Seit Wochen ringt die CDU öffentlich um das Rentenpaket. Die Junge Gruppe droht mit Blockade, die Parteiführung tut so, als hätte sie alles im Griff. Genau dort setzt die „ARD“-Sendung „Caren Miosga“ am Sonntagabend an. Die Moderatorin will wissen, ob Jens Spahn seine eigene Fraktion überhaupt hinter sich hat. Spahn liefert kein klares Ja: Die Mehrheit sei „im Werden, so würde ich es formulieren in diesen Tagen.“

Drohvorwürfe gegen Spahn: Dieser Frage möchte der Fraktionschef am liebesten ausweichen

Hat Spahn jungen Abgeordneten mit schlechten Listenplätzen gedroht, fragt Miosga den Spitzenpolitiker. Spahn antwortet zunächst routiniert: „Ich drohe nicht, ich habe niemandem gedroht.“ Beim dritten Nachhaken sagt Spahn, er wolle nichts aus persönlichen Gesprächen verraten. Beim vierten sagt er plötzlich: „So konkret habe ich das nicht gesagt.“ Das führt zu einem knappen „Oho!“ der Moderatorin.

Bundesdelegiertenkonferenz Bündnis 90/Die Grünen

In der Sendung wird zudem klar, dass Spahn in den Tagen zuvor selbst versucht hat, die Abweichler einzufangen. Er bestätigt, dass er junge Abgeordnete sogar zu sich nach Hause eingeladen hat – Pizza und Wein inklusive. Wie viele es waren, sagt er nicht. 

Der Hintergrund dieses Streits ist einfach erklärt: Die Regierung will das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisieren – ein teures Vorhaben, das nach Berechnungen bis 2040 zusätzliche Milliarden kosten wird. Die Junge Gruppe sieht darin eine einseitige Belastung der Jüngeren, die SPD wiederum hält genau dieses Versprechen für unverhandelbar. Deshalb drohen 18 Abgeordnete seit Wochen mit Blockade – und wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse der nicht mehr ganz so Großen Koalition ist Spahn genau auf diese Stimmen angewiesen.

Spahn gegen sich selbst: Alte Videos entlarven klaren Widerspruch

Miosga konfrontiert den Fraktionsvorsitzende mit sich selbst: Spahn 2007 bei „Sabine Christiansen“, 2008 bei „Anne Will“. Damals sagte er: „Ich wundere mich manchmal, wer sich am lautesten über dieses Gesetz aufregt. Es ist meine Generation, die bis 67 wird arbeiten müssen!“ Und: „Obwohl die Betroffenen wissen konnten, wie die demografische Entwicklung sein wird, wurde plakatiert: ‚Die Rente ist sicher.‘“ Seine Kritik damals ist deutlich.

Heute klingt er anders. Er erklärt, Kompromisse seien „fragiler und wackeliger“. Und: „Auf dem Weg zu Kompromissen ruckelt und knallt es gelegentlich.“ Doch das Ruckeln, von dem er spricht, kommt in dieser Sendung vor allem aus seiner eigenen Argumentationslücke.

Lesen Sie auch: Rente: Merz redet schon von der großen Reform, doch eine Gefahr bleibt

CDU-Fraktion unter Druck: Was passiert, wenn das Rentenpaket scheitert?

Bis hierhin sitzt Spahn allein im Studio – ein bewusst gesetztes Einzelgespräch, in dem Miosga alle offenen Punkte abklopft. Bis im zweiten Teil schließlich der Präsident des „Ifo Instituts“ Clemens Fuest sowie die Chefredakteurin des „RedaktionsNetzwerks Deutschland“, Eva Quadbeck hinzukommen.

 „Es ist sinnlos, eine Reform zu verabschieden und dann eine Reformkommission einzusetzen“, kritisiert Fuest. „Wir fahren den Bundeshaushalt vor die Wand.“ Ein Drittel der Steuereinnahmen fließe bereits in Rentenzuschüsse. Fuest stellt damit die Kernfrage: Wie soll das finanziert werden? Spahn geht darauf nicht inhaltlich ein. 

Koalitionsausschuss

Statt Gegenargumenten verweist er auf die politische Lage: „Die Folge wird sein, dass erst mal alles zum Stillstand kommt: Bürgergeld, Migration, Energiepolitik.“ Er beantwortet Fuest also nicht, ob das Rentenpaket trägt – sondern was passieren würde, wenn es scheitert.

Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

Hinter den Kulissen der Politik – meinungsstark, exklusiv, relevant.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der
Werbevereinbarung
zu.

Quadbeck wird ebenso deutlich: „Die Junge Gruppe hat Recht.“ Sie kritisiert die Kosten, die an den Jüngeren hängenbleiben: „Es wird wahnsinnig teuer für die Beitragszahler.“ Die Aussage, ohne das Paket drohe ein sinkendes Rentenniveau, sei „totaler Quatsch“. Sie wirft Union und SPD vor, „schlecht verhandelt“ zu haben. „CDU und SPD müssen damit aufhören, ihre Konflikte mit Geld zuzuschmeißen.“ Hier stimmt ausgerechnet Spahn zu.

219036_366_cover.jpg

Ein Fraktionschef, der das Paket verteidigt – weil er einfach keine Alternative sieht 

Spahn sagt mehrfach, worum es aus seiner Sicht wirklich geht: „Es gibt keine bessere Alternative zu dieser Koalition.“ Und: „Wir sind zum Erfolg verpflichtet.“ Nicht das Rentenkonzept selbst, sondern der Erhalt der Regierungsfähigkeit steht für ihn im Vordergrund. Genau darin liegt die eigentliche Aussage dieses Abends: Spahn kämpft nicht für die Reform – sondern dafür, dass sie nicht scheitert.

Auf die Frage, wie viele Kritiker er bereits überzeugt hat, sagt er nur: „Netter Versuch.“ Viel deutlicher wird er nicht. Und als Quadbeck zum Schluss anmerkt, es sei nicht ausgeschlossen, „dass es Herrn Spahn den Kopf kostet“, sollte das Paket scheitern, wirkt der Abend plötzlich größer als eine klassische Rentendebatte.