Spurensuche in naher Sternenwiege
Um das zu klären, haben die Astronomen eine besonders nahe und prominente Sternenwiege ins Visier genommen: Rho Ophiuchi. Diese sternbildende Molekülwolke liegt nur rund 450 Lichtjahre von uns entfernt und enthält neben mehrere heißen, hellen Jungsternen auch einige noch in ihren Staubkokons steckende Protosterne. Fünf dieser Sterne und ihre Ausströme haben Skretas und seine Kollegen mit dem im mittleren Infrarot arbeitenden MIRI-Spektrometer des James-Webb-Teleskops untersucht.
Die MIRI-Aufnahmen bestätigten: Vier der fünf Protosterne und ihre Jets zeigen einen Überschuss an Strahlung von angeregtem molekularem Wasserstoff und ionisierten Gasen. Diese Strahlung ist zu stark, um allein durch Kollisionen schneller Teilchen zu entstehen, wie eine Überprüfung mithilfe von zwei verschiedenen Modellen ergab. „Die Modelle zeigen, dass ein Einfluss starker UV-Strahlung nötig ist, um die beobachteten Werte zu erklären“, schreiben die Astronomen.
Trotz des unterschiedlich starken UV-Strahlungseinfalls aus ihrer Umgebung zeigen die Wasserstoff-Ausströme der fünf Protosterne (orange) kaum Unterschiede. © Skretas et al./ Astronomy & Astrophysics, CC-by 4.0
Benachbarte Jungsterne scheiden aus
Aber woher kommt diese überschüssige UV-Strahlung? „Eine Möglichkeit wäre, dass die UV-Strahlung von den massereichen Jungsternen in der Nähe stammt“, sagt Skretas‘ Kollege Friedrich Wyrowski. Zwei solcher Jungsterne liegen in der Nähe der fünf untersuchten Protosterne. Wenn ihre UV-Strahlung die Quelle ist, müssten sich die Emissionen der Protostern-Jets mit steigender Entfernung zu diesen UV-Quellen verringern. Denn die fünf Protosternen liegen unterschiedlich weit von den beiden Jungsternen entfernt.
Doch das ist nicht der Fall: „Obwohl die Stärke des UV-Felds je nach Protostern-Position signifikant variiert, gibt es nur kleine Unterschiede in den Anregungszuständen“, berichten die Astronomen. „Das deutet darauf hin, dass weder diese UV-Quellen noch die Umgebungsbedingungen eine große Rolle für die Anregung des molekularen Wasserstoffs spielen.“ Mit anderen Worten: Das rätselhaft starke Leuchten der Wasserstoffwolken und Protostern-Kegel scheint nicht auf einen externen Einfluss zurückzugehen.
Was bleibt dann?
Doch was ist es dann? Bisher können die Astronomen darüber nur spekulieren. Sie halten es aber für wahrscheinlich, dass die nötige Energie für die Anregung der Protostern-Gase aus dessen Ausströmen selbst stammt. „Schockwellen bei der Akkretion von Material auf den Protosternen oder Schocks entlang der protostellaren Jets sind die wahrscheinlichsten Quellen für die UV-Strahlung, die die Wasserstoffgase anregt“, schreiben Skretas und seine Kollegen.
Das aber bedeutet, dass bei diesen Prozessen rund um die Sternbildung mehr Energie freigesetzt wird als bislang angenommen. Sollte sich dies bestätigen, müssen die Modelle zur Sternbildung entsprechend umgeschrieben werden. „in jedem Fall ist mehr Forschung nötig, sowohl in Form von Beobachtungen, die die UV-Feldstärke stärker eingrenzen als auch bei den beschreibenden Modellen“, erklären die Astronomen. (Astronomy & Astrophysics, 2025; doi: 10.1051/0004-6361/202554977)
Quelle: Astronomy & Astrophysics, Max-Planck-Institut für Radioastronomie
1. Dezember 2025
– Nadja Podbregar