Jochen Scharfs Laufbahn im organisierten Düsseldorfer Karneval begann mit einem Missgeschick. „Eigentlich wollte ich zusammen mit meinem Mann zur Gründungsversammlung der KG Regenbogen gehen, aber wir hatten damals verschlafen. Aber einen Tag später sind wir eingetreten.“ Das war im Jahr 2000.

Einige Jahre später, 2012, aber war Scharf nicht nur bei einer Gründungsversammlung einer Karnevalsgesellschaft persönlich dabei, sondern auch deren Initiator und wenig später deren Präsident. „Ich saß zusammen mit Renate Rönnau, der damaligen Vorsitzenden der Benrather Werbegemeinschaft im Palmenhaus und habe gewartet. Dann ging die Tür auf und fünf Leute kamen herein. Wenig später saßen 17 Leute bei uns am Tisch und wir haben die Benrather Schlossnarren gegründet“, erinnert sich Scharf. „Anscheinend war der Bedarf nach einem Stadtteil-Karnevalsverein da.“

Stimmt, denn mittlerweile stehen in der Mitgliederliste der Benrather Schlossnarren 270 Namen. 2022 wurde eine Kindertanzgarde gegründet. Ex-Schlossgräfin Fabienne Schäfer trainiert die engagierten Tänzerinnen montags im Cäcilienstift. Der Zulauf ist so groß, dass die Schlossnarren seit der Session 2024/2025 zwei Tanzformationen aufbieten. Neben den Schlosssternchen gibt es nun auch die Schlosssterne.

Unter Scharfs Führung ging es für die Schlossnarren immer nur bergauf. „Du hast mit Deiner besonderen Art die Benrather Schlossnarren geprägt wie kein anderer. Du hast den Karneval in den Süden der Stadt geholt und etabliert“, lobt Schlossnarren-Vorsitzender Marcus Creutz. „Dein Netzwerk und Deine vielen Kontakte haben uns an vielen Stellen die notwendigen Türen geöffnet.“ Das müssen nun andere tun, denn der 72-Jährige legte vor kurzem nach 4869 Tagen oder 13,3 Jahren das Ehrenamt des Schlossnarren-Präsidenten nieder. „Karneval ist ein Ganzjahres-Engagement und besteht zu 70 Prozent aus Arbeit und 30 Prozent aus Vergnügen. Ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr 150 Prozent für den Verein gebe, sondern nur noch 95 Prozent. Und wer mich kennt, weiß, dass das für mich zu wenig ist“, gesteht Scharf. „Deshalb habe ich seit eineinhalb Jahren den Wechsel an der Spitze vorbereitet.“

Bis zur nächsten ordentlichen Vereinsversammlung hat der Vorsitzende Creutz kommissarisch auch noch das Präsidentenamt übernommen. Die Schlossnarren erhoben ihre Ex-Präsidenten zum Ehren-Präsidenten.

Scharf stammt aus einer nicht als Karnevalshochburg bekannten Region. Im sauerländischen Olpe geboren konnte er sich mit der dort ansässigen Brauchtums-Vorherrschaft des Schützenwesens nie so richtig anfreunden. Ihn zog es eher zum Umzug, der alljährlich am Karnevalssonntag durch Arnsberg rollt. Als er in Köln studierte und ab 1982, als er in Düsseldorf in der Modebranche als Vertriebsleiter und Key Account-Manager tätig war, führte einfach kein Weg mehr an der Kombination Scharf-Karneval vorbei. Endlich konnte er sein Natur-Jeckentum ausleben.

So also wurde er Schriftführer der KG Regenbogen, organisierte dreimal nachdem es ihn in mit dem Schokolädchen in Benrath in die berufliche Selbstständigkeit gezogen hatte, einen Prinzenpaarempfang vor seinem Geschäft. „Der wurde von Jahr zu Jahr größer. Irgendwann ging es nicht mehr, die Veranstaltung privat zu organisieren“, verrät Scharf. Also wurden die Schlossnarren ins Leben gerufen. In der Corona-Session 2022/2023 war Jochen Scharf auch Schlossgraf. Den Job wollte er keinem anderen zumuten, weil ja fast alle jecken pandemiebedigt Termine ausfielen.

Bei all seinen Aktivitäten steht ihm seit 45 Jahren Karl-Friedrich Kirchhoff zur Seite. Er ist genauso vernarrt in die fünfte Jahreszeit wie Scharf, war sogar mal Vorsitzender der KG Regenbogen und hält seinem Lebenspartner immer den Rücken frei. Seit 2010 sind sie ofiziell verpartnert. „Karl ist das Beste, was mir je in meinem leben passiert ist“, erzählt Scharf. „Als ich ihm erzählte, dass ich vom Schlossnarren-Präsidentenamt Abschied nehmen will, meinte er nur trocken: ‚Das schaffst du nicht‘.“ Er hat seinen Lebenspartner überrascht und zog es durch. „Karl muss jetzt damit leben, dass ich häufiger als früher zu Hause bin“, amüsiert sich der Ex-Präsident.

Scharf sagt aber auch, dass er sich wahrscheinlich nicht zurückgezogen hätte, wenn er nicht so fähige Mitstreiter im Schlossnarren-Vorstand gefunden hätte. „Ich weiß, dass ich es in die allerbesten Hände lege.“ Er steht weiter mit Rat und Tat parat, sollten seine „Narren“ ihn um Rat oder Repräsentanz fragen. „Ich bin nicht die graue Eminenz, die im Hintergrund noch alle Fäden in der Hand hat. Ich mische mich aktiv nicht mehr ein. Jetzt müssen andere die Fehlentscheidungen treffen, meint Scharf augenzwinkernd.

Jezt freut er sich auf eine entspannte Session. „Ich gehe nicht mehr zu Karnevalsveranstaltungen, weil ich es muss, sondern weil ich es will“, so Scharf. „Ganz besonders freue ich mich auf die Sitzungsparty der KG Regenbogen. Da war ich seit Jahren nicht.“