Die Schweizerinnen und Schweizer haben in zwei Volksabstimmungen die Einführung eines allgemeinen Bürgerdienstes und eine Erbschaftsteuer für Reiche abgelehnt. Laut einer Hochrechnung im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Senders
SRF stimmten 84 Prozent gegen den Bürgerdienst und 79 Prozent gegen die neue Steuer.
Der Vorschlag, eine Steuer von 50 Prozent
auf Erbschaften ab 50 Millionen Franken zu erheben, stammt von den Jungsozialisten (Juso). Mit den Einnahmen sollten Projekte zum Klimaschutz finanziert werden. Laut Schweizer Steuerbehörden gibt es rund 2.500 Steuerpflichtige mit Vermögen über 50 Millionen Franken, die gemeinsam etwa 500 Milliarden Franken halten. Theoretisch hätte die Initiative rund vier Milliarden Franken zusätzlich einbringen können.
Parteien und Wirtschaftsverbände gegen eine Steuer
Sowohl die Schweizer Regierung als auch eine breite Front aus Wirtschaftsverbänden setzte sich gegen die Steuer ein. Sie warnten, dass Reiche wegen der zusätzlichen Belastung ins Ausland abwandern könnten und dadurch die Steuereinnahmen insgesamt sinken würden. Die Schweiz ist weltweit der wichtigste Standort für die Verwaltung ausländischer Vermögen, könnte diesen Spitzenplatz laut einer Prognose der Boston Consulting Group jedoch noch in diesem Jahr verlieren.
Juso-Chefin Mirjam Hostetmann argumentierte im Vorfeld der Abstimmung, dass die besonders Reichen mit ihrem Luxuskonsum das Klima am stärksten schädigten. Die zehn reichsten Familien der Schweiz verursachten zusammen so viele Emissionen wie 90 Prozent der übrigen Bevölkerung. Nach der Abstimmung äußerte sie sich gegenüber dem SRF gefasst: „Die Gegner führten seit einem Jahr eine massive Kampagne und hatten ein zehnmal höheres Budget als wir. Das Resultat erstaunt deshalb nicht wirklich.“
© Lea Dohle
Newsletter
Was jetzt? – Der tägliche Morgenüberblick
Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.
Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.
In den meisten Schweizer Kantonen müssen Ehepartner und direkte Nachkommen derzeit keine Erbschaftsteuer zahlen. Für andere Erben gelten je nach Kanton unterschiedliche Regelungen.
Allgemeine Dienstpflicht wird es in der Schweiz nicht geben
Auch die Initiative zur Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht – entweder im Militär oder im Katastrophenschutz, aber auch im Bildungs-, Gesundheits- oder Sozialwesen – ist am sogenannten Ständemehr (Mehrheit der Kantone) gescheitert. In allen bisher ausgezählten Kantonen gab es ein Nein.
Bislang gibt es nur eine Wehrpflicht für Männer, die alternativ Zivildienst leisten können. Frauen können sich derzeit freiwillig zum Militärdienst melden. Die Regierung und die meisten Parlamentsparteien lehnten den Vorschlag ab und empfahlen den Stimmberechtigten, mit Nein zu stimmen. Sie argumentierten, dass durch den Dienst zu viele Arbeitskräfte fehlen würden und die Finanzierung zu teuer wäre. Nur die Grünliberale Partei (GLP) und die Evangelische Volkspartei (EVP) unterstützten die Einführung der Dienstpflicht.
GLP-Parlamentarier Patrick Hässig zeigte am Abstimmungstag Verständnis dafür, dass die Wähler eine zusätzliche Verpflichtung ablehnten. Doch er gibt sein Anliegen nicht auf: „Vielleicht waren wir einfach zehn Jahre zu früh“, sagte er gegenüber dem SRF.
Schweiz
Mehr zu diesem Thema
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Militär in der Schweiz:
Zwischen den Zuständen
Alpenpodcast:
Hauptsache, es bleibt in der Familie
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Superreiche:
Passt auf, sonst hauen wir ab!