstücken, live zu hören auch schon in München. Der pianistische Zugriff bleibt fabulös, eine Lehrstunde in puncto Klang für jeden Nachwuchspianisten.
Volodos bietet eine Fülle von klar herausgearbeiteten Nuancen, dynamischen Schattierungen, Raffinessen des Pedalgebrauchs, am schönsten wohl, wenn er den Flügel zum Singen bringt. Zur Großform fügen sich die Details nicht mehr unbedingt, weniger jedenfalls als selbst in Volodos’ eigener CD-Einspielung von 2019. Was bleibt, ist der keineswegs falsche, aber nicht unbedingt befriedigende Eindruck, wie sehr noch der „späte“ Schubert mit der Form der Sonate ringt.
Robert Schumanns „Davidsbündlertänzen“ op. 6 sind solche Verwerfungen eingeschrieben, im Wechsel der 18 kleinen Stücke zwischen dem extrovertierten Florestan und dem introvertierten Eusebius, den beiden fiktiven Alter Egos des Komponisten.
Von Charakterstücken möchte man bei Volodos nicht unbedingt sprechen. Dafür unterspielt er zu sehr alles Stimmungsmäßige, verweigert Kinderstubenpoetik ebenso wie augenzwinkernde Humoristik. Klangstudie reiht sich an Klangstudie, im Detail mirakulös, aber selbstgenügsam bis an die Grenze des Spröden. Diesen Zugriff wahrt Volodos selbst da, wo er das Programm, wie häufig, mit einem offensiv virtuosen Stück abschließt. Franz Liszts 13. Ungarische Rhapsodie in a-Moll bleibt ein verkapseltes Exerzitium von rasender Präzision, das kaum noch auf äußere Wirkung schielt. Beim Publikum aber augenscheinlich Wirkung tut: Applaus und Bravorufe erzwingen vier Zugaben.