Stand: 25.04.2025 18:44 Uhr
Das Hamburger Schauspielhaus kann auf eine überaus erfolgreiche Saison zurückblicken. Am Freitagmorgen haben Karin Beier und ihr Team die Pläne für die Spielzeit 2025/2026 vorgestellt.
Das Hamburger Schauspielhaus war Theater des Jahres, hatte zwei Einladungen zum Berliner Theatertreffen, und die Anthropolis-Marathon-Wochenenden sind nach wie vor ein Publikumsrenner. Katja Weise NDR Kultur war dort.
Katja Weise, hat das Schauspielhaus wieder etwas Spektakuläres vorgesehen?
Katja Weise: Es gibt nichts, was so spektakulär zu werden verspricht wie der Anthropolis-Marathon von Karin Beier. Die Eröffnung ist dennoch vielversprechend – mit Frank Castorf. Er ist ja inzwischen fast eine Legende. Karin Beier hat ihn, wie ich finde, ganz richtig als „Jahrhundertregisseur“ bezeichnet. Er inszeniert Shakespeares „Hamlet“, Premiere ist am 3. Oktober. „Hamlet“, für Karin Beier ein Stück der Stunde, denn schließlich versuche hier einer, nämlich Hamlet, aufzuzeigen, dass ein Verbrecher an der Spitze des Staates steht, der Mörder seines Vaters – und das mit den Mitteln des Theaters. Gerade in Krisenzeiten, wie wir sie auch gerade erleben, zeige sich hier die Kraft der Kunst und des Theaters. Und die ist Karin Beier wichtig: „Natürlich geht es wahnsinnig darum, sich nicht einer allgemeinen Lähmung hinzugeben. Diese schlechten Nachrichten, die wir jeden Tag quasi morgens auf dem Weg zum Theater hören, dürfen ja nicht zu einer Resignation und Lähmung führen und da ist ein Theater ein ganz wichtiger Ort und ich glaube auch tatsächlich, dass wir da erstens etwas bewirken können und zweiten auch in der Pflicht sind.“
Karin Beier beschreibt auch die Relevanz des Theaters. Wie schlägt sich das im kommenden Spielplan nieder? Gibt es – wie oft in diesen Fällen – ein Motto?
Weise: Nein, das gibt es in dem Sinne nicht, aber ich würde schon sagen: Dieser Spielplan bildet Gegenwart ab – mit Blick in eine hoffentlich nicht allzu düstere Zukunft. Da, so Beier, müsse das Theater auch einfach gegenhalten. Es gibt neben „Hamlet“ nur noch einen einzigen klassischen Theaterstoff, „Die Möwe“ von Tschechow. Ansonsten sind es viele neue Stoffe, neue Formen. Zum Beispiel eine vermutlich ziemlich fantastische Performance über Vampire, also Wesen, die uns das Blut aussaugen. Das ist eine Arbeit von Philipp Quesne, der erstmals ans Schauspielhaus kommt und sonst eher auf Kampnagel zu Hause ist. Dann gibt es eine Bühnenfassung des Romans „Das große Heft“ von Àgota Kristóf. Im Mittelpunkt stehen Zwillinge, die zur Großmutter aufs Land gebracht werden, weil Krieg herrscht. Außerdem soll im Rahmen eines Symposiums intensiv über „happy endings“ also mögliche gute Schlüsse nachgedacht werden. Als „Familienspektakel“ wird im November Walter Moers‘ Roman „Die Stadt der träumenden Bücher“ uraufgeführt. Die Dramaturgin Sybille Meier konnte den in Hamburg lebenden Karikaturisten überreden, den Stoff frei zu geben: „Der Titel ‚Träumende Bücher‘ sagt eigentlich: Das sind ganz viele Bücher, die davon träumen, endlich wieder gelesen und entdeckt zu werden. Er sagt, dass das Lesen selbst ein totales Abenteuer sein kann. Wir fanden es sehr wichtig, das jetzt auf den Spielplan zu setzen, weil Lesen etwas elementar Wichtiges ist. Wir glauben an die Kraft von Literatur, wenn wir Theater machen“, erklärt Meier.
Weise: Und was ich unbedingt noch erwähnen möchte: Christoph Marthaler, der große poetische, musikalische Theatermacher bringt auch einen neuen Abend heraus, nach Lyrik von Elfriede Jelinek. Der wird dann mit zwei anderen Arbeiten von ihm am Schauspielhaus als Trilogie gezeigt. In gewisser Weise bleibt also das „Marathon Prinzip“ erhalten.
Weil Du gerade Marathon gesagt hast: Was macht denn Karin Beier? Sie inszeniert ja sonst regelmäßig am Schauspielhaus. In dieser Saison hat sie an der Staatsoper ein Stück herausgebracht: „Maria Stuarda“ von Donizetti – muss sie sich jetzt erholen?
Weise: Ja und nein. Sie kommt in der nächsten Spielzeit nicht vor, aber sie probt. Damit fängt sie sogar jetzt schon an. Das wird wieder ein großes Projekt geben. Mehr wollte sie leider nicht verraten. Ich konnte ihr nur entlocken, dass es nicht ganz so groß wird wie das Antikenprojekt. Premiere soll Anfang der übernächsten Saison sein, also vermutlich September 2026. In dem Zusammenhang habe ich sie gefragt, wie lange sie eigentlich noch Intendantin sein wird am Schauspielhaus – denn 2027, wie bisher festgelegt, muss noch nicht zwingend Schluss sein. „Ach Gott, ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Es ist furchtbar. Jetzt steht ja im Moment nur noch zur Debatte ob es 2027 oder 2028 wird. Ich ändere jeden Tag meine Meinung“, sagt Beier. Bis zum Sommer werden wir es wissen. So ein großer Unterschied ist das ja nicht: 2027 oder 2028.
Das Gespräch führte Charlotte Oelschlegel.
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Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur |
Journal |
25.04.2025 | 17:15 Uhr
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Theater