Kiel. Die Sicherheitslage in Nordeuropa verändert sich rasant. Seit einem Jahr machen Sichtungen von Drohnen den Sicherheitsbehörden große Sorgen. Aber auch Angriffe auf Stromnetze und Spionage der herkömmlichen Art fallen immer häufiger auf.

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Die Bedrohung durch Russland stand deshalb am Montag im Fokus einer Fachtagung des Instituts für Sicherheitspolitik in Kieler Maritim Hotel. „Die hybride Bedrohung ist keine Zukunft, sie ist jetzt. Der Schutz davor geht uns aber alle an“, sagte Generalleutnant André Bodemann, stellvertretender Befehlshaber des operativen Führungskommandos der Bundeswehr.

10.900 Drohnen im Hafen Hamburg gesichtet

Wie das konkret aussieht, erklärte Jens Meier, Chef der Hamburger Hafenbehörde HPA: „Wir haben in diesem Jahr bisher 10.900 Sichtungen von Drohnen im Hamburger Hafen“. Ein Teil entfalle zwar auf Hobbypiloten, Fotografen oder Drohnen der eigenen Sicherheitskräfte. Es gebe aber auch eine signifikante Anzahl von Drohnen, die eindeutig zur Ausspähung durch Staaten dienen. „Drohnen mit einer Spannweite von fünf bis sieben Meter hat kein Hobbypilot mal eben bei sich im Keller“, sagt Meier.

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Ein Angriff muss heute nicht mit Raketen oder Panzern erfolgen. Es reicht, wenn man das Vertrauen durch gezielte Falschinformationen in unseren Staat erschüttert.

Andreas Schreiber

Oberst im Operativen Führungskommando

Die Hamburger Hafenbehörde unterstützt deshalb aktuell 34 Projekte, bei denen auch die zivilmilitärische Sicherheit gestärkt werde. Dazu gehört auch die neue Abfangdrohne A1 Falke der deutschen Firma Argus Interception. Bei der Bundeswehrübung Red Storm Bravo wurde sie im September im Hamburger Hafen getestet.

Künstliche Intelligenz hilft: Drohne fängt Drohnen

Das knapp 25 Kilogramm schwere Fluggerät kann mit Hilfe künstlicher Intelligenz Drohnen aufspüren, verfolgen und mit Netzen im Flug fassen. „Der Vorteil ist, dass die feindliche Drohne nicht abstürzt. Nach der Landung besteht so die Möglichkeit, Herkunft und Besitzer der gefangenen Drohne zu ermitteln“, sagt Sven Steingräber, Mitbegründer der Firma Argus. Künstliche Intelligenz verhindert, dass die Drohne durch Möwen und andere Vögel abgelenkt wird.

Mit Blick auf die Gefahr durch Russland sehen die Nachrichtendienste klare Tendenzen. „Dabei zeigen die bekannt geworden Fälle eine Handschrift, die für uns eindeutig ist“, sagt Oberst Andreas Schreiber, Leiter des militärischen Nachrichtenwesens im Operativen Führungskommando.

Die Tendenz aus dem Hamburger Hafen bestätigt auch die Bundeswehr. „Bei der Bundeswehr haben sich die Drohnenzwischenfälle in diesem Jahr mehr als verdoppelt”, sagt Schreiber. Bei der Erfassung der Drohnen hat die Bundeswehr dabei kein Problem, dafür aber bei der Verfolgung. „Unsere Zuständigkeit endet am Kasernentor. Danach sind die Polizeien der Länder zuständig“, sagt Schreiber. Hier gibt es noch kein übergreifendes Lagebild.

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Mit Drohnen auch Anschläge ausüben

Drohnen spielen heute bei der hybriden Kriegführung eine große Rolle. Sie können zur Spionage und auch für Anschläge mit Sprengkörpern genutzt werden.

Der flächendeckende Schutz der kritischen Infrastruktur sei aber kaum möglich, sagt Daniela Simic, Leiterin der Unternehmenssicherheit der SüWag AG (E.ON). „Wir haben hier ein verdammt fragiles System“, erklärt Simic mit Blick auf die Stromnetze. Dabei sei es einfach, Anlagen und Netze auch vom heimischen Schreibtisch mit Google Earth oder Google Streetview auszuspähen.

Fachtagung zum Thema der Hybriden Angriffe gegen Deutschland in Kiel. 

Die Folgen sind gravierend. „Wenn man mit einem Cyberangriff eine Stadtverwaltung vom Netz nimmt, interessiert das meist kaum jemand. Wenn aber ein Stromnetz ausfällt, sieht das ganz plötzlich anders aus”, sagt Simic. „Deshalb ist auch die Vorbereitung auf einen Angriff eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Generalleutnant Bodemann.

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„Ein Angriff muss heute nicht mit Raketen oder Panzern erfolgen. Es reicht, wenn man zum Beispiel das Vertrauen durch gezielte Falschinformationen in unseren Staat erschüttert und Ängste in der Bevölkerung auslöst“, sagt Schreiber. Diese Angriffe wirken dann im Verbund mit Stromausfällen und Sabotage.

KN