US-Präsident Donald Trump mit einem Foto während einer Pressekonferenz in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beach (Florida) an Thanksgiving, 27. November 2025. Zuvor hatte er per Video zu Soldaten gesprochen. [AP Photo/Alex Brandon]

Nach den Schüssen auf zwei Soldaten der Nationalgarde von West Virginia in Washington D.C. am Mittwoch, veröffentlichte US-Präsident Donald Trump eine Erklärung. Darin kündigte er an, seine Regierung, werde „jeden abschieben, der keinen Nutzen für die USA darstellt oder nicht in der Lage ist, unser Land zu lieben“, „alle staatlichen Leistungen und Subventionen für Nicht-Staatsbürger unseres Landes einstellen“, „Migranten ausbürgern, die den inneren Frieden stören“ und „alle Ausländer abschieben, die der Öffentlichkeit zur Last fallen, ein Sicherheitsrisiko darstellen oder nicht mit der westlichen Zivilisation kompatibel sind“.

Trump sicherte außerdem zu, die „Zuwanderung aus allen Drittweltländern dauerhaft zu beenden“. Er erklärte: „Nur REMIGRATION kann diese Situation vollständig in Ordnung bringen.“ Nur einen Monat vor Trumps Forderung nach „Remigration“ hatte das Heimatschutzministerium auf X einen Post unter dem Titel „Remigrate“ veröffentlicht.

Der Begriff „Remigration“, der im faschistischen Diskurs ein Synonym für „umgekehrte Migration“ ist, gehört zu den zentralen Forderungen der Verfechter der Theorie vom „Großen Austausch“, weißen nationalistischen Bewegungen in Europa und den USA sowie von Rassisten, die sich für die Zwangsausweisung von unerwünschten ethnischen und religiösen Gruppen und Zugewanderten aussprechen. So begann in Deutschland die Schutzstaffel (SS) nach der Machtergreifung der Nazis in den 1930ern, die deutschen Juden aggressiv unter Druck zu setzen, auszuwandern, besonders nach den Pogromen der so genannten „Kristallnacht“ im November 1938.

Nur wenige Stunden bevor Trump behauptete, dass „nur REMIGRATION“ die Situation in Ordnung brächte, erklärte der Direktor des U.S. Citizenship and Immigration Services, Joseph Edlow, die Behörde würde verschärfte Prüfungen von Immigranten aus 19 als „Hochrisikoländer“ eingestuften Staaten beginnen. Diese Äußerungen bedienen sich des gleichen ideologischen Stils, der die ethnischen Säuberungen im 20. Jahrhundert animierte und auch die Grundlage für die heutigen faschistischen Bewegungen bildet.

Die Liste umfasst Afghanistan, Burma, den Tschad, den Kongo, Äquatorialguinea, Eritrea, Haiti, den Iran, Libyen, Somalia, den Sudan, den Jemen, Burundi, Kuba, Laos, Sierra Leone, Togo, Turkmenistan und Venezuela.

Die Anordnung trat sofort in Kraft und benötigt nicht die Zustimmung des Parlaments. Sie betrifft alle laufenden und künftigen Anträge von Migranten, die am oder nach dem 27. November eingereicht wurden. Fast alle Länder auf der Liste sind derzeit Ziel von US-Sanktionen, von den USA militärisch besetzt oder Ziel aktiver Kriegsvorbereitungen.

Afghanistan, Somalia, Libyen, der Iran, der Sudan und der Jemen wurden allesamt innerhalb der letzten zehn Jahre von den USA bombardiert oder überfallen. Marine-Soldaten und private Söldner operieren ganz offen in Haiti. Gegen Venezuela planen die US-Streitkräfte und Spezialeinsatzplaner Bodenangriffe.

Trump macht mit seinen Posts Zuwanderer für alle Krisen verantwortlich, die der Kapitalismus verursacht hat. Er behauptet, Flüchtlinge seien „die Hauptursache für soziale Probleme in Amerika“, darunter „marode Schulen, hohe Verbrechensraten, Niedergang der Innenstädte, überfüllte Krankenhäuser, Wohnungsmangel und hohe Defizite“. Ganz besonders greift er Zugewanderte aus Somalia an und erklärt, sie würden „den einst großartigen Bundesstaat Minnesota vollständig übernehmen“ und „somalische Banden“ … würden „durch die Straßen ziehen und nach ,Beute‘ suchen“.

Er hetzt gegen gewählte Amtsträger wie die Abgeordnete Ilhan Omar, die er als „die schlimmste Kongressabgeordnete“ bezeichnete. Den Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, nennt er „ernsthaft geistig behindert“. Solche Äußerungen sind Ausdruck einer degenerierten herrschenden Klasse, der jede Menschlichkeit verloren gegangen ist.

Trump und die Milliardäre, die er vertritt, wissen, dass nicht Flüchtlinge und Migranten, sondern der amerikanische Kapitalismus für die marode Infrastruktur, überfüllte Krankenhäuser oder Obdachlosigkeit verantwortlich sind. Wie Davin North vor kurzem in einem Vortrag in London darlegte, ist die Ungleichheit in Amerika seit Jahrzehnten rasant gestiegen.

  • Die reichsten 0,1 Prozent besitzen 12,6 Prozent des Vermögens in den USA.
  • Von 1989 bis 2022 stiegen die Vermögen des obersten Perzentils 101-mal stärker als das des Medianhaushalts.
  • 40 Prozent der US-Bevölkerung, darunter fast die Hälfte aller Kinder, sind arm oder einkommensschwach.

Die USA zählen zu den reichsten Gesellschaften der Geschichte, doch die Lebenserwartung der Arbeiterklasse geht angesichts der rasanten Ausbreitung von Covid-19 zurück. Zig Millionen Menschen können sich weder Wohnungen noch medizinische Versorgung leisten, und Arbeiter müssen immer länger für immer weniger arbeiten. Während Millionen ums Überleben kämpfen, beläuft sich das Nettovermögen von Trumps Kabinettsmitgliedern und seinen höchsten Amtsträgern auf über 60 Milliarden Dollar. Sechzehn von ihnen gehören zu den 813 Milliardären in einem Land mit 341 Millionen Einwohnern.

Trumps Angriffe auf Zugewanderte zielen darauf ab, diese Realität zu verschleiern und die Arbeiterklasse in den USA von ihren Brüdern und Schwestern weltweit zu spalten. Dies ist nicht nur die Speerspitze für Angriffe auf die demokratischen Rechte der gesamten Arbeiterklasse, sondern dient auch dazu, die Verantwortung der Republikaner und Demokraten für jahrzehntelange imperialistische Kriege zu vertuschen, welche Fluchtgründe geschaffen habe und damit für die so genannte „Migrationskrise“ mitverantwortlich sind. Während des jahrzehntelangen „globalen Kriegs gegen den Terror“ mussten mehr als 37 Millionen Menschen vor imperialistischer Gewalt aus ihrer Heimat fliehen.

Auch der mutmaßliche Schütze, Rahmanullah Lakanwal (29), war offenbar gezwungen, in die USA einzuwandern. Nachdem er am Mittwoch die Nationalgardisten Sarah Beckstrom (20) aus Summersville (West Virginia) und Andrew Wolfe (24) niedergeschossen hat, wird er derzeit in mehreren Punkten angeklagt, u.a. wegen Mordes. Beckstrom erlag am Donnerstag ihren Verletzungen, und Wolf befindet sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch in Lebensgefahr im Krankenhaus.

Diese Fotos, die das U.S. Attorney Office am 27. November 2025 zur Verfügung gestellt hat, zeigen die niedergeschossenen Nationalgardisten Staff Sergeant Andrew Wolfe und Specialist Sarah Beckstrom. [AP Photo/U.S. Attorney’s Office]

David North

30 Jahre Krieg: Amerikas Griff nach der Weltherrschaft 1990–2020

Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.

Lakanwal kam im September 2021 nach dem Abzug des US-Militärs aus Afghanistan in die USA. Mehrere Berichte bestätigten, dass er im Jahr 2011 als Fünfzehnjähriger von der CIA rekrutiert wurde und Mitglied der Zero Units war, paramilitärischen Todesschwadronen, die während der 20-jährigen Besatzung des Landes von der CIA befehligt wurden. Im Jahr 2018 beschrieb der Rolling Stone die Zero Units als „Geheimarmee der CIA“, die von „amerikanischen Spezialeinsatzkräften“ ausgebildet wurde.

Zwar sind viele Fragen offen, doch Lakanwals Leben ist beispielhaft dafür, was die US-Geheimdienste seit langem als „Blowback“ bezeichnen – die unbeabsichtigten Folgen der geheimen und offenen militärischen und politischen Operationen, mit denen der US-Imperialismus seine Interessen durchsetzt. Lakanwal wuchs während der US-Besatzung Afghanistans auf und wurde von der CIA zum Töten ausgebildet. Danach wurde er wieder ins Zivilleben des Landes entlassen, dessen Krieg ihn geprägt hatte. Was die USA Afghanistan angetan haben, ist nach Washington zurückgekehrt.

Das Morden im Auftrag der US-Regierung forderte von Lakanwal offenbar ebenso seinen Tribut wie von Tausenden von Veteranen des US-Militärs, die aus den Kriegen für Profit zurückkehren und unter einer posttraumatischer Belastungsstörung leiden. Muhammad, ein Freund Lakanwals aus Kindertagen, erklärte gegenüber der New York Times: „Er erzählte mir und unseren Freunden, dass ihre Militäroperationen sehr hart waren… sie standen unter großem Druck.“

Muhammad schilderte, wie Lakanwal ihm 2021 bei seiner Hochzeit erzählte, er habe begonnen, Marihuana zu rauchen, um mit seinen Dämonen fertig zu werden: „Wenn er Blut, Leichen und Verwundete sah, konnte er es nicht ertragen, und es hat ihn psychisch sehr unter Druck gesetzt.“

Die noch unbeantwortete Frage ist, welchem Druck und welchen Drohungen Lakanwal angesichts von Trumps Kampagne für „Massenabschiebungen“ ausgesetzt war. Offenbar hatte die Trump-Regierung ihm im April Asyl gewährt. Doch warum fuhr er dann durch das ganze Land, um am Tag vor einem wichtigen nationalen Feiertag zwei Soldaten zu erschießen? Hatte er weiterhin Kontakt zu seinen CIA-Führern?

Zudem bedeutet es für ohnehin schon traumatisierte Personen wie Lakanwal akuten psychologischen Stress, wenn Asylbewerbern mitgeteilt wird, dass ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt werden kann, dass Migranten, die „unser Land nicht lieben“, abgeschoben werden können und dass „Remigration“ zur Politik wird.

Zweifellos nutzt Trump die Schüsse von Mittwoch, um die Bedingungen dafür zu schaffen, den Insurrection Act anzuwenden und eine Präsidialdiktatur zu errichten. Nach der Schießerei erklärte Kriegsminister Pete Hegseth, Trump habe die Stationierung von weiteren 500 Soldaten in Washington DC befohlen. Dass erst letzte Woche ein Bundesrichter die Stationierung für illegal erklärt hatte, hielt die demokratische Bürgermeisterin von Washington, Muriel Bowser, nicht davon ab, gemeinsamen Patrouillen aus Nationalgardisten und der Metropolitan Police zuzustimmen.

Leo Trotzki warnte, der Kapitalismus im Stadium der Degeneration würde die Welt in ein verkommenes Gefängnis verwandeln. Trump Pogrome gegen Immigranten und die Besetzung von Städten durch Soldaten machen dieses Gefängnis sichtbar. Diese Entwicklung wird nicht von den Demokraten aufgehalten, die bereits jetzt mit dem angehenden Diktator kooperieren. Das kann nur die Arbeiterklasse, wenn sie vereint kämpft – Zugewanderte und gebürtige Amerikaner – gegen die herrschende Klasse, die eben dies am meisten fürchtet.